Unter sehr großem Publikumszuspruch sind am Sonntag, dem 23. Januar die beiden parallel laufenden Ausstellungen „vis-à-vis. Vom Heiligenschein zur LED“ und „Elisabeth Hausmann. Entdeckung einer Bremer Künstlerin“ in den Kunstsammlungen Böttcherstraße eröffnet worden. Der Blaue Saal des Paula Modersohn-Becker Museums konnte die etwa 400 Personen gar nicht vollständig aufnehmen. Die Gäste folgten zum Teil aus den Nebenräumen den Eröffnungsreden von Direktor Dr. Frank Laukötter und Verena Borgmann. Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Besucherinnen und Besucher der Präsentation „vis-à-vis. Vom Heiligenschein zur LED“. Mit dieser Schau kommt der neue Direktor der Kunstsammlungen Böttcherstraße seiner angekündigten Programmatik nach, die Sammlungen „Verjüngungskuren“ zu unterziehen und sie in den Dialog mit Gegenwartskunst zu bringen. Die Ausstellungen sind bis zum 3. April zu sehen.
Elisabeth Hausmann (1881–1961) war einst eine angesehene Bremer Porträtmalerin, die regelmäßig ausstellte. Heute scheint sie selbst in ihrer Heimatstadt weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Anlässlich ihres 130. Geburtstags erinnert das Paula Modersohn-Becker Museum an die Künstlerin und zeigt in einer Kabinett-Ausstellung eine Werkauswahl. 60 Jahre nach ihrer letzten Retrospektive wird Elisabeth Hausmann damit erstmalig wieder ausgestellt.
Die Ausstellung konzentriert sich vor allem auf grafische Arbeiten, in denen ein frühindustrielles Bremen sichtbar wird, das noch ganz von der Schifffahrt geprägt ist. Neben den städtischen Darstellungen interessiert sich die Malerin für die arbeitende Landbevölkerung, die sie in expressiven Holzschnitten und Drucken verarbeitet. Schließlich zeigt die Ausstellung auch Exemplare ihrer, nach impressionistischer Manier gemalten, Landschaftsbilder, die bei zahlreichen Reisen der Bremerin in die Normandie, Bretagne, nach Südtirol, Ostpreußen und Süddeutschland entstanden.
Die Ausstellung wurde möglich durch großzügige Leihgaben aus Privatbesitz, dem Focke-Museum/Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte sowie dem Antiquariat CO-LIBRI.
Für die Dauer der Schau wird die Trennung der Kunstsammlungen Böttcherstraße in das »alte« Museum im Roselius-Haus und das »neue« Paula Modersohn-Becker Museum aufgehoben. Die Kunst der historischen Sammlungen des Museums steht künstlerischen Positionen der Gegenwart vis-à-vis gegenüber. Alte neue und allerneueste, in thematischer Hinsicht vergleichbare Werke werden einander gegenübergestellt und treten miteinander in Dialog.
So trifft die Muttergottes mit dem Jesusknaben von Conrad von Soest auf die Installation For Paula Modersohn-Becker mit dem Text Mother and Child von Jenny Holzer: „Gegen mich selbst bin ich gleichgültig, aber nicht gegen mein Kind“. Beide Werke liegen fast 600 Jahre auseinander, sie sind technisch grundverschieden, und doch eint die Bildtafel und den LED-Text ein zeitloses Thema, das Thema Mutter und Kind, mit dem sich auch Bernhard Hoetger und Paula Modersohn-Becker wieder und wieder beschäftigten.
So wie Ludwig Roselius – der Erbauer der Böttcherstraße – in den 1920er Jahren Bernhard Hoetger als zeitgenössischen Künstler einlud für ihn zu arbeiten, sind für diese Ausstellung folgende Gegenwartskünstlerinnen und -künstler eingeladen, mit ihren allerneuesten Arbeiten an die Kunst in den Kunstsammlungen anzuschließen und diese mit der Jetztzeit kurzzuschließen: Mechtild Böger, Klaus Effern, Marikke Heinz-Hoek, Jenny Holzer, Per Kirkeby, Annegret Kon, Patricia Lambertus, Reinhard Osiander, Christine Prinz, Barbara Rosengarth, Norbert Schwontkowski sowie Micheal Wendt.
Beide Ausstellungen wurden kuratiert von Frank Laukötter, Verena Borgmann und Simone Ewald
Die Kunstsammlungen Böttcherstraße sind dienstags bis sonntags von 11–18 Uhr geöffnet.
Foto: Jürgen Nogai