Die bremischen Häfen setzen auf die Schiene und investieren deshalb massiv in den Ausbau der Eisenbahnanlagen am Standort Bremerhaven. Den Anfang macht ein Projekt am Kaiserhafen: Elf Monate nach dem offiziellen Baubeginn konnten die neuen Gleisanlagen am heutigen Freitag (19. Juni 2015) eingeweiht werden. Zwölf der insgesamt 16 Gleise am Hafenbahnhof Kaiserhafen waren auf bis zu 750 Meter Länge gestreckt und elektrifiziert worden. Die von der Europäischen Union geförderte Baumaßnahme ist mit Gesamtkosten von 8,15 Millionen Euro verbunden. "Wir reagieren damit auf das starke Wachstum des Schienenverkehrs und stellen dem Markt zusätzliche Infrastruktur zur Verfügung, die in den kommenden Jahren dringend benötigt wird", sagte Häfenstaatsrat Dr. Heiner Heseler bei der Einweihungsfeier.
Die neuen Anlagen am Kaiserhafen sind Teil eines umfangreichen Investitionspakets, mit dem die Eisenbahnanlagen im Überseehafen Bremerhaven in diesem Jahrzehnt erweitert und technisch aufgerüstet werden. "Dafür haben wir etwa 39 Millionen Euro zur Verfügung gestellt", erläuterte Heseler. Zunächst wurde der Rangierfunk der Hafeneisenbahn modernisiert (2013). Nach dem jetzt beendeten Ausbau der Bahnanlagen am Kaiserhafen folgt die Erweiterung der Vorstellgruppe Imsumer Deich: Der Hafenbahnhof an der Senator-Borttscheller-Straße wird bis 2017 um acht Gleise erweitert. Mittelfristig ist außerdem vorgesehen, den Hafenbahnhof Speckenbüttel auszubauen. Dies soll in Zusammenarbeit der DB Netz AG geschehen.
"Mit unseren aktuellen Investitionen regieren wir auf die Tatsache, dass die Hafeneisenbahn in den vergangenen Jahren an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen ist", sagte Heseler. Das zeigen die jüngsten Zahlen: Der Überseehafen Bremerhaven zählte 2014 etwa 30.200 Güterzüge (eingehend/ausgehend). Dies entsprach durchschnittlich 581 Zügen pro Woche. In der Spitze stieg der Wochenwert auf etwa 660 Züge. Die Gesamtzahl der Züge nahm gegenüber 2010 um 31 Prozent zu.
Zahl der Autozüge um 67 Prozent gewachsen
Besonders stark entwickelte sich der Zugverkehr im Automobilbereich. Hier waren 2014 etwa 12.900 Ein- und Ausgangszüge unterwegs (durchschnittlich 248 pro Woche). Seit 2010 stieg die Zahl der Autozüge um immerhin 67 Prozent. Der Modal Split (Verkehrsmittelwahl) der Eisenbahnverkehre im Automobilumschlag liegt für Bremerhaven heute bei 74 Prozent.
Mit Blick auf den Containerverkehr ist Bremerhaven gemessen an einem Modal Split von 47 Prozent heute bereits Europas bedeutendster Eisenbahnhafen. Der Senat strebt mit den Investitionen in die Hafeneisenbahn an, diesen Anteil auf mindestens 55 Prozent zu erhöhen.
Mittelfristig rechne der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen in Bremerhaven mit einem Anstieg auf 770 Güterzüge pro Woche, sagte Heseler. Hier spielten die Automobilverkehre eine besondere Rolle: "Die BLG Logistics stellt sich derzeit mit einer zweistelligen Millioneninvestition in ein neues Autoregal auf wachsende Fahrzeugzahlen ein", sagte der Staatsrat. "Bremen wiederum wird seiner Verantwortung als Betreiber der Hafenbahninfrastruktur mit den Ausbauprojekten am Kaiserhafen und am Imsumer Deich gerecht."
Zehn Prozent der zuwendungsfähigen Kosten für die Erweiterung der Bahnanlagen am Kaiserhafen werden von EU getragen. Dabei handelt es sich um eine Förderung, mit der der Ausbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) forciert werden soll.
4,3 Kilometer neue Gleise
Wie Robert Howe, technischer Geschäftsführer von bremenports, bei der Einweihung der neuen Bahnanlagen berichtete, haben die Arbeiter in den vergangenen Monaten 4,3 Kilometer neue Gleise verlegt. Drei Einfahrtsgleise wurden auf gesamter Länge elektrifiziert. In einem ersten Schritt hatten die Baufirmen im Süden des Hafenbahnhofs Kaiserhafen Ersatzabstellplätze für bis zu 12 Rangierloks geschaffen.
Howe freute sich darüber, dass die Erweiterungsarbeiten bei laufendem Bahnverkehr stattfinden konnten: "Unsere Planer haben sich eng mit Bahnunternehmen und Rangierbetrieb abgestimmt – deshalb wurden Umschlag und Zugverkehr kaum behindert."
Die Verlängerung und Elektrifizierung der Gleise am Kaiserhafen erleichtere die terminalnahe Ein- und Ausfahrt der Autozüge, sagte Howe. "Der Rangieraufwand wird verringert. Außerdem entlasten wir andere Bahnhofsbereiche der Hafeneisenbahn, vor allem die Vorstellgruppe Imsumer Deich am Rand der Container-Terminals. Sie war zuletzt zu etwa 80 Prozent mit Autozügen belegt."