07.12.2009
„Nach vielen Jahren des Booms mit ständig neuen Rekorden beim Seegüterumschlag haben die bremischen Häfen im Jahr 2009 die internationale Wirtschaftskrise massiv zu spüren bekommen.“ Mit diesen Worten hat Bremens Senator für Wirtschaft und Häfen, Ralf Nagel, am Montag (7. Dezember 2009) in der Hansestadt Bilanz gezogen. Wie Nagel mitteilte, können die Zwillingshäfen im zu Ende gehenden Jahr mit einem Gesamtumschlag von etwa 62,0 Millionen Tonnen rechnen – gegenüber 2008 (74,5 Millionen Tonnen) ein Rückgang um 16,8 Prozent. Am Standort Bremerhaven erwartet der Senator für 2009 insgesamt 51,0 Millionen Tonnen, etwa 15 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Für Bremen-Stadt sagt die Prognose rund 11,0 Millionen Tonnen voraus. Dies wären etwa 25 Prozent weniger als 2008.
Containerumschlag etwa auf dem Niveau von 2006
Beim Containerumschlag der bremischen Häfen, der sich zu mehr als 99 Prozent auf den Standort Bremerhaven konzentriert, geht die Prognose von einem Umschlag von rund 4,5 Millionen TEU aus – etwa 17 Prozent weniger als 2008 (5,4 Millionen TEU). Krisenbedingt wurden vor allem im ersten Halbjahr deutlich weniger Transportbehälter umgeschlagen. Als positiv wertete Nagel, dass der Containerumschlag im Jahresverlauf dann deutlich anstieg und im Oktober 2009 mit 420.293 TEU das beste Monatsergebnis erreichte. Gegenüber Februar 2009, als mit 327.524 TEU das niedrigste Monatsergebnis des Jahres zu verzeichnen war, gingen an der Wesermündung damit etwa 93.000 TEU (+28%) mehr über die Kajen. Das Umschlagsniveau liege 2009 deutlich unter den Werten des Vorjahres und etwas höher als 2006, ergänzte der Senator. Trotz der aktuellen Rückgänge werde Bremerhaven seine Position als viertgrößter europäischer Containerhafen auch in diesem Jahr sicher behaupten, sagte Nagel.
Erheblicher Rückgang bei konventionellem Stückgut und Massengut
Der Umschlag der nicht in Containern gestauten Stückgüter und des Massenguts ging an beiden Standorten stärker zurück als der Containerumschlag. Bei der klassischen Stückgutladung (inklusive Automobile) wird für 2009 eine Umschlagsleistung von rund 6,6 Millionen Tonnen erwartet, etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr.
Beim Automobilumschlag in Bremerhaven machten sich erhebliche Absatzrückgänge deutscher Hersteller in Übersee – zum Beispiel in den USA – negativ bemerkbar. Trotz einer leichten Erholung im Herbst geht die Prognose des Senators für Wirtschaft und Häfen für 2009 von einem drastischen Rückgang um etwa 40 Prozent auf rund 1,2 Millionen Einheiten aus. 2008 waren etwas über 2 Millionen Fahrzeuge umgeschlagen worden.
Im Segment Massengut (7,8 Millionen Tonnen, minus 17,9 Prozent), das sich weitgehend auf den Standort Bremen-Stadt konzentriert, gab es 2009 erhebliche krisenbedingte Rückgänge beim Umschlag der Montangüter Eisen, Erze und Kohle. Hier wirkte sich belastend aus, dass ein Hochofen der Hütte in Bremen nach einer längeren Unterbrechung erst im Sommer 2009 wieder in Betrieb genommen wurde.
Eine unvermeidbare Folge des Auftragsrückgangs sei es gewesen, dass damit auch der Abbau von Arbeitsplätzen im Hafen einhergegangen sei. Nagel würdigte dabei ausdrücklich, dass die Umschlagsunternehmen bislang sehr verantwortlich mit der schwierigen Situation umgegangen seien. So sei es gelungen, die Stammbelegschaften zu halten. Es müssten auch künftig alle arbeitsmarkt- und tariflichen Möglichkeiten genutzt werden, um dieses gemeinsame Ziel von Arbeitnehmervertretern und Unternehmensleitungen auch im kommenden Jahr zu erreichen.
„Wir können davon ausgehen, dass der Tiefpunkt erreicht ist und es langsam wieder aufwärts geht. Aber die Auswirkungen der weltweiten Krise werden Europas große Seehäfen und die Schifffahrt auch 2010 belasten“, so Nagel. Er erinnerte daran, dass derzeit etwa 500 Containerschiffe ohne Beschäftigung aufliegen und die Reedereien mit massiven Verlusten konfrontiert sind. Als „kleinen Lichtblick“ wertete der Senator die jüngste Prognose des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), die für 2010 national eine leichte Zunahme des Umschlags um 3 Prozent auf 273 Millionen Tonnen vorhersagt.
„Die Krise – eine Chance zum Handeln“
Die Krise, so Nagel, sei auch eine Chance zum Handeln. Der Senator forderte den Bund auf, seinen Verpflichtungen beim Ausbau der Anbindungen im Hinterland der deutschen Seehäfen konsequent nachzukommen. Ein Schwerpunkt sei dabei das Schienennetz im Norden: „Es ist gut, dass der Bundesverkehrsminister inzwischen die Planungsmittel für die Y-Trasse freigegeben und damit entstandene Irritationen beseitigt hat.“ Nagel wertete dies auch als Erfolg einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Norddeutschen Ländern. „Es ist in Berlin angekommen, dass wir im Norden für unsere Häfen gemeinsam antreten.“
Für das kommende Jahr stehe zudem die die Vertiefung der Außenweser-Fahrrinne um etwa einen Meter auf der Tagesordnung, auf die der Containerhafen Bremerhaven angewiesen sei. Man gehe davon aus, dass der Planfeststellungsbeschluss für die Anpassung im kommenden Jahr erteilt werde und der Ausbau dann zügig vorgenommen werden könne.
Die Freie Hansestadt Bremen selbst habe mit dem inzwischen beendeten Ausbau ihrer Containeranlagen wichtige Vorleistungen für die Export- und Außenhandelsnation Deutschland erbracht, sagte Nagel. Mit dem Container-Terminal 4 und der neuen Kaiserschleuse, die in Bremerhaven derzeit Gestalt annimmt und Ende 2010 den Betrieb aufnehmen wird, sei der Hafenstandort gut auf das künftige Wachstum von Seeverkehr und Umschlag vorbereitet.
Zu den Anlaufkosten für die Häfen hob der Senator hervor, dass Bremen sich hier bislang gut aufgestellt sehe. Um die bremische Position im Wettbewerb weiter zu stärken, kündigte der Senator ein Krisenreaktionsprogramm mit fünf Punkten an: Nagel kündigte für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Hafengebühren an. Zudem würden die Flächenentgelte im kommenden Jahr eingefroren. Auch bei den Lotsgebühren für Hafenlotsen werde es keine Erhöhungen geben. Für die Seelotsen sei Bremen in intensiven Gesprächen mit dem Bund, um hier ebenfalls eine Nullrunde zu erreichen. Darüber hinaus werde der Spielraum für Gebührenermäßigungen konsequent ausgenutzt. Nagel: „Mit diesen Maßnahmen kommen wir den Unternehmen entgegen.“