Aus Anlass des Internationalen Tags gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Februar verweist die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) auf ihre jüngst herausgegebene Publikation für Fachpersonen, die über wesentliche Aspekte zum Thema informiert. Die Broschüre richtet sich an Fachkräfte in Bremer Schulen und Kitas, im Jugendamt, der Polizei sowie in medizinischen und sozialen Einrichtungen.
Mehr als 1.000 Bestellungen von Beratungsstellen und beispielsweise von Hebammen sind binnen kurzer Zeit bei der ZGF eingegangen. Zusätzlich werden in den kommenden Wochen Exemplare proaktiv an Schulen, Kitas und Arztpraxen im Land Bremen verschickt, in denen Fachpersonen mit von FGM/C (Female Genital Mutilation/Cutting: weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung) betroffenen und bedrohten Frauen und Mädchen in Kontakt kommen können. Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm: "Die hohe Nachfrage zeigt den großen Bedarf an Aufklärung und Hilfestellung im Umgang mit weiblicher Genitalverstümmelung. Unsere Veröffentlichung führt sensibel in das Thema ein und bietet praktische Handlungsanleitungen sowie Hinweise für eine gelingende Kommunikation. Denn über FGM/C zu reden, kann herausfordernd sein – sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Menschen, die mit ihnen ins Gespräch kommen."
Über 200 Millionen Mädchen und Frauen haben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Afrika, im Mittleren Osten und in Asien Genitalverstümmelung erlitten. Auch in Deutschland und Bremen lebende Frauen und Mädchen aus den genannten Regionen sind betroffen oder gefährdet. Die Zahlen können nur geschätzt werden, da keine ausreichenden Daten zur Verfügung stehen. In ihrer Dunkelzifferstatistik schätzt die Nichtregierungsorganisation Terre des Femmes hierzulande bis zu 17.000 Mädchen und im Land Bremen zwischen rund 30 und 250 Mädchen als von FGM/C gefährdet ein.
Eine drohende FGM/C ist immer eine Kindeswohlgefährdung
Wie können medizinisches Personal, Lehrkräfte, Hebammen oder pädagogische Fachkräfte überhaupt erkennen, ob ein Mädchen der Gefahr von FGM/C ausgesetzt ist? Wie müssen sie im Falle eines Verdachts handeln? Nicht allen ist bekannt, dass es sich bei FGM/C um eine Straftat handelt. Aus Unwissenheit, was im Verdachtsfall zu tun ist – etwa in Bezug auf die Entbindung von der Schweigepflicht oder die Frage, wann das Jugendamt hinzuzuziehen oder die Polizei zu informieren ist – werden von FGM/C gefährdete Mädchen oft nicht ausreichend geschützt.
Die Publikation widmet sich daher mit einem eigenen Kapitel der besonderen Situation gefährdeter Mädchen. Fachpersonen sozialer, pädagogischer oder medizinischer Einrichtungen finden darin konkrete Handlungsleitfäden, etwa für ein Gespräch mit den Eltern, und wie sie – auch anonym – von Beratungsstellen und sogenannten Kinderschutzfachkräften unterstützt werden können. Zudem liefert die Broschüre wichtige Informationen zur allgemeinen Rechtslage bei Kindeswohlgefährdung.
Broschüre und Beiheft mit Kontaktadressen von Beratungs- und Fachstellen zu weiblicher Genitalverstümmelung/-beschneidung in Bremen und Bremerhaven können in digitaler Form auf www.frauen.bremen.de/fgmc heruntergeladen werden. Gedruckte Exemplare erhalten Interessierte auf Anfrage über das Bestellformular unter: www.frauen.bremen.de/bestellformular
Internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung
Weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung ist eine schwere Form geschlechtsspezifischer Gewalt und eine gravierende Diskriminierung von Frauen und Mädchen. In Deutschland ist weibliche Genitalverstümmelung verboten und wird strafrechtlich verfolgt. In völkerrechtlichen Abkommen wird FGM/C als erhebliche Menschenrechtsverletzung geächtet, die es zu stoppen gilt. Im Bremer Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist dazu ein Maßnahmenpaket verankert worden, aus dem die Handlungshilfe für Fachpersonen hervorgegangen ist.
Der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung findet seit 2003 jährlich am 6. Februar statt. Mit dem weltweiten Aktionstag soll auf diese schwerwiegende Form der Menschenrechtsverletzung und das Schicksal der Betroffenen aufmerksam gemacht werden.
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