16.04.2002
„Vom Leben lernen wir“: Schön, wenn Schüler das sagen können. Im Gymnasium Horn haben 28 Jungen und Mädchen der Klasse 9 b genau dies praktiziert. Sie haben den Klassenraum verlassen und Stadtteile besucht, die sie eigentlich eher meiden wollten. Sie haben Menschen getroffen, deren Lebensumstände sie sonst kaum zur Kenntnis nehmen - und haben Einrichtungen kennen gelernt, die helfen, unterstützen und Probleme anpacken. „Soziale Probleme und Lösungsmöglichkeiten in Horn und anderswo in Bremen“ heißt das Schulprojekt, für das sich gleich mehrere Einrichtungen miteinander vernetzt haben: Die Schule, die Universität, die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe und das Projekt „Schule und Partner“ der Bildungsbehörde. Ungewöhnlich ist, dass sich bei diesem Projekt Studenten der Sozialpädagogik in den Unterricht eingeklinkt haben.
Die Studenten des Fachbereichs Sozialpädagogik haben gemeinsam mit der Klasse die eigentliche Erkundungsphase vorbereitet. Schon dies war für die Schülerinnen und Schüler spannend: Ungewohnte Methoden, offene Diskussionen, ein anderer Unterrichtsstil als der bekannte. Ganz neue Einblicke brachten dann die Besuche in unterschiedlichen sozialen Einrichtungen im eigenen Stadtteil: Die Jungen und Mädchen lernten beispielsweise das Kaisenstift kennen, eine Einrichtung für geistig mehrfach behinderte Kinder. Oder das Berufs-Bildungswerk in Horn, in dem Menschen mit körperlichen und Lernbehinderungen einen Beruf erlernen können. Der Blick über den Ortstellerand ging schließlich nach Osterholz-Tenever, Gröpelingen und ins „Viertel“: Alles Stadtteile, in denen die Schülerinnen und Schüler - wie eine Umfrage unter ihnen ergab - am wenigsten gern leben möchten. Auch hier schauten sich die jungen Leute bei sozialen Einrichtungen um, die sich im Stadtteil beispielsweise um Obdachlose oder Arbeitslose kümmern..
Die Konfrontation mit einer Wirklichkeit, die sonst eher ausgeblendet wird , hat die Jungen und Mädchen der 9b offenbar nicht unberührt gelassen. Sie haben sich nämlich nach Abschluss der Unterrichtseinheit freiwillig in ihrer Freizeit weiter getroffen, um eine kleine Ausstellung über dieses Projekt vorzubereiten. „Uns ist eigentlich erst jetzt klargeworden, was es für soziale Probleme gibt und welche Einrichtungen sich darum kümmern“, so Antonia während der öffentlichen Vorstellung dieses Projektes in der Aula der Schule am Vorkampsweg. Und als weiteres Resümee: „Aus der Praxis zu lernen macht einfach mehr Spaß als aus Büchern.“
Mit diesem Unterrichtsvorhaben zum Schwerpunkt „Soziales Lernen“ hat das Gymnasium Horn einen Anstoß gegeben, den die Initiative „Schule und Partner“ des Bildungssenators gern aufgegriffen und unterstützt hat. Mehr noch: Ein solches Projekt wie das in Horn könnte sich auch an anderen bremischen Schulen verwirklichen lassen. „Schule und Partner“ will dabei helfen, die inzwischen bestehenden Kontakte zu den verschiedenen Partner-Einrichtungen weiter zu nutzen.