27.09.2004
Senator und bremenports stellen Masterplan vor
Der Bremer Industriehafen ist ein wichtiger Faktor für Wirtschaftskraft und Arbeitsmarkt in der Hansestadt. Das hafenorientierte Industrie- und Gewerbegebiet hinter der Oslebshauser Schleuse hat viele Standortvorteile, sollte seine Chancen im Seeverkehrsmarkt aber offensiver nutzen. Dies ist das Ergebnis eines Masterplans, den die Hafengesellschaft bremenports vorgelegt hat und der am Montag (27. September 2004) von Bremens Bürgermeister Dr. Peter Gloystein und bremenports-Geschäftsführer Jürgen Holtermann vorgestellt wurde.
Der Industriehafen hat nach wie vor erhebliche Bedeutung für die Wirtschaft im Land Bremen. Wirtschafts- und Häfensenator Gloystein: „Trotz des strukturellen Wandels an den bremischen Kajen werden in diesem Hafenteil jährlich etwa 6 Millionen Tonnen Seegüter umgeschlagen. Dort sind derzeit etwa 50 Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten tätig. Als Arbeitgeber und durch ihr Steueraufkommen tragen diese Unternehmen erheblich zur ökonomischen Leistungsfähigkeit Bremens bei.“
Wie Gloystein ergänzte, liefert der Masterplan eine ausführliche Standortanalyse des Industriehafenreviers: „Die etwa 50 Unternehmen sind in den Bereichen Hafenumschlag, Industrie, Gewerbe und Dienstleistung tätig. Es handelt es sich um Firmen, die überwiegend mittelständisch geprägt sind und die mit ihren Produkten und Leistungen weit über den Standort Bremen hinaus wirken.“
Etwa jede achte Tonne, die an den Kajen des Landes Bremen umgeschlagen wird, nimmt ihren Weg über den Industriehafen. Hier wird eine ganze Palette von Seegütern umgeschlagen: Stahl, Stahlprodukte, Holz- und Holzprodukte, Projektladung, Fahrzeug- und Anlagenteile sowie Massengüter wie Mineralöle sowie Bau- und Abfallstoffe wie Schrott). Außerdem profitiert das Kraftwerk Hafen von der Möglichkeit, einen separaten Kohleumschlagplatz zu nutzen. Als Beispiel für Wertschöpfung im Industriehafen nannte Gloystein die Dienstleistungen rund um den Container: „Der Containerumschlag im Land Bremen konzentriert sich heute zu etwa 99 Prozent auf Bremerhaven. Dennoch profitieren davon auch die Betriebe im Industriehafen, zum Beispiel beim Ein- und Auspacken von Containern, bei der Warenbehandlung mit Auszeichnung, Konfektionierung und Montage bis hin zu Dienstleistungen wie Leasing, Reparatur, Reinigung und Disposition der Transportbehälter.“
Gloystein und Holtermann verwiesen darauf, dass der Industriehafen seine Chancen noch besser nutzen müsse. Wörtlich sagte der Senator: „Gemeinsames Ziel von Wirtschaft und Politik muss es sein, die Kapazitäten der Kajen und Flächen besser auszulasten, die Produktivität der Anlagen zu erhöhen und über neues Hafen- und Logistikgeschäft Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen.“ Dies gelte zum Beispiel für den klassischen Umschlag von Seegütern und die damit verbundenen logistischen Dienstleistungen. Potenzial sieht der Senator beim Umschlag von Containern, die per Binnenschiff nach Bremerhaven gefeedert werden oder von dort in den Industriehafen gelangen, aber auch bei Eisen-, Stahl- und Forstprodukten.
„Fast jede zweite in Bremen-Stadt umgeschlagene Tonne nimmt ihren Weg über die Kajen des Industriehafens“, ergänzte Holtermann. Trotz der im Vergleich zu anderen Hafenteilen höheren Loco-Quote müsse der Industriehafen immer neu um Ladung und Kunden kämpfen: „Der Wettbewerb ist gerade beim konventionellen Stückgut äußerst hart. Als Mitbewerber treten nicht nur Standorte wie Brake, Nordenham und Hamburg an, sondern auch Antwerpen, Europas größter Hafen für den Umschlag von traditionellem Stückgut.“
Gute Hinterlandanbindung durch Straße und Schiene
Als klassischen Standortvorteil des Industriehafenreviers nannten Gloystein und Holtermann die leistungsfähige Infrastruktur und die gute Hinterlandanbindung. Nach der Vertiefung der 249 Meter langen und 47 Meter breiten Oslebshauser Schleuse können heute mit jedem Hochwasser insgesamt vier Schiffe der so genannten Panmax-Klasse geschleust werden. Prinzipiell stehen im Industriehafen 10 Meter Wassertiefe zur Verfügung. Dies ermöglicht Schiffstiefgänge von bis zu 9,45 Meter.
Im Bereich Straße könne man ebenfalls von einer akzeptablen Infrastruktur sprechen. Holtermann: „Durch den Ausbau der Hafenrandstraße – zweispurig in beide Fahrtrichtungen – ist der Industriehafen inzwischen besser zu erreichen.“ Über die A 281 und die A 27 sowie die A 1 und die A 28 sei der Standort gut an das europäische Autobahnnetz angebunden. Auch das Schienennetz entspricht den Anforderungen. Holtermann: „Ein großer Teil der nationalen und europäischen Wirtschaftszentren kann in kurzer Zeit erreicht werden.“ Die innere Erschließung des Areals erfolgt über etwa 60 Kilometer öffentliche Gleisanlagen und weitere Privatanschlussgleise.
Als Standortvorteil werteten Gloystein und Holtermann auch den hohen Anteil an Loco-Verkehren. Bei den im Industriehafen umgeschlagenen Mengen handle es sich teilweise um wertschöpfungsintensive Ladung aus oder für Bremen und Umgebung. Holtermann: „Diese Ladung wird entweder vor Ort produziert – siehe Stahlwerke Bremen – oder im Hafen und seinem direkten Hinterland verbraucht – siehe Kraftwerk Hafen.“
Die mittelständisch geprägten Firmen im Industriehafen seien leistungsfähig, sagte Holtermann. „Sie halten die gesamte Angebotspalette bereit – vom zuverlässigen Umschlag praktisch aller Seegüterarten bis hin zu den wertschöpfungsintensiven logistischen Dienstleistungen.“ Senator Gloystein erinnerte daran, dass sich ein hoher Anteil der Flächen im Industriehafen in privatem Besitz befindet. Die weitere Optimierung des Industriehafenareals könne nicht ausschließlich die Aufgabe der öffentlichen Hand sein: „Wesentliche Impulse müssen von den Grundstückseigentümern bzw. den auf den Flächen wirtschaftlich tätigen Firmen kommen.“ Für die weitere Entwicklung des Industriehafens sieht der Masterplan Chancen durch zunehmende Rohstoffimporte, aber auch durch Verkehrsverlagerungen als Folge der deutschen Lkw-Maut, die zu mehr Transporten auf dem Wasser führen könnte. Entwicklungsmöglichkeiten gebe es außerdem im Bereich der kombinierten und Kurzstreckenseeverkehre. Ein am Bedarf orientierter Ausbau von privaten Kajen im Industriehafen und die Schaffung spezieller Umschlageinrichtungen könnten für eine weitere Belebung des Hafenreviers sorgen.
Als Schwächen definiert der Masterplan unter anderem die Fahrwasserrestriktionen im Bereich von Unter- und Mittelweser. Außerdem seien Teile des Industriehafen-Gebiets nicht oder nur eingeschränkt für den Umschlag nutzbar. Defizite bei der Vermarktung des Hafenreviers werden ebenfalls geltend gemacht. Darüber hinaus enthält der Masterplan diverse Vorschläge für eine Optimierung des Industriehafens. Zu prüfen sei zum Beispiel, ob es Sinn macht, einzelne Bereiche des Hafens in Zusammenarbeit mit den Firmen zu vertiefen und damit die Umschlagmengen zu erhöhen.
Für vordringlich hält bremenports die Vertiefung der Unterweser-Fahrrinne um etwa einen Meter. Holtermann: „Sie bleibt unverzichtbar, damit die Häfen in Bremen-Stadt besser von großen Seeschiffe erreicht werden können.“ Außerdem müssten die stadtbremischen Häfen für die Binnenschifffahrt noch attraktiver werden. Die von Bremen beantragte und im Bundesverkehrswegeplan verankerte Anpassung der Mittelweser für den Verkehr von Großmotorgüterschiffen – inklusive der Schleusenneubauten in Dörverden und Minden – sei für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts unbedingt erforderlich.
Darüber hinaus sprechen sich die Autoren des Masterplans dafür aus, Flächenzuordnungen im Industriehafen zu optimieren. Dort gibt es mit dem Mobil-Oil-Gelände und dem Louis-Krages-Gelände zwei größere zusammenhängende Flächen, die aus Sicht von bremenports auf eine stärkere hafenwirtschaftliche Nutzung vorbereitet werden müssen. Darüber hinaus haben die Industriehafen-Anlieger damit begonnen, Außendarstellung und Marketing für das Hafengebiet zu verbessern.
Masterplanung im Dialog mit der Hafenwirtschaft
Der von bremenports vorgelegte Masterplan zeige die neue Flexibilität der privatisierten Hafenverwaltung, sagte Gloystein: „Die Hafengesellschaft bremenports fühlt sich als Dienstleister der Wirtschaft verpflichtet. Bei der Masterplanung arbeiten unsere Hafenentwickler deshalb eng mit den betroffenen Unternehmen zusammen.“ Auch der Masterplan Industriehafen entstand in ausgiebigen Gesprächen mit der hafennahen und logistikorientierten Wirtschaft.
Laut Holtermann ist bremenports vom Senator für Wirtschaft und Häfen inzwischen beauftragt worden, einen weiteren Masterplan zu erarbeiten. Dabei sollen die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Hafen- und Logistikzentrums links der Weser analysiert werden. Holtermann: „Dabei werden wir nicht nur die Situation im direkten Bereich von Kajen und Hafenflächen untersuchen. Die Aufgabe geht weit darüber hinaus, weil auch die Entwicklung der angrenzenden Bereiche beschrieben und bewertet werden soll. Der Untersuchungsraum reicht bis hin zum Güterverkehrszentrum.“