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Die Senatorin für Kinder und Bildung

Renate Jürgens-Pieper zur Kritik des Bremer Bündnisses für Bildung

15.11.2011

Das Bremer Bündnis für Bildung hat anlässlich der heutigen Demonstration folgende Kritikpunkte hervorgehoben. Diese bedürfen der Richtigstellung und Ergänzung:

Behauptet wird:
1. „Jahrelanger Abbau von Lehrerstellen bei gleich bleibenden Schülerzahlen“

Richtig ist:
Seit meinem Amtsantritt im Sommer 2007 wird jede frei werdende Stelle bei leicht rückläufigen Schülerzahlen wieder besetzt. In den Jahren 2010 und 2011 sind außerdem Mittel für Personal im Schulentwicklungsprozess hinzugekommen mit der Folge, dass die Einstellungen gegenüber den Abgängen sogar laufend erhöht worden sind:

Jahr - Abgänge - Einstellungen
2008 - 320 - 317
2009 - 262 - 313
2010 - 262 - 345
2011 - 185 - 266 (Prognose bis Jahresende 2011)

Der Bildungsetat ist seitdem vor allem durch Sonder- und Projektmittel kontinuierlich gestiegen.

Behauptet wird:
2. „Stundenkürzungen in der Oberstufe mit Einschränkungen des Kursangebotes“

Richtig ist:
Die dagegen gerichteten Proteste der Schülerinnen und Schüler sind zwar nachvollziehbar, in der Sache jedoch überzogen. Jede notwendig gewordene Kurszusammenlegung ist für die Betroffenen ärgerlich, in keinem Fall haben Zusammenlegungen jedoch zu schwerwiegenden individuellen Benachteiligungen geführt.

Die gymnasialen Oberstufen sind hinsichtlich der Lehrerstundenzuweisung privilegiert gegenüber allen anderen Schulstufen. In Bremen erhalten die gymnasialen Oberstufen jetzt wie in anderen Bundesländern auch die Personalressourcenzuweisung nicht nach der Anzahl der tatsächlich in der Schule vorhandenen Schülerinnen und Schüler, sondern auf der Basis der Anmeldezahlen zur Eingangsphase. Die tatsächliche Schülerzahl lag im Durchschnitt um 10 bis 20 Prozent niedriger als die Anmeldezahl. Hier wird künftig so verfahren, wie in anderen Bundesländern auch.
Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die in den gymnasialen Oberstufen reduzierten Stundenzuweisungen nicht eingespart worden sind, sondern den Grundschulen und Oberschulen zur Verfügung gestellt wurden. Hier ist zum Schuljahr 2011/2012 vor allem deshalb ein zusätzlicher Bedarf entstanden, weil die Eltern das Angebot einer inklusiven Schule in weit größerem Umfang angenommen haben, als das vorhersehbar war.

Behauptet wird:
3. Fehlende Sonderpädagogen für die Inklusion

Richtig ist:
Zum Schuljahr 2011/12 wurden in der Stadtgemeinde Bremen 442 Sonderpädagogen aus Förderzentren in die Regelschulen versetzt. Zusätzlich kehrten 13 Sonderpädagoginnen aus Beurlaubung/Mutterschutz/Elternzeit zurück.
Es wurden zusätzlich 19 neue sonderpädagogische Lehrkräfte sowie 4 Lehrkräfte in den Seiteneinstieg in den Beruf (Diplombehindertenpädagogen) eingestellt.
Es wurden im Februar 2011 auf einen Schlag alle 20 zur Verfügung stehenden Referendarsbewerber aufgenommen, so dass inzwischen 28 Referendarinnen und Referendare im Umfang von 6 Vollzeitstellen an den Schulen unterrichten.
Damit ist die Basis für die inklusive Beschulung von 1.984 Inklusionsschülern an Regelschulen gesichert. Geht man von einer Betreuungsstundenzahl von 3 Stunden pro Schüler aus, ergibt sich ein Stundenbedarf von 5.952 Stunden. Selbst wenn die 484 Personen nur ca. 400 Vollzeitstellen ausmachen, sind bei einer Stundenzahl von 15 Stunden Inklusionsarbeit 6000 Unterrichtsstunden abgedeckt. Momentan sind 4 Stellen mit sonderpädagogischem Bedarf noch nicht besetzt, allerdings davon nur 1 Stelle in der Inklusion, die anderen an Förderzentren. Grund: die Bewerberlage ist abgeschöpft. Zum 1. Februar 2012 sind aber bereits 7 weitere Lehrkräfte eingestellt bzw. haben eine Einstellungszusage erhalten, so dass auch absehbare Altersabgänge ausgeglichen werden können.

Behauptet wird:
4. Akute Unterrichtsausfälle wegen fehlender Vertretungskräfte und nicht ausreichender Vertretungsreserven

Richtig ist:
Zum 1. August 2011 habe ich in meiner Behörde zusätzlich einen Vertretungspool mit 35 Stellen eingerichtet, um Vertretungen über drei Monate und mehr zu organisieren. Das entspricht 1,75 Millionen Euro. Im Haushalt stehen den Schulen außerdem für flexible Unterrichtsvertretungen 3 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Das entspricht 60 Lehrerstellen.

Behauptet wird:
5. Schulreform bei mangelhafter Ausstattung der Schulen mit Personal, Material und Räumlichkeiten

Richtig ist:
Die Schulreform hat 2010/ 11 mit Schulentwicklungsmitteln als Anschubfinanzierung begonnen und wird verlässlich fortgeführt. Die Schulen erhalten im regulären Bildungshaushalt im Haushaltsjahr 2011 Budgets in Höhe von insgesamt 4,7 Millionen Euro für Lehr- und Lernmittel. Im Jahr zuvor, 2010, waren es 4,5 Millionen Euro. Aktuell werden bis zum Jahresende zusätzlich zum Personal 50 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an den Zentren für unterstützende Pädagogik eingestellt. Außerdem sind Oberschulen und Gymnasien mit Jahrgangsleiterstellen ausgestattet worden und Schulleitungen haben eine zusätzliche Ausstattung erhalten.

Behauptet wird:
6. „Renovierungsstau in vielen Schulgebäuden“

Richtig ist:
Der Sanierungsstau in den Bremer Schulen entstand in den Jahren der Großen Koalition. Er ist noch nicht abgearbeitet. Seit 2007 wurden in den Stadtteilen für Bau- und Sanierungsmaßnahmen jedoch insgesamt 202,4 Millionen Euro im Haushalt bereitgestellt. Davon kamen 96,49 Millionen Euro aus dem Gebäudesanierungsprogramm des Senats, 51,3 Millionen Euro aus Mitteln der Bildungsbehörde, 22,65 Millionen Euro aus dem Bauunterhalt des Senats, 26,2 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II des Bundes, 5,76 Millionen Euro aus Drittmitteln Soziale Stadt, Stadtumbau West und Mitteln der Europäischen Union.

Behauptet wird:
7. Fehlende Unterstützung für die Schulen im Umgang mit problematischen Schülern durch seit Jahren völlig unterbesetzte Beratungszentren

Richtig ist:
An den Schulen werden derzeit zur Unterstützung des pädagogischen Prozesses Zentren für unterstützende Pädagogik eingerichtet. Die Einrichtung dieser Zentren wird im laufenden Schuljahr 2011/2012 abgeschlossen sein. Es gibt dann 69 ZuP, davon 30 an Grundschulen (im Verbund), 31 an Oberschulen und 8 an den Gymnasien. Außerdem werden in den vier Regionen Nord, Süd, Ost, West Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren eingerichtet. Diese sind gerade im Aufbau.

Behauptet wird:
8. Förderangebote für nur einen Bruchteil der bedürftigen Schülerinnen und Schüler

Richtig ist:
Für sozialintegrative Maßnahmen stehen den Schulen 300 000 Euro zur Verfügung, dazu kommen 700 000 Euro für Vorkurse für Migranten, 400 000 Euro für Leseintensivkurse und
360 000 Euro für Förderkurse bei Lese-Rechtschreibschwäche und Dyskalkulie. Die Förderbudgets für Gymnasien betragen 100.000 Euro. Das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung ermöglicht Nachhilfeunterricht für Kinder, deren Eltern Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch beziehen. Dafür stehen 200 Euro pro Kind im Schuljahr zur Verfügung.

Fazit von Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper:
„Die Schulreform wird trotz des Einsparbeitrags von 1,2 Prozent weitergehen und in den nächsten Jahren verlässlich gestaltet werden. Man mag das ja alles als nicht genug empfinden und die Haushaltsaufstellungen kritisch begleiten. Die Kritik sollte aber Sachverhalte nicht verschweigen, nur weil sie nicht ins Bild passen. Im Übrigen möchte ich Wilhelm Meisters Wanderjahre von Goethe zitieren ‚Wahrheitsliebe zeigt sich darin, dass man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß’ “.