31.05.1999
Ökonomische Kompetenz muss auf zwei Senatsressorts verteilt bleiben
Seit einigen Monaten wird im politischen Raum in immer stärkerem Maße die Diskussion um eine evtl. Zusammenlegung der Ressorts Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel sowie Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Europaangelegenheiten geführt.
Eine solche Diskussion beschäftigt selbstverständlich auch die MitarbeiterInnen der hiervon berührten Ressorts, da unter Umständen die Gefahr besteht, in einer vornehmlich politisch geführten (motivierten) Debatte zu einem solchen Thema sachlich-fachliche Komponenten zu übersehen.
Der Personalrat beim Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel hat sich daher entschlossen, vor dem Hintergrund einer angestrebten Optimierung von Verwaltungs- und Arbeitsstrukturen, eigene Vorstellungen für die Gestaltung eines Verkehrsressorts und eines Wirtschaftsressorts und damit von zwei wesentlichen ökonomischen Ressorts zu entwickeln und diese zur Diskussion zu stellen.
In der eingangs angedeuteten Debatte über die behauptete Notwendigkeit der Zusammenlegung der Senatsressorts "HVA" und "WMTE" wird in Bremen für das Ressort "Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel" - also für das eigentliche "Verkehrs- und Logistik-Ressort" - der allgemein gebräuchliche Ausdruck "Häfen-Ressort" verwendet.
Die Aufgabe "Häfen", die das Ressort wahrnimmt, bezieht sich zwar auf "die Häfen als den größten Arbeitgeber des Landes und zugleich das Kernstück der bremischen Wirtschaft", aber die Aufgabenerfüllung ist nicht so sehr gerichtet auf "sektorale und regionale Wirtschaftsförderung", also auf die eher betriebsbezogene Förderung, sondern auf die Förderung der Häfen in ihrer Gesamtheit als "Glied in den Transportketten", als "Drehscheibe des Verkehrs" oder "Schnittstelle in der globalen Logistik", d.h. letztlich "verkehrsbezogen". Die Unternehmen der "Seehafenverkehrswirtschaft" finden hier ihre direkten Ansprechpartner.
In der jetzt wieder aufkommenden zielgerichteten Diskussion wird der Umstand, daß es sich bei "Häfen" eigentlich um ein "Verkehrs-Ressort" handelt, übersehen und schlicht unterstellt, dass "alle Bestandteile der bremischen Wirtschaft eben zusammengehören".
Ebenso, wie selbst der Bereich "Außenwirtschaft" früher im Ressort Wirtschaft eher eine Außenseiter-Rolle gespielt hat, nicht zuletzt auch, weil es eigentlich den "Außenhandel" fördert, würden "Häfen" und auch "überregionaler Verkehr" im Wirtschaftsressort Fremdkörper sein. Dies wird im übrigen durch die nach den letzten Wahlen erfolgte Ausgliederung dieser Abteilungen aus dem Wirtschaftressort bestätigt.
Die Ansprechstelle des Häfen- / Verkehrs-Ressorts auf Bundesebene ist folgerichtig nur in geringem Maße das Wirtschaftsministerium. Sehr intensive Kontakte bestehen vielmehr zum Bundesverkehrsministerium.
Da die Bremischen Häfen im Gegensatz zu den Konkurrenzhäfen nur ein geringes Loco-Aufkommen haben, ist die Förderung des Außenhandels und die "Lobbyarbeit" eines eigenständigen Verkehrssenators von lebenswichtiger Bedeutung für die bremische Seehafenverkehrswirtschaft.
Vor dem Hintergrund dieser Fakten hatte Bremen mit dem früheren Ressortzuschnitt "Häfen, Schiffahrt und Verkehr" ein nahezu optimal zugeschnittenes "Verkehrsressort". Es fehlten lediglich noch einige Zuständigkeiten aus dem Bereich "Inneres" (bspw. Straßenverkehrsbehörde, Straßenverkehrsrecht) oder aus dem Bereich "Bau" (bspw. Straßenbau, Bundesauftragsverwaltung im Fernstraßenbau).
Nicht zuletzt aus dem Grunde, daß in Bremen ein eigenständiges "Verkehrs-Ressort" eingerichtet war, hatte Bremen stets den ständigen Vorsitz in der Verkehrsministerkonferenz der Länder.
Der Hafen- und Verkehrssenator hatte damit den direkten und schnellen Zugang zum Bundesverkehrsminister und zu den Spitzen der Verkehrsverbände und der Verkehrsträger.
Bevor deshalb die Zusammenlegung von "Wirtschaft" und "Häfen" weiter verfolgt wird sollte nach Auffassung des Personalrates beim Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel darüber nachgedacht werden, wie ein optimales "Verkehrs-Ressort" gestaltet werden kann. Für das im besonderen Maße außenhandelsabhängige Bremen heißt dies konkret : ein hafen- und außenhandelsförderndes Verkehrs-Ressort. Dieses Ressort hätte sich um die Verkehrswege (Hinterlandverkehre!) und alle Verkehrsträger zu kümmern - dazu zählt selbstverständlich auch der Bereich Informatik als moderner Verkehrsträger.
Da die Praxis zeigt, daß die Aufgaben des "überregionalen Verkehrs" und die des "regionalen" bzw. "städtischen" Verkehrs nur schwer voneinander abgetrennt werden können, sollten sinnvollerweise alle verkehrsbezogenen Aufgaben in einem Ressort zusammengefaßt werden - vielleicht mit Ausnahme der eher "polizeilichen" Verkehrsaufgaben, wie Führerschein- und Zulassungsstelle.
Beispielhaft für die angesprochenen Abgrenzungsprobleme können nach Ansicht des Personalrates folgende Punkte angeführt werden:
· ÖPNV als BSAG ist städtisch - ist der Schienen-Personen-Nahverkehr (SPNV) oder der VBN regional oder überregional?
· Bundesstraßen im Stadtgebiet dienen auch dem Stadtverkehr, sind aber im Grunde "überregionale Verkehrsverbindungen".
· Überregionale Verkehrswegeplanung (z.B. A 281) wird innerhalb des Landes Bremen offensichtlich in erster Linie als "regionale" Aufgabe gesehen.
Daraus resultiert, daß wichtige Teile der Verkehrswegeplanung für Hinterlandverkehre (noch) nicht in dem "Verkehrs-Ressort" liegen, oder doppelt bzw. sogar konkurrenzierend bearbeitet werden, so dass hier die eingangs erwähnte Optimierung von Verwaltungs- und Arbeitsstrukturen ansetzen könnte. Die relativ schnelle Ausführung der Außenweservertiefung zeigt dagegen, welche Vorteile es für Bremen bedeutet, wenn sich ein eigenständiger "Verkehrssenator" konzentriert um ein so wichtiges verkehrspolitisches Projekt kümmern kann.
Die Zielsetzung dieses Diskussionsanstoßes des Personalrates beim Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel, alle Verkehrsangelegenheiten in einem Ressort zu vereinigen, berührt zweifellos in besonderem Maße das Ressort "Bau, Verkehr und Stadtentwicklung", dessen Aufgaben größtenteils auf städtischer Ebene und nicht auf der Landesebene liegen. Zu überlegen wäre daher auch, die nicht dem Verkehr zuzurechnenden Aufgabenbereiche auf das (über die Ortsämter) "bürgernah" tätige Ressort Inneres (Bauordnung, Städtebauförderung, Wohnungswesen), das Umweltressort oder das Wirtschaftsressort (Raumordnung, Stadtentwicklung) zu verlagern.
Wegen der globalen Funktion der Bremischen Häfen als internationale Universalhäfen - im Gegensatz zu Binnenhäfen - sowie des internationalen Marketings für die Häfen macht es Sinn, den "Außenhandels-Bereich" in diesem Ressort zu belassen.
Die "kommunalen" Aufgaben eines künftigen Landes-Verkehrs-Ressorts sollten im wesentlichen unterhalb der "ministeriellen Ebene" in einem "Amt für kommunale Verkehrsangelegenheiten" zusammengefaßt werden - neben dem "Amt für Straßen und Verkehr" und dem "Hafenamt" sowie der "Bremischen Hafengesellschaft".
Der Personalrat beim Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel weist an dieser Stelle darauf hin, dass er mit seinen hier dargestellten Überlegungen zur Neuordnung der Verwaltungsaufgaben innerhalb der Senatsressorts zu einer Ergänzung der für eine politisch unerläßliche Diskussion notwendigen Fakten beitragen und diese Diskussion um die Komponente der Optimierung von Strukturen bereichern will.
Nach Auffassung des Personalrates kann eine solche Strukturoptimierung einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Effizienz und damit zum äußeren Erscheinungsbild in der dauerhaften Diskussion um die Selbständigkeit unseres Bundeslandes beitragen.
Das Bundesland Bremen verdankt seine Selbständigkeit nicht zuletzt der nationalen sowie internationalen Funktion und damit der volkswirtschaftlichen Bedeutung seiner Häfen. Insofern ist es zweifellos begründet und bedarf daher der politischen Untermauerung, die besondere Position von Häfen und Verkehr in diesem Bundesland durch eine entsprechende exekutive Funktion, also ein eigenständiges Senatsressort, zu unterstreichen.
Der Personalrat beim Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel ist darüber hinaus der Auffassung, dass es für ein hafen- und außenhandelsorientiertes Bundesland wie Bremen außerordentlich hilfreich ist, wenn in der Landesregierung zwei ökonomisch orientierte Ressorts vertreten sind.