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Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Gewaltschutzambulanz zieht erste Bilanz

Anlaufstelle zur rechtsmedizinischen Dokumentation von Verletzungen nach Gewaltdelikten bereits stark nachgefragt

07.10.2024

Seit einem halben Jahr besteht das Angebot der Gewaltschutzambulanz zur rechtsmedizinischen Dokumentation von Verletzungen nach Gewaltdelikten am Klinikum Bremen-Mitte. In dieser Zeit haben bereits über 90 Gewalt-Betroffene die Gewaltschutzambulanz kontaktiert. "Das sind mehr, als wir erwartet hatten", sagt Dr. Saskia Etzold, ärztliche Leiterin der Gewaltschutzambulanz.

Über 13.000 Informationsmaterialien haben sie und ihre Kollegin, Case-Managerin Ramona Rohlwing, dazu bereits in Bremen und Bremerhaven verschickt und verteilen lassen. Außerdem haben beide über 50 Vorträge gehalten, um über die neue Einrichtung zu informieren. Ausdrücklich lobt Dr. Etzold die Zusammenarbeit mit den Netzwerken für Betroffene von Gewalt wie Beratungsstellen und Frauenhäuser, dem Amtsgericht und der Polizei. "Das Hilfenetzwerk hat uns sehr gut aufgenommen", sagt die Fachärztin für Rechtsmedizin.

Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, ist froh, dass dieses im Land Bremen gerade erst eingeführte Angebot schnell so bekannt gemacht werden konnte. Denn: "Dass mehr als 90 Betroffene in den ersten sechs Monaten die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte nutzten, zeigt einmal mehr, wie wichtig diese Einrichtung ist. Seit Jahren verzeichnen wir in Bremen mehr Fälle von häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt. Den Betroffenen eine Spurensicherung und Dokumentation von Verletzungen zu ermöglichen, schnell Zugang zum Hilfesystem und zu Beratungen zu verschaffen und die Arbeit der Strafverfolgung zu erleichtern, ist zwingend notwendig. Deshalb setze ich mich für eine nachhaltige Finanzierung über das Jahr 2026 hinaus ein."

Die Hauptaufgabe der Gewaltschutzambulanz besteht darin, den Sachverhalt und die verursachten Verletzungen schriftlich und fotografisch zu dokumentieren und sie so für einen etwaigen Straf- oder zivilrechtlichen Prozess zu sichern. Das ist auch vertraulich, also ohne eine Anzeige, möglich. Die Dokumentationen werden bis zu zehn Jahren aufbewahrt, sodass sich das Opfer erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Anzeige entschließen kann. Rohlwing übernimmt in der Gewaltschutzambulanz die Verweisberatung und die Anbindung der Betroffenen an Beratungsstellen, während Dr. Etzold für die rechtsmedizinische Untersuchung und Fotodokumentation verantwortlich ist.

Am Klinikum Bremen-Mitte arbeitet Dr. Etzold eng mit den Kolleginnen und Kollegen der Gynäkologie und dem Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess zusammen, die am Standort ähnliche Angebote für Opfer von sexualisierter Gewalt und minderjährige Gewaltbetroffene anbieten. Die Gewaltschutzambulanz komplettiert diese Strukturen zugunsten erwachsener Betroffener häuslicher Gewalt, der zahlenmäßig größten Opfergruppe. "Diese enge Kooperation hat sich als großer Vorteil herausgestellt, weil wir alle Betroffenen hier an einem Ort untersuchen können", so Etzold. Ebenso sei die räumliche Nähe zur Notaufnahme des Klinikums von Vorteil, weil einige der Betroffenen so schwer verletzt seien, dass sie medizinische Ersthilfe bräuchten. In der Regel melden sich die Aufsuchenden an der Information in der Zentralen Notaufnahme und werden dort von Rohlwing abgeholt. Dann werden in geschützten Räumlichkeiten in Ruhe die nächsten Schritte besprochen. "Viele Frauen erzählen hier zum ersten Mal ihre Geschichte", so Rohlwing. "Wir wollen den Betroffenen einen geschützten Rahmen und die Möglichkeit geben, die erlittene Gewalt dokumentieren zu lassen", so Dr. Etzold. Außerdem gebe es die Möglichkeit, sich in ruhiger Atmosphäre weiter beraten zu lassen und dieses Angebot nähmen eigentlich alle an.

"Von den über 90 gewaltbetroffenen Personen war ein großer Teil der Aufsuchenden Frauen, aber auch Männer haben sich untersuchen und dokumentieren lassen", sagt Rohlwing. Rechtsmedizinische Untersuchungen habe es für alle Altersgruppen zwischen wenige Wochen und 65 Jahren gegeben. Minderjährige Gewaltbetroffene werden im Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess umfassend versorgt. Dort wird Dr. Etzold für die rechtsmedizinischen Untersuchungen hinzugezogen und fertigt die Gutachten an.

Das von der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz finanzierte Projekt ist die größte Maßnahme des Bremer Landesaktionsplans "Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen". Für die Aufbauphase bis 2026 werden 1,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Bei der Istanbul-Konvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Deutschland hat diesen Vertrag 2017 ratifiziert. Seitdem sind landesweit neue Angebote geschaffen oder bestehende erweitert worden.

Zu erreichen ist die Gewaltschutzambulanz telefonisch montags bis freitags zwischen 8.30 und 15 Uhr sowie per E-Mail an: gewaltschutzambulanz@gesundheitnord.de

Weitere Informationen sind verfügbar unter www.gesundheitnord.de/gewaltschutzambulanz

Ansprechpartnerin für die Medien:
Kristin Viezens, Pressesprecherin der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: kristin.viezens@gesundheit.bremen.de