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Die Senatorin für Kinder und Bildung

Expertise „Migration und Bildung“ legt Grundlage für einen Entwicklungsplan

01.03.2011
Informierten auf der Pressekonferenz: Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (links) gemeinsam mit der Professorin für interkulturelle Bildung, Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu
Informierten auf der Pressekonferenz: Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (links) gemeinsam mit der Professorin für interkulturelle Bildung, Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu

Im März 2010 hatte Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper die Bremer Erziehungswissenschaftlerin und Professorin für interkulturelle Bildung, Frau Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu, beauftragt, eine Expertise zum Thema „Migration und Bildung“ zu erarbeiten. „Alle Projekte und Maßnahmen von Früh- und Sprachförderung für Migrantinnen und Migranten über die Verbesserung ihrer Bildungsabschlüsse und –erfolge bis hin zum Übergang von der Schule in den Beruf müssen auf den Prüfstand“, beschrieb die Senatorin das Ziel.

Die 200-seitige Expertise ist jetzt fertig. Sie legt die wissenschaftliche Grundlage für einen zu erstellenden „Entwicklungsplan Migration und Bildung“ und bietet eine inhaltliche und konzeptionelle Ausrichtung auf interkulturelle Schulentwicklung. Diese geht über die Konzentration auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich hinaus und richtet sich an alle Beteiligten in den Bildungsinstitutionen.
Die Expertise ist zugleich kritische Bestandsaufnahme und Konzeptpapier und als umfassende Analyse in ihrer Art deutschlandweit einmalig.

Inhalt:

  • Internationaler und nationaler Forschungsstand und Beispiele guter Praxis für eine interkulturelle Schulentwicklung werden vorgestellt. Dazu gehört zum Beispiel „Qualität in multikulturellen Schulen“ (QUIMS), ein positiv evaluiertes Programm aus dem Kanton Zürich in der Schweiz.
  • Bremer Projekte und Konzepte werden analysiert und bewertet (Schulentwicklungsplan, Entwicklungsplan Inklusion).
  • Es werden 51 zentrale Handlungserfordernisse im Bereich Sprachförderung, Kooperation mit Eltern, Übergang Schule-Beruf, Herkunftssprachenunterricht, Ausbildung des pädagogischen Personals sowie Vernetzung der Bildungsinstitutionen entwickelt und Empfehlungen für deren Umsetzung herausgearbeitet.

Ergebnisse der Expertise:

  • Die Veränderung der Schulstruktur und der Unterrichtskonzepte durch den Schulentwicklungsplan 2008 sind eine gute Grundlage für mehr soziale Bildungsgerechtigkeit. Sprachlich-kulturelle Vielfalt an den Schulen muss jedoch besser als bisher institutionell und flächendeckend verankert werden.
  • Darüber hinaus müssten die bestehenden Projekte, Konzepte und Maßnahmen bei allen verantwortlichen Akteuren im Bildungssystem besser als bisher bekannt gemacht werden. Hier besteht Handlungsbedarf, denn nur wenn alle Beteiligten wie Schulen, Freie Träger und Kindertagesstätten von ihren jeweiligen Aktivitäten wissen, können Synergieeffekte entstehen und Vernetzung stattfinden. Nur so kann auch verhindert werden, dass über neue Projekte „das Rad immer wieder neu erfunden wird“.
  • Mit dem flächendeckenden Einsatz von Sprachberaterinnen und –beratern an allen Bremer Schulen ist ein guter Anfang für eine Umorientierung der Schulen auf den Normalfall der Schülerin bzw. des Schülers mit Deutsch als Zweitsprache gemacht. Immerhin haben aktuell 54 Prozent der Bremer Schulanfängerinnen und –anfänger einen so genannten Migrationshintergrund, das heißt, sie wachsen häufig mit Deutsch als Zweitsprache auf. Die Sprachberaterinnen und -berater bieten eine gute Grundlage im Hinblick auf die Bereitstellung einer Infrastruktur für die Unterrichtsentwicklung unter den Bedingungen von Deutsch als Zweitsprache. Noch steht hier jedoch die systematische Einbeziehung des Elementarbereiches zum Beispiel durch obligatorische Kooperationen zwischen Kindergarten und Grundschule sowie die ebenfalls flächendeckende Versorgung des berufsbildenden Bereiches und die Kooperation zwischen Sekundarstufe I und dem beruflichen Bereich aus. Ebenfalls fehlt ein durchgängiges, alle Bildungsinstitutionen miteinander verbindendes Sprachbildungskonzept.
  • Auch die Aus- und Weiterbildung des Personals im Hinblick auf interkulturelle Bildung muss verstärkt werden. In der Expertise wird daher die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums für interkulturelle Schulentwicklung“ am Landesinstitut für Schule (LIS) vorgeschlagen, das als Beratungsinstitution allen Schulen konkrete Handlungshilfen zur Verfügung stellt.
  • Beim Angebot des Herkunftssprachenunterrichts ist Bremen bundesweit zwar sehr breit aufgestellt, jedoch fehlt es hier derzeit noch an qualitätssteigernden Standards und einer entsprechend standardisierten Aus- und Weiterbildung des Personals. Die Entwicklung von gemeinsamen Qualitätsstandards für die Vermittlung des Deutschen als Zweitsprache wie auch der Herkunftssprachen und der Aufbau einer Evaluationsinfrastruktur werden vorgeschlagen.
  • Außerdem soll mehr pädagogisches Personal mit Migrationshintergrund gewonnen und eingesetzt werden.
  • Die obligatorische Vernetzung von Bildungsprojekten mit außerschulischen Akteuren, die Bereitstellung von angemessenen Ressourcen auf der Basis transparenter Ziel-Leistungsvereinbarungen werden als notwendig für die interkulturelle Schulentwicklung erachtet.

Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper dankte Frau Professor Dr. Karakasoglu für ihre profunde Analyse. „Wir werden die Ergebnisse so schnell wie möglich auswerten“, sagte die Senatorin. Dazu werde in der Bildungsbehörde eine Projektgruppe gebildet, die einen Zeit-Maßnahmen-Katalog erstellen wird. Parallel dazu wird ein Sachverständigenrat gebildet, der in Abständen öffentlich tagen wird, um die geplanten Maßnahmen zu diskutieren und die Arbeit transparent zu machen.

Foto: Senatspressestelle