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Der Senator für Kultur

Die älteste Fischeramtsrolle kehrt nach Bremen zurück!

Bremer Handschriften unerwartet in New York aufgetaucht. Fast 500 Jahre altes Dokument zur Regelung des Fischfangs auf der Weser wieder in Bremen.

22.06.2015

Nachdem im vergangenen Jahr mit der Kundigen Rolle von 1489 ein Sensationsfund des Staatsarchivs präsentiert werden konnte, sind nun in den USA zwei weitere wichtige, nur unwesentlich jüngere Handschriften zur bremischen Geschichte aufgetaucht:
Die Amtsrollen des Fischeramts.

Die älteste Fischeramtsrolle, Einband Vorderseite
Die älteste Fischeramtsrolle, Einband Vorderseite

Dies sind keine Rollen, sondern kleinformatige, in spätmittelalterlichem Stil gefertigte Kodices. Die zierlichen Pergament-Bücher haben repräsentative Ledereinbände mit Messingschließen und enthalten die Statuten des Fischeramts. Die ältere Handschrift entstand um 1530, zu ihr gehört ein zweiter, jüngerer Statuten-Band.
Das Fischeramt regelte den Fischfang auf der bremischen Weser, nur seine Mitglieder waren privilegiert, dort zu fischen und mit Fisch zu handeln. Das Fischeramt ist eine der mittelalterlichen, in Bremen "Ämter" genannten Zünfte der Stadt. Die "Rolle" genannten Statuten regeln die Mitgliedschaft, die Fang- und Schonzeiten, den Fischhandel und die inneren Verhältnisse der Zunft. Die Fischeramtsrolle ist unter den Bremer Geschichtsquellen einmalig: Von keiner anderen Bremer Zunft ist ein ähnlich aufwändig und zumal so früh angefertigter Kodex der Statuten bekannt.

Die im 18. Jahrhundert vom Rat als "Schwarzes Buch" privilegierte und im 19. Jahrhundert letztmals beschriebene Fischeramtsrolle war mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen und ist aus der Amtslade des Fischeramts – wohl während der Luftschutz-Auslagerung in einem Bergwerk - auf ungeklärtem Weg verschwunden.

Die zweite Fischeramtsrolle, aufgeschlagen
Die zweite Fischeramtsrolle, aufgeschlagen

Im vergangenen Jahr wurde sie bei einer Handschriften-Versteigerung in einem New Yorker Auktionshaus angeboten und von einem amerikanischen und einem niederländischen Händler erworben. Dabei war den Käufern nicht klar, wovon die Handschrift handelt und woher sie stammt. Bremer Stellen hatten von der Auktion keine Kenntnis. Als das Staatsarchiv Bremen nun über die Niederlande auf den Vorgang aufmerksam gemacht wurde, konnte sein Leiter, Prof. Dr. Konrad Elmshäuser, die Handschriften zweifelsfrei als die ältesten nachweisbaren Statuten des Bremer Fischeramts identifizieren. Das Staatsarchiv bemühte sich um die Rückkehr der Handschriften nach Bremen und setzte sich beim Fischeramt Bremen für ihren Erwerb ein. Der Altmeister des Fischeramts, Peter Koch-Bodes, engagierte sich schnell und unbürokratisch: Das Fischeramt hat die Handschriften mittlerweile erworben, um sie zu seinen im Staatsarchiv Bremen verwahrten Archivalien aus der Amtslade zu geben.

Damit kehren völlig unerwartet wichtige Handschriften nach Bremen zurück, die so lange verschollen waren, dass sie kaum mehr vermisst wurden. Umso sensationeller ist der reibungslose Ablauf des Rückerwerbs, bei dem die Bücher zur Identifikation aus den USA vorab in das Staatsarchiv Bremen gebracht worden waren.

Wie schon im Vorjahr die Kundige Rolle – in der das Fischeramt erstmals erwähnt wird - kamen die Fischeramtsrollen somit als Luftfracht aus den USA im Staatsarchiv Bremen an. Unbeschädigt und in sehr gutem Erhaltungszustand – und dies fast 500 Jahre nach ihrer Entstehung und nach einer unbekannt langen Odyssee.

Daten zur Handschrift der ältesten Fischeramtsrolle zum PDF-Download (pdf, 6 KB) sowie zur Handschrift der zweiten Fischeramtsrolle, ebenso zum PDF-Download (pdf, 5.8 KB).

Fotos: Staatsarchiv Bremen