"Es bleibt politisch ein Skandal und für die Versorgung Schwangerer eine Katastrophe, dass der Berufsstand der Hebammen seit nunmehr Jahren in größter Bedrängnis ist", erklärt Bärbel Reimann, stellvertretende Landesfrauenbeauftragte, aus Anlass des morgen (5. Mai) stattfindenden Internationalen Hebammentages, und ruft zur Unterstützung der Kampagne www.unsere-hebammen.de des Deutschen Hebammenverbands (DHV) auf.
"Werdende Mütter haben heute vielfach schon keine Wahl mehr, wie und wo sie ihr Kind zur Welt bringen", so Reimann weiter, "das liegt zum einen daran, dass viele freiberufliche Hebammen aufgrund massiv gestiegener und weiter steigender Haftpflichtprämien die Geburtshilfe aufgegeben haben. Zum anderen führen Arbeitsverdichtung und die Schließung kleinerer Geburtshilfestationen in Kliniken zu umso höherem Druck und Engpässen, sodass es leider mehr als einmal passiert ist, dass Schwangere kurz vor der Geburt von Kreißsälen abgewiesen werden müssen. Weite Wege bis zum nächsten Kreißsaal kalkulieren viele werdende Mütter und Väter heute ohnehin schon ein. Diese Mangel-Zustände konterkarieren den Anspruch einer selbstbestimmten und sicher betreuten Geburt und führen zu nichts anderem als einer Entmündigung werdender Eltern, die keine Wahlfreiheit mehr haben, wie ihr Kind zur Welt kommen soll. Hebammen brauchen öffentliche Parteinahme und Unterstützung. Deshalb wünsche ich mir, dass die Kampagne des Deutschen Hebammenverbands möglichst große Resonanz erfährt."
Von 2002 bis 2015 haben sich die Haftpflichtversicherungsprämien mehr als verzehnfacht. Inzwischen muss eine Hebamme, die freiberuflich Geburtshilfe anbietet, über 6.200 Euro nur für ihre Berufshaftpflichtversicherung bezahlen. Ab Juni soll die Prämie noch einmal auf über 6.800 Euro angehoben werden. Hintergrund ist der hohe Anstieg von Ausgaben für schwere Geburtsschäden (laut Verband der Deutschen Versicherer um fast 80 Prozent von 2003 bis 2012) und eine verlängerte Haftungsdauer. Auch ein so genannter Sicherstellungszuschlag der Krankenkassen für freiberufliche Hebammen zur Abfederung der hohen Haftpflichtprämien ist laut DHV nicht ausreichend und die Antragsstellung zudem schwierig gestaltet, sodass die finanzielle Not freiberuflicher Geburtshelferinnen unverändert fortbesteht. Hebammen, die sich auf Schwangerschafts- und Wochenbettbegleitung konzentrieren und keine Geburtshilfe leisten, haben wesentlich geringere Haftpflichtprämien zu zahlen.