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Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Bremer Senat plant Bundesratsinitiative zu nicht-invasiven Pränataltests

25.04.2023

Der Senat hat am heutigen Dienstag (25. April 2023) beschlossen, einen Antrag zur "Kassenzulassung des nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) - Monitoring der Konsequenzen und Einrichtung eines Gremiums" in die Sitzung des Bundesrates am 12. Mai 2023 einzubringen. Die Bremische Bürgerschaft hatte den Senat zuvor in ihrer 45. Sitzung im März 2023 mit einem fraktionsübergreifenden Beschluss aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von nicht invasiven Pränataltests zu implementieren, durch das zeitnah belastbare Daten zu verschiedenen Aspekte erhoben und ausgewertet werden sowie ein interdisziplinäres Fachleutegremium einzusetzen, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des NIPT zu prüfen hat.

"Bei diesem wichtigen ethischen und frauenpolitischen Thema brauchen wir dringend eine bundespolitische Debatte. Daher ist uns diese Bundesratsinitiative ein wichtiges Anliegen, gerade vor dem Hintergrund, dass der NIPT – gerade bei jungen Frauen – eine hohe Fehlerhäufigkeit aufweist. Der Deutsche Ethikrat betont die Notwendigkeit qualitätsgesicherter Standards als Voraussetzung für das aus ethischer Perspektive besonders wichtige Ziel, selbstbestimmte Entscheidungen über die Inanspruchnahme von Tests und den verantwortungsvollen Umgang mit den Ergebnissen zu verankern", sagt Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.

Bei dem nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) handelt es sich um ein Suchverfahren, mit dem mittels einer Blutprobe der Schwangeren das Risiko für Trisomie 13 und 18 und Trisomie 21 des Fetus bereits früh in der Schwangerschaft bestimmt werden kann. Nach der Einigung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist dieser NIPT seit Juli 2022 für Schwangere eine Kassenleistung, wenn diese gemeinsam mit ihrer Gynäkologin oder ihrem Gynäkologen zur Überzeugung gelangen, dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist. Wie in Stellungsnahmen des Berufsverbands niedergelassener Pränatalmediziner e.V. (BVNP) festgehalten, regelt der G-BA weder in den Mutterschaftsrichtlinien (MuRL) die Voraussetzung für die Kassenleistung noch in der "Versicherteninformation Bluttest auf Trisomien - Der nicht invasive Pränataltest (NIPT) auf Trisomie 13, 18 und 21" ausreichend klar, wann dieser Bluttest angewandt werden sollte. Es sei daher zu befürchten, dass Schwangeren unabhängig von einer medizinischen Relevanz empfohlen wird, den NIPT vornehmen zu lassen, unter anderem, damit sich Ärztinnen und Ärzte absichern können.

Für Schwangere ergeben sich hierdurch neue Herausforderungen: Einerseits zeigt die wissenschaftliche Auswertung zur Versicherteninformation des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), dass zwar die Mehrheit der Befragten angibt, sich frei für oder gegen den Test entscheiden zu können, dennoch empfinden etwa 30 Prozent der Befragten die Versicherteninformation als klare Empfehlung zur Durchführung des Bluttests. Andererseits zeigt sich, dass sich vermehrt Schwangere nach einem negativen NIPT-Ergebnis darauf verlassen, dass sie ein gesundes Kind gebären werden. Infolge verzichten sie auf das Ersttrimesterscreening, das eine IGEL-Leistung (ärztliche Leistungen, die nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören) ist und für das die meisten Kassen die Zuzahlung eingestellt haben, seit der NIPT Kassenleistung ist. Allerdings sind nur 5 bis 10 Prozent der Auffälligkeiten auf chromosomaler Ebene angelegt und könnten durch den NIPT überhaupt nur gesucht werden, ein Ersttrimesterscreening würde hingegen weitere Auffälligkeiten sichtbar machen können. Erste Beobachtungen zeigen, dass es momentan zu einer Zunahme von Spätabbrüchen kommt, da (andere) Auffälligkeiten deutlich später in der Schwangerschaft detektiert werden. Spätabbrüche werden zumeist von Schwangeren und ihren Angehörigen als sehr belastend erlebt.

Da es sich bei dem NIPT um ein Suchverfahren handelt und nicht um eine diagnostische Untersuchung, müssen positive NIPT-Ergebnisse durch diagnostische Verfahren abgeklärt werden. Nicht alle Schwangeren nehmen diese Abklärungsuntersuchungen vor: Vielmehr berichten Beratungsstellen, dass sich Schwangere für einen Abbruch nach der Fristenregelung entscheiden – ohne diagnostische Gewissheit zu haben. Darüber hinaus berichten Pränatalmedizinerinnen und -mediziner sowie Humangenetikerinnen und Humangenetiker, dass auch die Zahl der Abklärungsuntersuchungen zunimmt. Bei diesen handelt es sich jedoch um invasive Verfahren, also jene Sorte Verfahren, die durch den NIPT reduziert werden sollten. Erste Berichte lassen darauf schließen, dass Abklärungsuntersuchungen bei bis zu 30 Prozent aller positiven NIPT-Ergebnisse diese als falsch-positiv aufdecken. Diese hohe Fehlerhäufigkeit erklärt sich durch den Test selbst, da bei jungen Frauen die Option eines falsch-positiven Testergebnisses häufiger auftritt – diese den NIPT nun aber ebenfalls durchführen lassen.

Hierauf basierend, befürchten einschlägige Fachgesellschaften und Verbände, dass zukünftig deutlich weniger Kinder mit Trisomie 21 zur Welt kommen, als statistisch erwartet. Dies ist bereits in Nachbarländern der Fall, in denen der NIPT bereits länger als Kassenleistung zugelassen ist. Langfristig könnte hierdurch die Stigmatisierung von Familien mit Kindern mit Trisomie 21 zunehmen und die Unterstützungsangebote für Kinder mit Trisomie 21 reduziert werden. Auch verringert sich durch entsprechende gesellschaftliche Entwicklungen die Möglichkeit für Schwangere und ihre Angehörigen, sich für ein Kind mit Trisomie 21 entscheiden zu können.

Ansprechpartner für die Medien:
Lukas Fuhrmann, Pressesprecher der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: lukas.fuhrmann@gesundheit.bremen.de