Das Statistische Landesamt Bremen teilt mit:
Am kommenden Wochenende finden in Bremen die Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung statt. Die statistischen Ämter der Länder haben sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt und die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre in den 16 deutschen Ländern anhand statistischer Daten und Fakten unter die Lupe genommen. „Im Fokus dieser Publikation steht nicht die Frage, was Ost und West unterscheidet, sondern wie sich die Lebensverhältnisse im wiedervereinigten Deutschland entwickelt haben“, so der Präsident des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz, das die Federführung für das Gemeinschaftsprojekt hatte. Entstanden ist die Veröffentlichung „Von Bevölkerung bis Wahlen – 20 Jahre Deutsche Einheit in der Statistik“. Darin sind Daten aus dem breiten Themenspektrum der amtlichen Statistik in übersichtlichen Grafiken und anschaulichen Karten aufbereitet und in kurzen Texten kommentiert.
Bevölkerungsverluste nicht nur in den neuen Bundesländern
Hohe Abwanderung und kräftige Geburtenrückgänge führten vor allem in den 90er-Jahren in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen zu einer deutlichen Verringerung der Einwohnerzahlen. In diesen Ländern ist die Bevölkerungszahl heute zwischen zehn und 16 Prozent kleiner als vor 20 Jahren. Aber nicht alle neuen Länder haben so hohe Bevölkerungsverluste erlitten: Brandenburg konnte mit einem Rückgang um weniger als ein Prozent seine Bevölkerungszahl nahezu stabil halten. Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein profitierten Anfang der 90er-Jahre am stärksten von Zuwanderungen. Die Bevölkerungszahlen dieser Länder legten seit der Wiedervereinigung zwischen sieben und acht Prozent zu. Nicht alle alten Länder verzeichneten steigende Einwohnerzahlen: In Bremen und im Saarland sanken die Bevölkerungszahlen seit der Wiedervereinigung (minus 3,2 Prozent bzw. minus 4,3 Prozent).
In allen Bundesländern immer mehr alte Menschen
In allen Bundesländern ist die demografische Alterung spürbar. In den neuen Ländern ist dieser Effekt jedoch stärker. Zu Beginn der 1990er-Jahre war der Anteil der jungen Menschen dort vergleichsweise hoch, in der Folgezeit sind aber besonders viele junge Menschen aus den neuen Ländern abgewandert. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise sank der Anteil junger Menschen unter 20 Jahren von über 27 Prozent im Jahr 1991 auf nur noch 16 Prozent im Jahr 2008. Zugleich verdoppelte sich der Anteil der Älteren ab 65 Jahren von elf auf 22 Prozent. Im Vergleich dazu fällt die Veränderung der Altersstruktur in Bremen moderat aus, der Anteil der unter 20-Jährigen ist um einen Prozentpunkt gesunken, der der über 65-Jährigen um vier Prozentpunkte gestiegen.
Auch der kräftige Einbruch der Geburtenrate als Folge der enormen sozialen und wirtschaftlichen Umbrüche nach der Wende hat zur stärkeren Alterung der Gesellschaft in den neuen Ländern beigetragen. Mittlerweile haben die neuen Länder aber wieder aufgeholt: Hinsichtlich der Geburtenrate ist 20 Jahre nach der Wiedervereinigung kein Unterschied mehr zwischen den alten und den neuen Bundesländern festzustellen.
Eine deutliche Ost-West-Teilung zeigt sich beim Anteil der Kinder, die nicht ehelich geboren werden. Während in den neuen Ländern schon seit dem Jahr 2000 mehr Kinder außerhalb einer Ehe geboren werden als innerhalb, liegt dieser Anteil in den alten Bundesländern bei lediglich etwa einem Viertel. Am höchsten ist der Anteil der außerehelich Geborenen in der Stadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern mit 72 Prozent, am niedrigsten im Kreis Böblingen in Baden-Württemberg mit 16 Prozent. In Rheinland-Pfalz wird jedes vierte Kind unehelich geboren.
Hohes Wirtschaftswachstum in den neuen Ländern
Zwischen 1991 und 2009 stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im wiedervereinigten Deutschland um 23 Prozent. Aufgrund des geringen Ausgangsniveaus und des Aufholprozesses waren die Wachstumsraten in den neuen Ländern in den 1990er-Jahren besonders hoch. In den neuen Bundesländern legte der Wert der produzierten Waren und Dienstleistungen mit 77 Prozent deutlich stärker zu als in den alten Ländern (plus 19 Prozent; jeweils ohne Berlin). Das stärkste Wachstum verzeichnete in dieser Zeit Thüringen; hier hat sich das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt nahezu verdoppelt. Insgesamt hat sich der Anteil der neuen Länder am deutschen Bruttoinlandsprodukt im Betrachtungszeitraum von sieben auf knapp zwölf Prozent erhöht. In Bremen betrug das Wirtschaftswachstum in dieser Zeit 16 Prozent.
Kräftiger Rückgang der Zahl der Arbeitsplätze in den neuen Ländern
In Deutschland gab es im Jahr 2009 insgesamt knapp 40,3 Millionen Erwerbstätige, das waren 1,64 Millionen bzw. 4,3 Prozent mehr als 1991. Die Entwicklung in den Ländern verlief jedoch sehr unterschiedlich. Während Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern mit jeweils etwa elf Prozent deutliche Zuwächse verzeichnen konnten, sank die Zahl der Erwerbstätigen in Sachsen-Anhalt (minus 21 Prozent) und Thüringen (minus 17 Prozent) stark. Zusammengefasst verloren die neuen Bundesländer als Folge des enormen Strukturumbruchs seit 1991 etwa eine Million Arbeitsplätze, in den alten Ländern (jeweils ohne Berlin) kamen bis 2009 dagegen knapp 2,7 Millionen Arbeitsplätze hinzu. Heute befinden sich – bei einem Bevölkerungsanteil von 16,5 Prozent – 14 Prozent aller Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern. Im Jahr 1991 waren es noch 18 Prozent, der Bevölkerungsanteil lag bei 18,9 Prozent.
Arbeitsproduktivität in den neuen Ländern deutlich stärker gestiegen als in den alten
Die Arbeitsproduktivität, gemessen als Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen, ist seit 1991 in allen Ländern beträchtlich gestiegen. Besonders kräftig war der Anstieg in den fünf neuen Ländern; dort hat sich die Arbeitsproduktivität in etwa verdreifacht. In den alten Bundesländern waren die Produktivitätszuwächse moderater, sie lagen zwischen 26 Prozent in Rheinland-Pfalz und 50 Prozent in Bremen.
Arbeitslosenquote in allen Ländern gesunken
Im Jahr 2009 lag die Arbeitslosenquote, also die Zahl der Arbeitslosen bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen, in Deutschland bei 8,2 Prozent. Am niedrigsten war sie in Bayern (4,8 Prozent) und in Baden-Württemberg (5,1 Prozent), am höchsten in der Bundeshauptstadt Berlin (14,1 Prozent) sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt (jeweils 13,6 Prozent). Im Vergleich zu 1997 sind die Arbeitslosenquoten heute in allen Bundesländern deutlich niedriger. Bundesweit lag die Quote 2009 um 3,2 Prozentpunkte unter der von 1997. Am stärksten war der Rückgang in Sachsen-Anhalt mit einem Minus von 6,7 Prozentpunkten, gefolgt von Thüringen (minus 6,4 Prozentpunkte). In Bremen verringerte sich die Arbeitslosenquote um 3,6 Prozentpunkte auf 11,8 Prozent. Diese positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist vor allem auf die Arbeitsmarktreformen zurückzuführen, die zwischen 2003 und 2005 in Kraft traten.
Verfügbares Einkommen: Abstand zwischen Ost und West hat sich deutlich verringert
Seit 1991 ist das verfügbare Einkommen in den neuen Ländern wesentlich stärker gestiegen als in den alten Ländern. Dadurch haben sich die extremen Unterschiede, die es kurz nach der Wiedervereinigung noch gab, deutlich verringert. Im Jahr 1991 lag das Einkommen, das die Menschen für Konsum- und Sparzwecke zur Verfügung haben, in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch um über 40 Prozent unter dem damaligen Durchschnittswert der 16 Länder (12.509 Euro je Einwohner); bis 2008 ist der Abstand vom Durchschnitt (18.974 Euro je Einwohner) auf 21 Prozent und weniger zurückgegangen. In Bremen ist das verfügbare Einkommen im Betrachtungszeitraum von durchschnittlich 16.071 auf gut 21.000 Euro gestiegen. Damit ist Bremen nach Hamburg das Bundesland mit dem zweithöchsten verfügbaren Einkommen.
Attraktive Urlaubsziele an den Küsten und in den Bergen
Urlauber zieht es hauptsächlich an die Küsten und in die Berge. So verzeichnete Bayern im Jahr 2009 mit 26,4 Millionen absolut die meisten Gäste. Bezogen auf die Einwohnerzahl steht jedoch Mecklenburg-Vorpommern ganz vorn. Dorthin kamen zwar „nur“ 6,9 Millionen Gäste, bezogen auf 1.000 Einwohner waren das jedoch 4.175 Gästeankünfte und damit fast doppelt so viele wie in Bayern (2.107 Gäste je 1.000 Einwohner). An der Küste bleiben die Touristen auch am längsten, in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein verweilen sie im Schnitt mehr als vier Tage. Die Gäste Bremens oder auch Hamburgs verbringen knapp 2 Tage in der Stadt.
Menschen in den neuen Bundesländern gehen sparsamer mit dem Wasser um
Der Wasserverbrauch der privaten Haushalte und des Kleingewerbes summierte sich 2007 in Deutschland auf 3.623 Milliarden Kubikmeter. Mit dieser Menge ließe sich die gesamte Fläche Deutschlands einen Zentimeter hoch mit Wasser bedecken. Im Durchschnitt verbrauchte jeder Einwohner 2007 pro Tag 122 Liter Trinkwasser. Den geringsten Wasserverbrauch hatten die Menschen in Sachsen (85 Liter pro Tag), Sachsen-Anhalt (90 Liter), Thüringen (90 Liter) und Brandenburg (98 Liter). Die Menschen in Bremen verbrauchen durchschnittlich 127 Liter Trinkwasser täglich.
Beim Betreuungsangebot für die Jüngsten liegen die neuen Bundesländer weit vorne
Im Bundesdurchschnitt wurde 2009 für jedes fünfte Kind unter drei Jahren die Betreuung in einer Kindertageseinrichtung oder in der öffentlich geförderten Kindertagespflege in Anspruch genommen. Weit über diesem Durchschnittswert lagen Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Berlin und Sachsen mit Werten zwischen 40 und 55 Prozent. Für die 3- bis unter 6-Jährigen lag die Betreuungsquote 2009 bundesweit bei 92 Prozent. Bremen wies in dieser Altersgruppe mit 87,5 Prozent zusammen mit Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen vergleichsweise niedrige Betreuungsquoten auf.
Wahlbeteiligung in allen Ländern rückläufig
An der Wahl zum 12. Deutschen Bundestag beteiligten sich 1990 von den mehr als 60 Millionen Wahlberechtigten im Durchschnitt in allen Ländern knapp 78 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern nutzten damals die wenigsten Wahlberechtigten ihr Stimmrecht (71 Prozent) und im Saarland die meisten (85 Prozent). Bei der Wahl zum 17. Bundestag im Jahr 2009 beteiligten sich deutschlandweit nur noch knapp 71 Prozent und damit so wenige wie noch nie bei einer Bundestagswahl. Die Spannweite lag zwischen 60,5 Prozent in Sachsen-Anhalt und 73,8 Prozent in Hessen. Von den Wahlberechtigten gingen in Bremen zuletzt 70 Prozent zur Wahl.
Die Veröffentlichung „Von Bevölkerung bis Wahlen – 20 Jahre Deutsche Einheit in der Statistik“ kann zum Preis von 5,00 Euro einschließlich Versandkosten beim Statistischen Landesamt Bremen bestellt werden: Statistisches Landesamt Bremen, An der Weide 14-16, 28195 Bremen; Telefon: 0421 361-6070, Telefax: 0421 361-6168, E-Mail: bibliothek@statistik.bremen.de
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