Das Bremische Jahrbuch 2015 ist soeben erschienen. Es wird vom Staatsarchiv Bremen in Verbindung mit der Historischen Gesellschaft Bremen herausgegeben und ist Bremens älteste, noch existierende Zeitschrift. Es erscheint seit 1863.
Der neue Band bietet in gewohnt solider Qualität eine breite thematische Fächerung vom Mittelalter bis zur Zeitgeschichte:
Den Auftakt macht ein Beitrag von Konrad Elmshäuser zum Wiener Kongress vor 200 Jahren. Johann Smidt war 1815 als Bremer Gesandter mit seiner Familie nach Wien gereist, anhand seiner Reisepapiere werden die Umstände seiner Hin- und Rückreise untersucht.
Entstehung, Niedergang und Lokalisierung von zwei mittelalterlichen Burgen im Raum Bremen-Nord schildert Hans Georg Trüper in seinem Aufsatz zu den Burgen "Witteburg" und "Versfleth", die bislang im Raum Farge lokalisiert wurden.
Adolf E. Hofmeister analysiert das Testament eines Bremer Shetlandfahrers, des Kaufmanns Cordt Folkers, aus dem Jahr 1543, das wichtige Rückschlüsse auf den frühen Bremer Handel mit den Shetland-Inseln zulässt. Thomas Elsmann erinnert mit einem Aufsatz zu den Gelegenheitsdichtungen von Joachim Neander an diesen wichtigen bremischen Dichter und Liedautor. Einem Thema mit hochaktuellem Hintergrund widmet sich Hartmut Müller. Unter der Überschrift "Emigrés bienvenues?" fragt er nach dem Verhältnis von Toleranz und Staatsraison am Beispiel der französischen Flüchtlinge, die in Bremen nach der französischen Revolution Zuflucht suchten.
Die Geschichte des Bremer Fechtsports und die Anfänge des organisierten Sports und seine Vereine und Clubs in Bremen nimmt Klaus Dirschauer in den Blick. Eine sehr viel größere Rolle als das Fechten spielt noch heute das Radfahren – nicht nur als Sport. Seinen Anfängen in Bremen vor dem Ersten Weltkrieg hat Florian Nikolaus Reiß eine umfangreiche Untersuchung gewidmet – mit spannenden Ergebnissen zur Sozial- und Verkehrsgeschichte bis hin zur Entdeckung der wohl ältesten Radwege Deutschlands.
Kriegsbegeisterung, aber auch Kriegskritik im Spannungsverhältnis zwischen christlicher Botschaft und Amtskirche hat Andrea Hauser in ihrer Studie zur Rolle der evangelischen Kirche Bremen im Ersten Weltkrieg untersucht.
Unter dem Titel "Der gute Deutsche" stellt Hans Kirchhoff die wichtige Rolle des gebürtigen Bremers Georg Ferdinand Duckwitz bei der Rettung der dänischen Juden während der deutschen Besatzung Dänemarks dar. Nach den transatlantischen Beziehungen Bremens in der Nachkriegszeit und nach dem Erbe von Wilhelm Kaisen im Verhältnis Bremens zu Amerika fragt Jan Logemann in einem weiteren Beitrag.
Kleinere Beiträge gelten kurhannoverschen Amtsjuristen am Domshof, die Hans-Cord Sarnighausen erforschte, der Ölmühle vor dem Stephanitor, die von Dieter Bischop archäologisch untersucht wurde, und den Nachlässen von Hans Werner Rothe und Imanuel Geiss, die Brigitta Nimz und Jörn Brinkhus vorstellen.
Natürlich fehlt auch 2015 der Rezensionsteil mit wichtigen Neuerscheinungen zur bremischen Landesgeschichte nicht, weitere Titel und aktuelle Forschungen werden angezeigt. Das Jahrbuch ist im Staatsarchiv und über den Buchhandel erhältlich.
BREMISCHES JAHRBUCH. Band 94 (2015)
Selbstverlag des Staatsarchivs Bremen. 312 Seiten
Ladenpreis 28 Euro. ISBN 978-3-925729-76-8
Fotos: Staatsarchiv Bremen