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Der Senator für Kultur

Bremen stimmt der Einrichtung einer Schiedsgerichtbarkeit über NS-Raubgut zu

20.11.2024

Die Deputation für Kultur hat am heutigen Mittwoch (20. November 2024) dem Abschluss eines Verwaltungsabkommens zur Einrichtung einer gemeinsamen Schiedsgerichtsbarkeit über NS-Raubgut mit der Bundesrepublik Deutschland, den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zugestimmt. Damit soll unter anderem eine einseitige Anrufbarkeit der Schiedsgerichtbarkeit durch Anspruchsstellende ermöglicht werden. Die neue Schiedsgerichtsbarkeit soll die bisherige Beratende Kommission ablösen. Nach der erfolgten Zustimmung im Senat und der Kulturdeputation wird der Beschluss noch dem Haushaltsausschuss zur Mitentscheidung vorgelegt.

Bremens Bürgermeister und Kultursenator Andreas Bovenschulte: "Die Beratende Kommission hatte eine immens wertvolle Aufgabe wahrgenommen. Sie war über zwei Jahrzehnte die Anlaufstelle für alle Beteiligten in Fragen von NS-verfolgungsbedingt abhanden gekommenen Kulturgütern und hat mit den von ihr ausgesprochenen Empfehlungen wichtige Beiträge zur Befriedung von Restitutionsfragen geleistet. Mit der neu einzurichtenden Schiedsstelle wird nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. Deren Arbeit wird teilweise auf den Erfahrungen der Kommission aufbauen, aber auch weiterentwickelt werden, um die Ziele der Washingtoner Prinzipien noch besser zu erreichen."

In den 1998 verabschiedeten "Washingtoner Prinzipien" verpflichteten sich 43 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, und 13 nichtstaatliche Organisationen, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke zu identifizieren und gerechte und faire Lösungen mit den Eigentümerinnen und Eigentümern oder ihren Erbinnen und Erben zu finden. In Deutschland verpflichteten sich die Bundesregierung, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände im Jahr 1999 mit der "Gemeinsamen Erklärung" als Träger öffentlicher Einrichtungen darauf hinzuwirken, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter zurückzugeben. Die Erklärung war und ist eine Selbstverpflichtung ohne rechtliche, aber mit hoher moralischer und politischer Verbindlichkeit.

Im Zuge dieser Erklärung wurde in Deutschland im Jahre 2003 die "Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz" eingerichtet, um bei Differenzen zwischen Anspruchsstellenden und Kulturgut bewahrenden Einrichtungen über die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu vermitteln. In einer ihren jüngsten Entscheidungen empfahl die Kommission zum Beispiel, dass Bremen zwei Gemälde von George Grosz nicht zurückgeben muss (siehe Senatspressemitteilung "Bremen darf zwei Gemälde von George Grosz behalten" vom 30. Oktober 2024).

Über die mehr als 20 Jahre des Bestehens der Kommission regte sich aber auch zunehmend Kritik, vor allem an ihrem reinen Empfehlungscharakter und der fehlenden Möglichkeit einer einseitigen Anrufung. So müssen im derzeitigen Format Anspruchsstellende und Kulturgut bewahrende Einrichtungen beziehungsweise deren Träger übereinstimmend die Anrufung der Kommission beschließen.

Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände haben infolgedessen in ihrem 20. Kulturpolitischen Spitzengespräch im März 2024 beschlossen, dass die Beratende Kommission im Lichte der in den vergangenen zwei Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen einer grundlegenden Veränderung bedarf, um den Zielen der Washingtoner Prinzipien noch besser gerecht zu werden. Insbesondere soll die Position der Opfer gestärkt werden.

Hierfür soll die bisherige Kommission durch eine Schiedsberichtbarkeit, einer weltweit akzeptierten und praktizierten Form der alternativen Streitbeilegung, ersetzt werden. Das Schiedsgericht wird aus 36 Personen bestehen - 22 Juristinnen oder Juristen und 14 Personen mit historische oder kunsthistorischer Expertise. So sollen weiterhin faire und gerechte Lösungen im Sinne der Washingtoner Prinzipien gewährleistet werden.

Mit Einrichtung der Schiedsstelle wird die Beratende Kommission ihre Tätigkeit einstellen. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene Verfahren können auf die neue Schiedsgerichtsbarkeit übergehen, sofern die Parteien ihre Zustimmung erteilen.

Ansprechpartner für die Medien:
Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur, Tel.: (0421) 361-16173, E-Mail: werner.wick@kultur.bremen.de