18.06.2004
Im Anschluss an die heute zu Ende gegangene 75. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister in Bremerhaven stellte Bremens Justizsenator Bürgermeister Dr. Henning Scherf die Ergebnisse der Konferenz vor. Scherf zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der zweitägigen Konferenz, deren Gastgeber er war. Zahlreiche justizpolitisch bedeutsame Themen wurden behandelt und auf den Weg gebracht.
Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeit
Die Justizministerinnen und –minister haben sich dafür ausgesprochen, den Ländern die Möglichkeit zu geben, die derzeit eigenständigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit zusammen zu legen. Dabei soll es auch möglich sein, nur zwei dieser Gerichtsbarkeiten zusammen zu legen. Die Zusammenlegung der Gerichtszweige soll es ermöglichen, unterschiedliche Belastungen der Gerichte auszugleichen. Dies spielt insbesondere bei der Verlagerung von Aufgaben von der Verwaltungs- auf die Sozialgerichtsbarkeit im Zuge der Hartz-Reformen eine wichtige Rolle.
Die Justizministerinnen und –minister folgen mit ihrem Beschluss weitgehend den Empfehlungen, die eine Arbeitsgruppe der Justizstaatssekretärinnen und –sekretäre unter Vorsitz von Baden-Württemberg der Konferenz vorgelegt hatte. Für die neue Regelung bedarf es nun einer Grundgesetzänderung.
Stalking
Die Justizministerinnen und –minister haben sich auf Vorschlag von Frau Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Bremens Justizsenator Bürgermeister Dr. Henning Scherf ausführlich mit dem Thema Stalking befasst. Sie sind sich darüber einig, dass die bestehenden zivil-, polizei- und strafrechtlichen Möglichkeiten zum Schutz von Stalking-Opfern ausgeschöpft werden müssen.
Hessens Justizminister Dr. Christean Wagner kündigte eine Gesetzesinitiative seines Landes an, wodurch das aggressive Nachstellen von Personen als eigener Tatbestand in das Strafgesetzbuch eingeführt werden soll.
DNA
Die Justizministerinnen und –minister hatten auf ihrer 74. Konferenz 2003 in Glücksburg den Strafrechtsausschuss beauftragt, weitere Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse im Strafverfahren zu prüfen. Die Konferenz hat sich auf der Grundlage des nun vorgelegten Berichtes auf folgende Punkte geeinigt:
Der Verzicht auf einen Anlasstatenkatalog soll im Rahmen bereits laufender Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat eingebracht werden. Die noch geltende Regelung sieht vor, dass DNA-Analysen für Zwecke künftiger Strafverfahren nur aus Anlass bestimmter Straftaten durchgeführt werden können, wenn ein Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Gefahr eines Rückfalls besteht. Künftig soll eine Rückfallprognose für die Anordnung eines Gentests ausreichen.
Die Justizministerkonferenz hat sich weiterhin darauf geeinigt zu prüfen, ob eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Massengentests geschaffen werden soll. Mit der Prüfung hat die Konferenz ihren Strafrechtsausschuss beauftragt.
Dieser soll sich ferner mit der Überarbeitung der Vorschriften über die Löschung gespeicherter Daten befassen.
Schließlich soll der Ausschuss der Frage nachgehen, ob in bestimmten Fällen auf den Richtervorbehalt verzichtet werden kann. Denkbar ist, dass künftig die Staatsanwaltschaft ohne Einschaltung eines Gerichts die Untersuchung anonymer Spuren veranlassen kann. Auch in Fällen, in denen Personen freiwillig bereit sind, eine Speichelprobe abzugeben, wird über den Wegfall des Richtervorbehalts nachgedacht.
Rückfalluntersuchung
Bundesjustizministerin Zypries hat auf Initiative Niedersachsens den Ländern zugesagt, künftig eine regelmäßige Rückfallstatistik aus dem Bundeszentralregister vorzulegen, die auch länderspezifische Auswertungen zulassen wird. Damit soll eine Weiterentwicklung der im Februar 2004 erstmals vorgelegten Rückfallstatistik des Bundes erreicht werden. Die länderspezifische Auswertung ist wichtig, damit die Landesjustizverwaltungen den Erfolg ihrer Strafvollzugspolitik an den Rückfallstatistiken messen können.
Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern
Zum Thema Sorgerecht bittet die Konferenz die Bundesministerin der Justiz zu prüfen, ob auch für nicht miteinander verheiratete Eltern, die sich nach dem 1. Juli 1998 getrennt haben, durch gerichtliche Entscheidung ein gemeinsames Sorgerecht ermöglicht werden soll. Für Trennungsfälle vor dem 1. Juli 1998, dem Tag des Inkrafttretens des Kindschaftsrechtsreformgesetzes, hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit bereits in Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geschaffen.