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Senat reagiert mit Maßnahmenpaket auf aktuelle Sicherheitslage

Planung für fakultativ geschlossene Jugendhilfeeinrichtung wird beendet

14.03.2017

Der Senat hat in seiner heutigen Sitzung (Dienstag, 14. März 2017) beschlossen, die Planung für eine fakultativ geschlossene Jugendhilfeeinrichtung einzustellen. In dem Beschluss heißt es unter anderem: "Der Senat erkennt an, dass die seit Ende 2015 / Anfang 2016 unternommenen Anstrengungen der an diesen Aufgaben beteiligten Ressorts und der Freien Träger zu einem erheblichen quantitativen und qualitativen Auf- und Ausbau der Versorgungs- und Betreuungsangebote für hoch delinquente Jugendliche geführt haben."

Weiter heißt es in dem Senatspapier: "Die Kriminalitätsbelastung durch eine kleinere Gruppe hochproblematischer umA (unbegleiteter minderjähriger Ausländer) hatte sich im Verlauf der Zeit verändert. War sie zum Ende des Jahres 2014 und Anfang 2015 sprunghaft angestiegen, ist sie im Laufe der zurückliegenden Monate, insbesondere auch durch die einsetzende Umverteilung der ankommenden Jugendlichen auf alle Bundesländer ab November 2015 und infolge konsequenten Vorgehens von Polizei, Justiz und Jugendbehörden zurückgegangen und hat sich auf einem weiterhin hohen Niveau eingependelt. Zudem hat sich aber auch die Altersstruktur der Intensiv-Straftäter wesentlich geändert, so dass dieser Personenkreis nur noch teilweise für die beschriebenen Maßnahmen einer FGU (fakultativ geschlossenen Unterbringung) in Betracht kommt. Zugleich hat der Senat mit einer Vielzahl von Maßnahmen reagiert. Im Hinblick auf das im Integrationskonzept geschilderte Maßnahmenbündel hat die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport seit 2015 eine Bandbreite an Maßnahmen für die genannte Zielgruppe umgesetzt und weiterentwickelt, um die Anstrengungen von Polizei und Justiz durch Jugendhilfemaßnahmen zu flankieren. Diese Maßnahmen haben zu einer momentanen Entspannung der Situation beigetragen. Vor diesem Hintergrund kann unter genau zu beschreibenden Bedingungen auf eine fakultativ geschlossene Einrichtung verzichtet werden."

Das System zum Umgang mit minderjährigen Straftätern soll nun weiter angepasst werden. Nach dem Beschluss des Senats sind dabei folgende Punkte maßgeblich:

- Das konsequente Vorgehen von Polizei und Justiz muss fortgesetzt werden; zusätzlich wird die Straßensozialarbeit in den entsprechenden Bereichen weiter verstärkt.

- Die personenorientierten Ermittlungen in der EG UmF (Ermittlungsgruppe unbegleitete minderjährige Flüchtlinge; das ist die Bezeichnung für umA bis zu einer Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten durch das Bundesgesetz zur Verteilung minderjähriger Flüchtlinge in der Bundesrepublik) werden fortgeführt und sind die Basis für weitere Maßnahmen von Justiz und Migrationsamt. Alle weiteren Maßnahmen bauen auf den fokussierten Ermittlungen der Polizei auf.

- Niedrigschwellige Ansätze aus dem Konzept ‚Stopp der Jugendgewalt‘, wie unter anderem Fallkonferenzen, sollten verstärkt und frühzeitig eingesetzt werden.

- Die Angebote für Jugendliche in der Haft müssen deutlich verstärkt werden, sie müssen sich dem annähern, was außerhalb der Haft an fördernden Angeboten möglich und realisierbar ist. Dazu gehört unter anderem:

  • der deutsche Sprachunterricht für Jugendliche muss weiter verstärkt werden
  • die Beschäftigungsmöglichkeiten müssen erweitert werden
  • der Allgemeine Vollzugsdienst, der die Hauptaufgabe der Erziehung im Jugendvollzug leistet, muss personell verstärkt werden. Dazu sollen zunächst drei Erzieher angestellt werden
  • der Arbeitsbereich von Dolmetschern soll auch auf den therapeutischen Bereich der Gewaltprävention ausgedehnt werden

- Der Senat hat beschlossen, die sechs zusätzlichen Vollkräfte im Justizbereich sowie die dargestellten notwendigen finanziellen Mittel im Haushaltsvollzug 2017 zunächst aus dem Haushalt des Senators für Justiz und Verfassung zu finanzieren. Sollten dadurch die Budgets überschritten werden, erfolgt ein Ausgleich im Rahmen eines Lösungskonzeptes. Die Fortführung der Maßnahmen wird auf Grundlage der Anmeldungen des Senators für Justiz und Verfassung im Haushaltsaufstellungsverfahren 2018/2019 sichergestellt.

- Im Anschluss an die Haftentlassung soll über Bewährungsauflagen sichergestellt werden, dass Maßnahmen der Jugendhilfe verbindlich angenommen werden; dazu gehören vor allem intensivpädagogische Einrichtungen sowie eine jugendgerichtliche Einrichtung, die besonders auf Haftvermeidung spezialisiert sein wird; die Verweigerung, diese Maßnahmen anzunehmen, soll Konsequenzen bis hin zur Rückkehr in den Justizvollzug haben.
Auch bei denjenigen, die ihre Haftstrafe vollständig abgesessen haben, kann die Jugendhilfe unter gewissen Voraussetzungen tätig werden.

- Die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport wird kurzfristig zusammen mit dem Jugendamt, den Trägern der Jugendhilfe-Einrichtungen, dem Justizressort und der JVA die Hilfeplanung und die Angebote weiter ausbauen und verbessern - insbesondere Sprachunterricht, tagesstrukturierende Maßnahmen, pädagogisch-erzieherische Maßnahmen sowie die begonnene psychiatrische Begleitung.

- Bei Bedarf sollen Plätze in einer stationären Regeleinrichtung mit intensiven ambulanten Betreuungsangeboten (psychiatrisch / intensivpädagogisch / Sucht / Trauma) gekoppelt werden

- Zur Vermeidung von Untersuchungshaft wird die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport eine Spezialeinrichtung als "Jugendgerichtliche Unterbringung" einrichten; halten sich die jungen Menschen dort nicht an Auflagen und Weisungen oder begehen Straftaten, müssen sie jederzeit damit rechnen, in die Untersuchungshaft zurückgeführt zu werden.

- Für Jugendliche, die mit Bewährungsauflage vorzeitig aus der Haft entlassen werden, können Plätze in Regeleinrichtungen der Jugendhilfe mit intensiven ambulanten Betreuungsangeboten gekoppelt werden. Das richtet sich an umA mit Bedarfen im Bereich Psychiatrie, Sucht und Trauma. Der Beratungsdienst Fremdplatzierung des Jugendamtes berät sich dazu mit Expertinnen und Experten der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege. Die Jugendhilfe im Strafverfahren und die Bewährungshilfe der Sozialen Dienste der Justiz arbeiten in diesen Fällen auf der Basis einer Kooperationsvereinbarung eng zusammen. Halten sich die jungen Menschen dort nicht an Auflagen und Weisungen oder begehen Straftaten, müssen sie ebenfalls jederzeit damit rechnen, in die Untersuchungshaft zurückgeführt zu werden.

- Junge strafauffällige Heranwachsende, die ihre Haftstrafe abgesessen haben, bei denen sowohl in der Jugendhilfe als auch im Jugendvollzug Resozialisierungsbemühungen gescheitert sind, und die nicht abgeschoben werden können, sollen professionsübergreifend mit allen dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Maßnahmen durch engmaschige Kontrolle und Intervention von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden.

- Auf vorzeitige Haftentlassung wird verzichtet, wenn eine Abschiebung des jungen Erwachsenen in sein Herkunftsland durchgeführt werden soll.

- Gegen alle extrem straffälligen umA, die sich in der priorisierten Sachbearbeitung befinden, wurden mittlerweile ausländerrechtliche Verfahren eingeleitet. Ziel ist die Rückführung, sobald sie volljährig werden, erste Rückführungen sind bereits durchgeführt worden.

- Straffällig gewordene Ausländer sollen konsequent abgeschoben werden. Der Senator für Inneres und der Senator für Justiz haben hierzu bereits eine Vereinbarung getroffen, nach der bei ausländischen (jugendlichen) Straftätern bereits mit der Verurteilung Maßnahmen zur Ausreise eingeleitet werden, um eine Rückführung/Ausreise aus der Haft sicherzustellen. Die Zusammenarbeit der Ressorts bei der Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen straffälliger ausländischer Intensivtäter wird intensiviert.

- Für Jugendliche in akuten Krisensituationen sollen einige wenige Plätze eingerichtet werden, um Polizei, Jugendhilfe, Justiz und Psychiatrie einen Rahmen für angemessene Reaktionsmöglichkeiten zu schaffen. Die Ressorts werden vor diesem Hintergrund ihre Gespräche und Planungen aus April 2015 wieder aufnehmen, um eine Unterbringung gemäß §42 SGB VIII umgehend zu schaffen.

- Der Senat hat die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport gebeten, in geeigneter Weise sicherzustellen, dass im Falle einer notwendigen Unterbringung eines Jugendlichen in einer fakultativ geschlossenen Einrichtung diese bei einem Träger außerhalb Bremens erfolgen kann.

- Der Senat wird darüber hinaus weitere Maßnahmen zur Erhöhung der objektiven Sicherheit und einer Steigerung des subjektiven Sicherheitsempfindens der Bevölkerung treffen. Eine wichtige Grundlage hierfür stellt der gemeinsame Vorschlag des Senators für Inneres und des Senators für Justiz und Verfassung zur Verbesserung der Sicherheit dar. Die beiden Ressorts werden gebeten, dem Senat in Umsetzung des Vorschlags konkrete Handlungskonzepte in Abstimmung mit der Senatorin für Finanzen und der Senatskanzlei zur Beschlussfassung vorzulegen. Für die damit verbundenen Finanzwirkungen ist mit Beschluss des Senats vom 28.02.2017 zu den Eckwerten durch die Einplanung von Verstärkungsmitteln Vorsorge getroffen worden.