Bürgermeister Andreas Bovenschulte über den Bremer Weg, bis 2038 klimaneutral zu werden.
01.03.2022Um die Frage wie die Klimapolitik die bremische Wirtschaft transformiert, ging es gestern Abend (28. Februar 2022) im ersten Bremer Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung unter dem Motto: "Industrie und Klimaschutz: Wie bringen wir das zusammen, Bremen?" Bürgermeister Andreas Bovenschulte saß gemeinsam mit dem DGB-Vorsitzenden Bremen-Niedersachsen, Ernesto Harder, mit Professorin Jutta Günther, Konrektorin für Forschung, wissenschaftlichen Nachwuchs und Transfer an der Universität Bremen und Rainer Blaschkek, CEO von Arcelor Mittal, auf dem Podium.
Bremen will bis 2038 klimaneutral werden – eine enorme Herausforderung für den Industriestandort. Zweidrittel aller Emissionen gehen auf die Industrie zurück. Erst dann kommen die privaten Haushalte und erst danach der Verkehr. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Klima-Enquete-Kommission in Bremen, die mit ihrem Bericht konkrete Aufgaben an die Politik formuliert und deren Kosten beziffert hat.
"Man darf sich von den sieben Milliarden Investitionskosten, die die Klima-Enquete-Kommission in ihrem Bericht ausweist, nicht mutlos machen und erdrücken lassen", sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Der Bericht unterstreiche aber den klaren Handlungsauftrag an die Politik: "Wir müssen da eingreifen, wo wir mit dem geringsten Aufwand den größten Effekt erzielen. Und das ist eben der Emissionsausstoß in der Industrie."
6,2 Millionen Tonnen CO2 stoßen die Bremer Stahlwerke Jahr für Jahr aus und sind damit für fast die Hälfte aller CO2-Emissionen im Land verantwortlich. "Wir haben eine klare Strategie, wie wir die Stahlproduktion in Bremen erst klimaarm, dann klimaneutral machen wollen. Wichtig dabei: Die Produktion lässt sich schrittweise umstellen, sodass wir schon auf dem Weg hin zu grün produziertem Stahl durch den Einsatz von Wasserstoff bereits eine deutliche Menge an CO2-Ausstoß einsparen werden", sagte der Bürgermeister.
Allerdings habe man dabei auch auf den Einsatz von Erdgas als Brückentechnologie gehofft. Inwieweit dieser Weg durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine gebremst wird, ist derzeit nicht absehbar – aber eine Möglichkeit, die aktuell leider nicht ausgeschlossen sei. "Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sorgt dafür, dass wir schneller werden müssen", sagte Bovenschulte. "Wir brauchen den Ausbau der Offshore-Windenergie, und die großen Kabel, die durch Deutschland führen. Und wir müssen bei der Photovoltaik schneller werden." Bremen plant aktuell Umsetzung der Solar-Pflicht für Neubauten.
Doch die größte Baustelle bleiben die Stahlwerke: "Wir brauchen 1,2 Milliarden Euro für die Umstellung bei den Stahlwerken. Wir müssen austarieren, wo die öffentliche Hand hier unterstützt – und setzen natürlich auch auf den Bund und die EU", so Bovenschulte. Bremen sei bereits mit der Mitfinanzierung eines Elektrolyseurs in die Transformation hineingegangen. Dies sei aber erst ein kleiner Anfang. "Am Ende werden es immer Personen sein – die Steuerzahler, die Verbraucher – die diese Kosten stark mittragen. Da braucht es eine gezielte Steuerpolitik, um die Personen zu entlasten, die diese Kosten am wenigsten Schultern können", so Andreas Bovenschulte. "Die Ökologische Transformation ist auch eine Verteilungsfrage." Außerdem müsse die Wettbewerbsfähigkeit des grünen Stahls aus Bremen auf dem Weltmarkt sichergestellt werden. Hier könne eine Green-Border-Tax ein Hebel sein.
Insgesamt blickt der Bürgermeister positiv in die Zukunft: "Als ich Anfang der 80er Jahren anfing mich politisch zu engagieren, taten sich die Gewerkschaften doch sehr schwer damit, Ökologie und Ökonomie zusammenzudenken. Das hat sich – so mein Eindruck – inzwischen auch auf Belegschaftsebene stark verändert." Das sei auch den Betriebsräten zu verdanken, die hier viel Kommunikationsarbeit geleistet hätten.
Dieses Umdenken sei auch in der Bevölkerung zu spüren. Die Menschen lassen eher das Auto stehen, ernähren sich häufiger fleischlos und setzen auch privat auf technische Möglichkeiten zum Stromsparen. "Am Ende ist es das Zusammenspiel aus dem Verhalten der Bürgerinnen und Bürger und auch der politischen Maßnahmen, die dazu führen wird, dass wir genug grünen Strom für unser Leben in Bremen haben."
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