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Sonstige

Ökologischer Ausgleich für den Bau des Containerterminals III - Ein Paradies für Flora und Fauna

19.06.2003

Auf der Tegeler Plate haben Landwirtschaft und Naturschutz die Rollen getauscht - Brut- und Rastgebiet von nationaler Bedeutung

bremenports teilt mit:

1997 wurde der Bremerhavener Containerterminal (CT) III an die Schifffahrt übergeben. Für die Stromkaje bedeutete dies eine Verlängerung um etwa 700 Meter, für den Hafen einen Flächenzuwachs von rund 110 Hektar. Der Ausbau des Welthafens vernichtete am Weserufer wertvolle Lebensräume. Deshalb musste die Hafengesellschaft bremenports, die Mitte der 90-er Jahre noch als Hansestadt Bremisches Amt firmierte, für ökologischen Ausgleich sorgen. Die Umweltplaner wurden vor allem auf der Tegeler Plate aktiv. Jürgen Holtermann, Geschäftsführer von bremenports: "Nördlich von Dedesdorf hat sich in den vergangenen fünf Jahren ein Paradies für Flora und Fauna entwickelt."

Vor dem ersten Rammschlag für die Kaje von Containerterminal III hatten sich die Planer einen umfassenden Eindruck von Flora, Fauna, Boden- und Gewässerverhältnissen im Baugebiet verschafft. Ziel der Kompensation war es, diesen Zustand in möglichst ähnlicher Form an anderer Stelle wiederherzustellen. Bremerhaven konnte ein Areal in erforderlicher Größe nicht bieten, schon gar nicht direkt an der Weser. Die Lösung lag in Niedersachsen. Dort befinden sich heute vier der fünf Kompensationsflächen aus dem Verfahren CT III.

Zentrale Kompensationsfläche

Die Tegeler Plate dehnt sich über mehr als 200 Hektar aus und ist die zentrale Kompensationsfläche für CT III. Die Wahl fiel auf dieses Gebiet, weil es in der Brackwasserzone der Weser liegt und den Planern die Möglichkeit bot, den Zustand von Natur und Landschaft deutlich aufzuwerten.

Holtermann: "Baumaßnahmen in einer Flussmündung betreffen Lebensräume, die nicht ohne weiteres neu geschaffen werden können. Wir haben uns dieser Herausforderung auf der Tegeler Plate gestellt - mit der Erfolg, wie der heutige Zustand zeigt."

Die Tegeler Plate: Zurück zur Weser

Zunächst ein Rückblick: In den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde die Weserinsel Tegeler Plate eingedeicht und seitdem landwirtschaftlich genutzt. Nur ausnahmsweise erreichte oder überschritt die Flut den Sommerdeich. Nach stärkerer Entwässerung und Intensivierung der Landwirtschaft blieben lediglich spärliche Röhrichte und ein artenarmes Grünland übrig. Dies wirkte sich negativ auf die Brutvögel aus. Auch Rastvögel fanden ohne ausreichende offene Wasserflächen nur bei Sturmfluten und nach anhaltenden Niederschlägen günstige Bedingungen vor. Nur das Weserufer mit den Wattflächen, die reduzierten Röhrichtbestände, eine Prielmündung und das Feuchtgrünland vor dem Landesschutzdeich hatten schutzwürdigen Charakter. Im Zuge der CT III-Kompensation sollten diese Bedingungen verbessert werden, auf der Tegeler Plate im Tideeinflussbereich der Weser wieder natürliche und naturnahe Biotope entstehen.

Von 1996 bis 1998 fanden auf der Plate deshalb umfangreiche Bauarbeiten statt. Der Sommerdeich wurde geöffnet und teilweise abgetragen, und im Norden entstand ein neues Prielsystem - mit Wattflächen und Standorten für Brackwasser- und Schilfröhricht. Das Prielsystem im Süden der Tegeler Plate wurde erweitert. Bagger hoben Kleingewässer aus; Gebäude und Wege mussten weichen.

Heute, fünf Jahre später, ist auf der Tegeler Plate Ruhe eingekehrt. Landwirtschaft und Naturschutz haben die Rollen getauscht. Ausgedehnte Schilf- und Brachflächen, Gräben, Tümpel und die Prielsysteme bestimmen den Charakter des Gebietes. Jagd und Fischerei sind verboten. Die restlichen Grünlandflächen werden nur noch extensiv bewirtschaftet. Ansonsten bleibt die Natur sich selbst überlassen.

Wegen der Größe und Unzugänglichkeit der neu entstandenen Wildnis erschließt sich die herausragende Bedeutung der Tegeler Plate für Flora und Fauna dem Beobachter oft erst auf den zweiten Blick. Am besten gelingt dies bei der Vogelwelt. Im Frühsommer sind die mehr als 100 Rohrsänger, vor allem Teich- und Schilfrohrsänger, nicht zu überhören und mit ein wenig Geduld auch zu sehen. Akustisch eher unauffällig geben sich Blaukehlchen und Bastmeise.Bartmeise. Sie gehören zu den spektakulärsten Singvogelarten der Tegeler Plate.

Wichtiges Brut- und Rastgebiet

Rohrweihe, Pfeif-, Krick-, Knäk- und Löffelente brüten im Gebiet - vermutlich auch der Wachtelkönig, eine seltene Rallenart. Insgesamt hat sich der Bestand von Röhrichtbrütern gegenüber dem Zustand vor der Umgestaltung verzehnfacht. Während sich bei den Wiesenvögeln nur geringe Veränderungen ergaben, stiegen die Zahlen bei den Brutvögeln an Gewässern auf das Dreifache. Holtermann: "Nach ihrer ökologischen Aufwertung ist die Tegeler Plate heute ein Brutgebiet von nationaler Bedeutung."

Während des Vogelzuges erreichen die Bestände deutlich größere Dimensionen. Mehr als 300 Graugänse, 3.700 Pfeif- und knapp 3.400 Krickenten können dann das Gebiet bevölkern. Für die genannten Entenarten hat die Tegeler Plate als Rastgebiet nationalen Rang. Hinzu kommen diverse Watvögel, darunter Säbelschnäbler, Kiebitz, Bekassine, Brachvogel und Rotschenkel mit Höchstzahlen zwischen 30 und 300. Richtig ruhig wird es an der Weser nur in strengen Wintern.

Auch andere Tiergruppen siedeln sich auf der Tegeler Plate in wachsender Zahl an. Bodenbewohner wie Krebse und Würmer wandern vom Fluss zügig in die Prielsysteme und tideabhängigen Gewässer ein. Im Inneren der Plate wurden bereits Borstenwürmer der Brackwasserzone nachgewiesen - ein Zeichen für den Einfluss des salzhaltigen Weserwassers. Langzeitstudien erstrecken sich zudem auf Fische und wirbellose Landbewohner, zum Beispiel Schnecken, Spinnen, Laufkäfer, Libellen und Heuschrecken, sowie auf Vegetation, Bodenverhältnisse und Wasserqualität.

Fläche wird über langen Zeitraum beobachtet

Die Hafengesellschaft verfolgt die Entwicklung auf der Tegeler Plate mit einem umfassenden Monitoring- und Management-Programm. Wolfgang Arndt und Heino Runge sind Ansprechpartner vor Ort und koordinieren die Nutzung der Grünlandflächen durch ortsansässige Landwirte. Anlagen zur Datenerfassung von Wasserständen müssen abgelesen und gewartet werden, Staubauwerke sind zu unterhalten, angeschwemmtes Treibgut muss weggeräumt werden. Die wissenschaftlichen Begleituntersuchungen erstrecken sich bis zum Jahre 2012. Jährliche Berichte eines Gutachterteams geben Aufschluss über die Pflanzen- und Tierbestände und deren Veränderungen.

Auch international muss bremenports bei den Kompensationsmaßnahmen für CT III keinen Vergleich scheuen. Das wurde den Bremerhavenern bereits 2001 auf einem Workshop der internationalen Arbeitsgruppe "Paralia Nature" bestätigt. Die Experten zeigten sich damals beeindruckt vom umfangreichen Fachwissen, dass die Hafenplaner und -bauer bei der Planung und Betreuung von Umweltmaßnahmen gesammelt haben.

"Unsere Erfahrungen bei der Planung, Entwicklung und Kontrolle von Kompensationsvorhaben stoßen bei anderen auf wachsendes Interesse", sagt Holtermann. Seine Mitarbeiter haben diverse Anfragen in- und ausländischer Fachleute erhalten, die sich für die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen des Hafenausbaus interessieren. Delegationen aus aller Welt - darunter Japaner, Chinesen, Kolumbianer und Südafrikaner - sahen sich bereits auf der Tegeler Plate um. Dabei wurde ihnen deutlich, dass Belange des Naturschutzes bei bremenports groß geschrieben werden.