Gute Bildung von Anfang an – Podiumsdiskussion zur Zukunftskommission 2035
22.06.2018„Gute Bildung von Anfang an“ – die zweite Veranstaltung des Bremer Senats zur Zukunftskommission 2035 lockte rund 70 Besucherinnen und Besucher in die Wilhelm-Kaisen-Oberschule (WKO).
Bürgermeisterin Karoline Linnert übernahm das Eingangs-Statement: „Ausgangspunkt für die Zukunftskommission war, dass es Bremen nach sehr langer Zeit gelungen ist, sich aus einer ausweglosen Finanzlage herauszuarbeiten. Das heißt zwar nicht, dass das Geld jetzt von den Bäumen tropft, dass wir aber aufgrund der guten Verhandlungen in Berlin und des harten Sanierungswegs etwas Luft bekommen, um mehr Geld auszugeben. Ab 2020 stehen etwa 400 Millionen mehr im Haushalt zur Verfügung als jetzt. Wir stellen uns vor, dass ungefähr die Hälfte in den Gebäudebestand und in Neubauten investiert wird und die andere Hälfte in Strukturverbesserungen fließt. Bildung wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Dabei geht es unter anderem um die Fragen, ob die Ausstattung mit Personal und dessen Bezahlung so gut ist, wie in vergleichbaren Bundesländern. Auch die Kitabeitragsfreiheit wird etwas kosten“, so die Bürgermeisterin. Schon jetzt sind ca. 55 Prozent der Eltern von KiTa-Kindern von den Beiträgen befreit.
Linnert betonte zudem, dass im politischen Raum Konsens darüber bestehe, die frühkindliche und die schulische Bildung inklusive Berufsbildung mit mehr Geld auszustatten. Es habe sich aber auch schon einiges getan. „Der Etat für das Ressort Kinder und Bildung ist von 2017 auf 2018 um 100 Millionen Euro gestiegen. Für Kita-Bauten sind im Jahr 2018 20,9 Millionen Euro und 2019 24,3 Millionen Euro eingeplant.“ In dem Doppelhaushalt stünden zudem insgesamt 57,5 Millionen Euro für Schulbauten und 50 Millionen Euro für Gebäudesanierungen zur Verfügung.
Auf dem Podium diskutierten Dr. Claudia Bogedan, Senatorin für Kinder und Bildung, Pierre Hansen, Zentralelternbeirat (ZEB), Peer Rosenthal, Arbeitnehmerkammer Bremen, Hans-Martin Utz, Leiter der Gesamtschule Ost (GSO) und Stefan Kunold, Koordinator Quartiersbildungszentrum Blockdiek.
„Gute Bildung von Anfang an – das ist nicht nur ein Slogan. Wir wollen Bildung durchgängig gestalten, wollen Anreize bieten, sich anzustrengen und es spürbar machen, dass es sich lohnt zu arbeiten. Das heißt auch, dass es ein realistisches Ziel geben muss, aufsteigen zu können. Unser besonderer Blick gilt den Kindern, die nicht die leichtesten Bedingungen von Zuhause mitbekommen, weil der Geldbeutel zu klein ist oder quälende Probleme wie Erwerbslosigkeit die Familien belasten. Wir wollen deshalb Ungleiches auch ungleich behandeln. Wir steuern schon jetzt zusätzliche Ressourcen insbesondere dorthin, wo die Not am größten ist. Das wird mit uns auch in Zukunft so sein. Zur Perspektive gehört auch ein Bildungssystem, das mit den berufsbildenden Schulen einen gelingenden Übergang in den Arbeitsmarkt bietet. Wer in dieser Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben führen möchte, der muss in Arbeit sein“, sagte Bogedan. Die Bildungssenatorin ging auch auf den notwendigen lokalen Bezug und die Stadtteilöffnung der Schulen ein. Der Sozialraum gehöre dazu, Kooperationen mit außerschulischen Institutionen, Vereinen und Initiativen ebenfalls.
Dem konnte Schulleiter Hans-Martin Utz nur beipflichten: „Es ist schön, wie Nachbarschaften wachsen und sich damit auch der Horizont der Kinder stark erweitert. Wenn sich Schulen einen Schwerpunkt geben, wie wir mit unserem kulturellen, dann geht es nicht um tolle Musikpreise, sondern vor allem um den Transfereffekt. Es geht darum, dass Kindern Möglichkeiten eröffnet werden, die sie sonst nicht hätten. Sie sollen teilhaben. Die Beziehungsarbeit mit Kindern und die Teamarbeit im Kollegium ist bei uns besonders wichtig. Das soll auch in Zukunft so sein.“
Quartiersbildungsmanager Stefan Kunold kommentierte die Situation mit gleicher Intention aber aus einem anderen Blickwinkel. Der Zusammenhalt der Institutionen in Blockdiek sei sehr groß. Dennoch: „Ich werde immer gefragt: Sind die Menschen bildungsfern? Ich sage, die Bildungseinrichtungen sind eher fern von den Menschen. Da muss ganz viel Kontakt aufgebaut werden. Das tun wir und haben uns deshalb in unserem umfassenden Netzwerk zusammengefunden. Damit mehr Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und weitere Menschen dieses Netzwerkes häufiger zusammenkommen können, wünschen wir uns mehr Doppelbesetzungen und mehr Zeit.“
Pierre Hansen, ZEB-Sprecher und Teilnehmer der Zukunftskommission, unterstrich einen zentralen Punkt dieses Gremiums: „Wir sind auf einem guten Weg, wir brauchen aber mehr Ressourcen. Wir sollten versuchen, die Bildungsausgaben auf das Niveau von Hamburg und Berlin anzuheben. Das geht nicht sofort und vielleicht auch nicht vollständig, aber Schritt für Schritt. Ich hätte 2035 gerne die Situation, dass Eltern ihre Kinder bewusst auf eine Oberschule schicken und nicht quer durch die Stadt in ein Gymnasium, weil das die gefühlt bessere Schule ist. Gleiches gilt für Schulen in freier Trägerschaft. Ich möchte, dass diese Schulen wegen ihrer Konzepte gewählt werden und nicht, weil die Angst besteht – ob berechtigt oder unberechtigt-, dass das öffentliche Schulsystem nicht gut genug sei. Wir sind aber schon ein kleines Stück gegangen auf einem Weg der strukturellen Verbesserung.“
Auf die Forderung aus dem Publikum, dass bauliche Abläufe dringend beschleunigt werden müssten, erwiderte Bogedan: „Ja, wir müssen schneller werden. Aber das geht nicht immer. Wir können geltendes Recht nicht aushebeln. Die vielen Um- und Neubauten bieten aber auch Riesenchancen für den Umbau der Bildungslandschaft. Sie bieten die sehr seltene Möglichkeit, gleich neben die Oberschule eine Grundschule und auch eine Kita zu bauen und einen Campus einzurichten. Uns ist bewusst, dass wir das vor uns liegende riesige Bauprogramm nicht mit den bisherigen eingeübten Verfahren bewältigen können. Gemeinsam arbeiten wir im Senat an Verbesserungen.“ Ebenfalls gewünscht wurden Doppelbesetzungen, Schulsozialarbeit, einen besseren Blick auf Schulen in freier Trägerschaft, mehr familienorientierte Einrichtungen wie Quartiersbildungszentren und sanierte Schulgebäude.
Gemeinsam mit Senatorin Bogedan brach Peer Rosenthal eine Lanze für die berufliche Bildung. „Es gibt dazu viele gute Ideen in der Zukunftskommission, beispielsweise, die Berufsschulen auch vermehrt zu Campusschulen zu entwickeln und die Infrastruktur begleitend gut auszustatten. Dazu braucht es auch Wohnmöglichkeiten für Auszubildende. Was ebenfalls dazu gehört, ist die Möglichkeit allgemeine Schulabschlüsse nachzuholen oder höhere zu erreichen. Wir brauchen dafür Instrumente, wie Schulsozialarbeit und Sprachförderung, mit denen wir besser auf die Heterogenität der Schülerschaft eingehen können“, so Rosenthal.
Schulleiter Oliver Seipke, Hausherr der WKO, hatte in der Begrüßung seine Idee von der Campus-Schule vorgestellt. Sein Traum von der Kita bis zur Oberstufe verwirklicht sich schon schrittweise. Zumindest, was die neue Grundschule Helene Kaisen und die Kita betrifft. Eine enge Zusammenarbeit findet schon statt, eine noch engere Verzahnung ist geplant. „Wir haben hier viele Möglichkeiten und wollen sie für die Kinder und Jugendlichen nutzen“, so Seipke.
Achtung Redaktionen:
Die Pressestelle des Senats bietet Ihnen die Fotos zu dieser Mitteilung zur honorarfreien Veröffentlichung an. Fotos: Pressereferat, Die Senatorin für Kinder und Bildung
Foto-Download 1 (jpg, 1.5 MB)
Bürgermeisterin Karoline Linnert
Foto-Download 2 (jpg, 1.7 MB)
Senatorin Claudia Bogedan
Foto-Download 3 (jpg, 1.6 MB)
Podium
Foto-Download 4 (jpg, 1.7 MB)
Bogedan, Rosenthal, Kunold
Foto-Download 5 (jpg, 1.2 MB)
Hans-Martin Utz
Foto-Download 6 (jpg, 1.2 MB)
Pierre Hansen