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Der Senator für Kultur

"Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen"

08.05.2008

Bürgermeister Jens Böhrnsen erinnert an die Bücherverbrennungen in Bremen vor 75 Jahren

„Die Freiheit, seine Gedanken frei auszudrücken, ist für eine demokratische Gesellschaft ein unverzichtbares Gut. Die Verbrennung von verfemten Büchern durch die Nationalsozialisten muss uns heute daran erinnern, dieses Grundrecht gegen alle Widerstände zu verteidigen“, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen anlässlich des 75. Jahrestages der Bücherverbrennung in Bremen durch die Nationalsozialisten am 10. Mai 1933. Er erinnerte damit an die herausragende Bedeutung der Freiheit des Wortes als einen Grundpfeiler der Demokratie. Bürgermeister Jens Böhrnsen eröffnete heute (08.05.2008) gemeinsam mit dem stellvertretenden Direktor Erwin Miedtke eine Präsentation in der Stadtbibliothek, bei der die Werke der damals betroffenen Schriftsteller in den Mittelpunkt gerückt werden.


Bürgermeister Jens Böhrnsen (li.) und der stellvertretende Direktor der Stadtbibliothek, Erwin Miedtke, an der Präsentation

Bürgermeister Jens Böhrnsen (li.) und der stellvertretende Direktor der Stadtbibliothek, Erwin Miedtke, an der Präsentation "75 Jahre NS-Bücherverbrennungen" im Eingangsbereich der Stadtbibliothek

„Ich bin der Stadtbibliothek für diese besondere Aktion sehr dankbar“, so Bürgermeister Böhrnsen weiter. „Sie gemahnt uns an einen unglaublichen Anschlag des Faschismus auf die Zivilisation, der in den Verbrechen des Holocausts und den Schrecken des Zweiten Weltkriegs gipfelte“.
Neben den bekannten Autoren wie Heinrich Heine, Bertolt Brecht, Erich Kästner oder Erich Maria Remarque wurden damals auch die Werke der Bremer Schriftsteller Tami Oelfken, Friedo Lampe und Johann Kastein verboten.
Erwin Miedtke betonte, dass die dort ausgestellten Bücher auch sofort ausgeliehen werden sollten: „Wir möchten, dass diese Autoren gerade vor dem Hintergrund ihrer Geschichte gelesen werden. Dies gilt insbesondere für die Bremer Schriftsteller. Die Schaffenskraft vieler Autoren hat sich von diesem Ereignis nie wieder erholt.“


Im April 1933 hatte die „Deutsche Studentenschaft“ im Rahmen der „Aktion Wider den undeutschen Geist“ dazu aufgerufen, „zersetzendes Schrifttum“ zu sammeln und in einer reichsweiten Aktion am 10. Mai 1933 den Flammen zu überantworten. Bei diesen Sammlungen wurden neben Privatbüchereien auch institutionelle Bibliotheken durchsucht.


Bereits am 22. April 1933 fand in Bremen eine Verbrennungsaktion statt: bei der Einweihung des „Johann-Gossel-Hauses“ im Buntentorsteinweg wurden „marxistisch-kommunistische Symbole“ verbrannt und „damit der Bolschewismus symbolisch vernichtet“. Das „Gossel-Haus“ war ursprünglich das „Rote Haus“ und beherbergte die Kommunistische Partei. Nach der Besetzung und Übergabe an die SA – übrigens an die SA-Gruppe, die in der Pogromnacht Selma Zwienicki ermordete – wurden kiloweise Broschüren und Zeitungen, Symbole und Fahnen der KPD und der Sozialdemokraten bei Dunkelheit am Hohentorsplatz verbrannt.


In einer „Aktion wider den undeutschen Geist“ wurden am 10. Mai 1933 um 21 Uhr auf dem Spielplatz an der Nordstraße in der Nähe des Volkshauses nach umfassender propagandistischer Vorbereitung Bücher, Transparente, Schriften und Fahnen verbrannt. Für die gut 175 Leihbibliotheken in Bremen hatte das Ereignis weit reichende Konsequenzen, da sie ein Verzeichnis ihres gesamten Buchbestandes bei der Polizei einreichen musste.
„Im Rahmen des Gedenkens an die Gräuel des Nationalsozialismus hat die Bücherverbrennung lange Jahre eine nur untergeordnete Rolle eingenommen. Heute sollte uns dieser 10. Mai 1933 daran erinnern, dass die Freiheit einer Gesellschaft immer auch – und besonders – die Freiheit des Andersdenkenden ist“, so Bürgermeister Böhrnsen. „Für eine lebendige Demokratie ist der offene Diskurs, die kontroverse Debatte eine unverzichtbare Grundlage. Die Bücherverbrennung von 1933 hat genau diese Basis symbolisch den Flammen übergeben.“
Der heutige Tag sollte nun dazu dienen, diese Werte zu stärken und zu schützen. „Die freie Meinungsäußerung ist als Grundrecht auch im Grundgesetz der Bundesrepublik unverbrüchlich festgeschrieben“, so Bürgermeister Böhrnsen. „Und das zu Recht. Um mit Heinrich Heine zu sprechen: "Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen."


[Foto: Katrin Pohlmann, Senatspressestelle]