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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration | Die Senatorin für Kinder und Bildung

Jugend- und Familienministerkonferenz verabschiedet "Bremer Erklärung"

"Junge Generation ist so vielen demokratiefeindlichen Einflüssen ausgesetzt wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik" / "Recht auf frühkindliche Bildung darf nicht durch sozial ungleich verteilte Zugangschancen erschwert werden"

24.05.2024

Nach zweitägigen Beratungen ist die Konferenz der Jugend- und Familienministerinnen und -minister (JFMK) in Bremen am heutigen Freitag (24. Mai 2024) zu Ende gegangen. Leitantrag und damit inhaltlicher Schwerpunkt der JFMK war die "Bremer Erklärung" im Sinne einer Selbstverpflichtung der Länder: "Angesichts der aktuellen Bedrohung der Demokratie betonen die Länder die Bedeutung von Demokratiebildung und Beteiligungsformen in allen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe", sagte Bremens Sozial- und Jugendsenatorin Dr. Claudia Schilling, die gemeinsam mit Bremens Kinder- und Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp derzeit den JFMK-Vorsitz innehat: "Mit Blick auf die junge Generation, die derzeit so vielen demokratiefeindlichen Einflüssen und Bestrebungen ausgesetzt ist wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik, gilt es jetzt, die Resilienz gegen undemokratische Einstellungen zu fördern und demokratische Haltungen zu stärken." Dazu müssten Kinder und Jugendliche in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld stärker Einfluss nehmen können.

Kinder- und Bildungs-Senatorin Sascha Karolin Aulepp (Bremen), Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Sozial- und Jugendsenatorin Dr. Claudia Schilling (Bremen), Familiensenatorin Melanie Schlotzhauer (Hamburg)
Kinder- und Bildungs-Senatorin Sascha Karolin Aulepp (Bremen), Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Sozial- und Jugendsenatorin Dr. Claudia Schilling (Bremen), Familiensenatorin Melanie Schlotzhauer (Hamburg). Foto: Sozialressort

"Dass wir allen Kindern ein frühkindliches Bildungsangebot machen müssen, ist auch deshalb in doppelter Hinsicht wichtig", sagte die Kinder- und Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp. "Das hilft, strukturelle Benachteiligung zu überwinden. Das Recht auf frühkindliche Bildung muss für alle Kinder erfüllt werden und darf nicht durch sozial ungleich verteilte Zugangschancen erschwert werden." Zum anderen ermöglichten wirksame Teilhabe und Teilnahme auch individuelle Förderung und Bildung von Anfang an. Sascha Karolin Aulepp: "Für Kinder ist es wichtig, sich als gleichberechtigtes Mitglied in einer Gruppe zu erleben. Und beim Miteinander-Kommunizieren entwickeln sich ihre sprachlichen Kompetenzen am besten – das ist essentiell für ihre zukünftige gesellschaftliche Teilhabe."

Zugangschancen zu frühkindlichen Bildungsangeboten sollen im Zuge einer aufholenden Entwicklung überall dort verbessert werden, wo sie noch nicht für alle Familien gegeben sind, oft gerade dort, wo es für die Kinder besonders wichtig ist, betonte die Kinder- und Bildungssenatorin. "Das muss trotz des aktuellen Fachkräftemangels mit Priorität umgesetzt und mit neuen Strategien zur Fachkräftesicherung und -gewinnung verbunden werden."

Bundesfamilienministerin Lisa Paus erklärte dazu: "Gute Kinderbetreuung braucht ausreichend und gute Fachkräfte. Über die wachsende Fachkräftelücke bei der Kinderbetreuung und wie wir sie schließen können, habe ich mich mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen intensiv ausgetauscht. Mit der 'Bremer Erklärung' bekennen sich Bund und Länder klar zum Ausbau der Kindertagesbetreuung und zu mehr Qualität in der Betreuung. Die KiTa-Qualität bundesweit stärker angleichen zu wollen, ist ein wichtiges Signal, über das ich mich ausdrücklich freue. Ich werde mich mit aller Kraft für eine Fortsetzung der Finanzierung einsetzen."

Die Bremer Erklärung betont darüber hinaus den generellen Anspruch, Beteiligungsformate an den Bedarfen junger Menschen auszurichten und sie gemeinsam mit ihnen zu entwickeln. Hintergrund sind aktuelle Studien, die zeigen, dass viele Kinder und Jugendliche ihre Anliegen nicht genügend berücksichtigt sehen und sich mehr Entscheidungskompetenz und Mitsprache wünschen. "Vor dem Hintergrund multipler Krisen – Pandemie, Klimakrise, Kriege und Terror – droht eine Generation mit Ohnmachtsgefühlen heranzuwachsen. Dem können wir entgegenwirken, wenn wir Partizipation und Entscheidungsmöglichkeiten für junge Menschen im Alltag eine feste Stellung einräumen", führte Senatorin Dr. Schilling aus.

Dabei dürfe man junge Menschen in besonderen Lebenslagen nicht übersehen, die etwa in Pflegefamilien leben oder in Einrichtungen der Jugend- oder Eingliederungshilfe ("Heime"). Gemeint seien damit auch unbegleitete Minderjährige aus dem Ausland. "Wir sind uns einig, dass ihre Sichtweisen und Erfahrungen in die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe einfließen muss", sagte Senatorin Dr. Schilling.

Wesentliche Beschlüsse im Einzelnen:
Konkret formulierte die JFMK als gemeinsames Ziel die Einführung eines Elterngeldanspruchs auch für Pflegeeltern, um eine finanzielle Gleichstellung mit leiblichen Eltern zu erwirken. Für die Betreuung eines Pflegekindes müsse – insbesondere in der Eingewöhnungsphase – ein Elternteil seine Berufstätigkeit einstellen oder deren Umfang reduzieren. Die Erfahrung zeige inzwischen, dass in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit die Bereitschaft von Familien abnehme, Pflegekinder aufzunehmen, während gleichzeitig der Bedarf an Plätzen weiter steige. In der Folge müssten Kinder vermehrt in Jugendhilfeeinrichtungen ("Heimen") aufgenommen werden, was nicht nur teurer sei, sondern Kindern auch die Möglichkeit nehme, in einem familiären Rahmen aufzuwachsen, der besonders Säuglingen und Kleinkindern zu Gute komme. "Pflegeeltern leisten unglaublich wichtige Arbeit", führte zur Begründung des Beschlusses Aminata Touré aus, Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein. "Diese Arbeit ist eine Vollzeitaufgabe, die oft mit finanziellen Einbußen einhergeht. Pflegeeltern sollten daher – wie anderen Eltern auch – finanziell durch das Elterngeld unterstützt werden."

Angeregt haben die Länder zudem eine gesetzliche Verankerung der Lotsendienste in Geburtskliniken. Sie sollen besonders Familien in prekären Lebenslagen ansprechen, Hilfebedarfe ermitteln und die Kontaktaufnahme zu den Beratungsstellen der Frühen Hilfen unterstützen. Die JFMK regt eine anteilige rechtliche Verankerung auf Bundesebene sowohl bei den Krankenkassen (Sozialgesetzbuch V) wie auch in der Jugendhilfe (SGB VIII) an.

Hamburgs Familiensenatorin Melanie Schlotzhauer, die den JFMK-Vorsitz im Jahr 2025 übernehmen wird, betonte: "Der JFMK sind gute Startbedingungen für Kinder und ihre Familien ein wichtiges Anliegen. Das erfolgreiche Konzept der Lotsendienste, die in den Geburts- und Kinderkliniken Informationen und Beratung für die Familien anbieten, möchte ich zusammen mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen bundesweit stärken. Der getroffene Beschluss sieht deshalb zukünftig eine Verankerung der Lotsendienste sowohl im SGB V als auch SGB VIII vor. Dies wäre ein bisher einzigartiges und wegweisendes Modell, das den systemübergreifenden Ansatz in den Frühen Hilfen bekräftigt. Bei einer Umsetzung durch den Bund könnte so das gemeinsame Handeln von Gesundheitswesen und Jugendhilfe im präventiven Kinderschutz wesentlich vorangebracht werden."

Melanie Schlotzhauer (2. V. links), Clauidia Schilling, Sascha Karolin Aulepp, Lisa Paus während der Abschluss-Pressekonferenz der JFMK.

Die JFMK plädierte zudem an den Bund, im Haushalt 2025 keine Kürzungen vorzunehmen in Bereichen, die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unmittelbar betreffen würden. Damit sprachen sie sich schon im Vorfeld gegen mögliche Kürzungspläne für den Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Nicht gekürzt werden dürfe etwa bei Freiwilligendiensten, der internationalen Jugendarbeit, der Förderung von Mehrgenerationenhäusern, der Investitionsförderung für Jugendbildungs- und begegnungsstätten sowie Jugendherbergen und Familienferienstätten. Weder die Länder noch die Träger könnten Kürzungen kompensieren.

Befasst hat sich die JFMK mit dem Entwurf des Demokratiefördergesetzes der Bundesregierung, das eine nachhaltige Absicherung von Demokratieförderung, Vielfaltsgestaltung, Extremismusprävention und politischer Bildung vorsieht. Der Bund wird gebeten, den seit 2022 vorliegenden Entwurf zeitnah verabschieden zu lassen. Das Gesetz schafft einen rechtlich-verbindlichen Rahmen etwa für Angebote zum Ausstieg aus extremistischen Grundhaltungen wie Rechtsextremismus, Fremdenhass oder Islamismus. Außerdem biete es die Grundlage, Weiterbildungs- und Informationsangebote für Fachkräfte und eine breite Öffentlichkeit sowie präventive Angebote zu finanzieren.

"Mit Blick auf die Bremer Erklärung kann ich sagen, dass diese verbindliche Förderung angesichts des Erstarkens diskriminierender, ausgrenzender und demokratiegefährdender Ideologien aus meiner Sicht von großer Bedeutung ist", hob die amtierende JFMK-Vorsitzende Dr. Claudia Schilling hervor. Bundesfamilienministerin Lisa Paus ergänzte: "Ich freue mich über den Rückenwind zum Demokratiefördergesetz, mit dem die Länder darauf drängen, dass dieses für alle so wichtige Gesetz endlich kommt. Diese JFMK hat wichtige Beschlüsse gefasst und gezeigt: Bund und Länder ziehen bei entscheidenden Vorhaben an einem Strang."

Die JFMK unterstützt die Weiterführung des Aufarbeitungsprozesses um "Helmut Kentlers Wirken in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe" und bittet den Bund zu prüfen, ob und wie ein Konzept zur systematischen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit den Ländern entwickelt und die Rechte Betroffener im Sozialgesetzbuch VIII gestärkt werden können. Hintergrund ist ein vom Land Berlin in Auftrag gegebener Bericht der Universität Hildesheim zum Wirken Kentlers in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe. Ab Ende der 1960er Jahre soll er die Einrichtung von Pflegestellen auch bei Personen gefördert haben, die wegen sexueller Kontakte mit Minderjährigen vorbestraft waren. Es habe ein deutschlandweites Netzwerk existiert, in dem Akteure aus Wissenschaft, Kinder- und Jugendhilfe und Verwaltung im Zusammenwirken mit dem Berliner Landesjugendamt pädophile Positionen und sexualisierte Gewalt unterstützt, legitimiert, geduldetet, gerechtfertigt und/oder selbst ausgeübt haben sollen.

Die JFMK regt überdies Änderungen bei der Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern an. Insbesondere thematisieren sie eine Beteiligung des Bundes an den Kosten. Zudem müssten im Gesetz Regelungen zur rechtskreisübergreifenden Altersfeststellung geschaffen werden. Erforderlich sei auch eine Präzisierung zu den Fristen für eine gleichmäßige Verteilung innerhalb der Bundesrepublik.

Ohne Debatte haben die Länder entschieden, ihren Finanzierungsbeitrag für die Arbeit der Stiftung für die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oświȩcim/Auschwitz – wie der Bund – von bisher jährlich 50.000 Euro auf 125.000 Euro zu erhöhen. Die Ausgaben für das jeweilige Bundesland werden nach dem Königsteiner Schlüssel ermittelt, in den die Bevölkerungszahl und das Steueraufkommen einfließen.

Hintergrund
Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) ist die Fachkonferenz der Länder. Sie berät und beschließt im Rahmen der Länderzuständigkeit über rechtliche, fachliche und politische Fragen der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik, insbesondere zur Jugendarbeit, Kindertagesbetreuung, Hilfen zur Erziehung, zum Jugendmedienschutz und zur Weiterentwicklung einer bedarfsgerechten Familienpolitik. Darüber hinaus kann sie mit ihren Beschlüssen auch die Bundesebene adressieren.

Der Leitantrag "Bremer Erklärung" zum Download (pdf, 117.8 KB)

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