Preisträger ist der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani
01.12.2011Am morgigen Freitag, dem 2.Dezember 2011 überreichen Bremens Bürgermeisterin Karoline Linnert und Andreas Poltermann, Inlandsleiter der Henrich Böll Stiftung Berlin um 18 Uhr im Bremer Rathaus den Hannah Arendt Preis für politisches Denken 2011. Preisträger ist der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani. Er erhält den Preis für seine „lagerüberwindenden religionswissenschaftlichen und politischen Analysen“, so die Jury. Der Preis, der von der Stadt Bremen und der Heinrich Böll Stiftung vergeben wird, ist mit 7500 Euro dotiert und wird an Personen verliehen, die in ihren Interventionen das „Wagnis Öffentlichkeit“ angenommen haben.
So wie Hannah Arendt die Juden als Bindeglied zwischen den europäischen Nationen sah, sieht Navid Kermani heute auch die muslimischen Einwanderer als Mittler zwischen den Staaten Europas, so die Jury und weiter: „Kermani spricht nie von ‚den Arabern‘ oder ‚den Muslimen‘ oder ‚den Christen‘. Als Schriftsteller gibt er dem Einzelnen Raum und formuliert neben der Kritik immer auch die Schönheit der Welt“. Neben seinem schriftstellerischen Engagement für den interreligiösen Dialog würdigt die Jury auch Kermanis journalistische Arbeit: „Seine Reportagen zeichnen gestochen scharfe Bilder der Lebensverhältnisse von Menschen, die in einer Welt überleben wollen, in der widersprüchliche Werte aufeinanderprallen und ökonomische Ungleichheit, Krieg, Bürgerkrieg und Repression herrschen.“ Navid Kermani lasse den Blick frei schweifen in christliche wie islamische Geschichte und Bild-Gegenwart.
Am Sonnabend, dem 3. lädt die Heinrich Böll Stiftung von 10 – 13:00 zum Kolloquium mit dem Preisträger ins Institut Français, Contrescarpe 19, ein. Thema „Der Streit ums Ganze oder was hätten sich westliche und islamische Kultur überhaupt zu sagen?“. Auf dem Podium werden neben dem Preisträger Navid Kermani, Isolde Charim als Laudatorin, Dieter Senghaas und Antonia Grunenberg sein.
Über den Preisträger
Der Schriftsteller Navid Kermani wurde 1967 in Siegen geboren. Er studierte Orientalistik, Theaterwissenschaft und Philosophie in Deutschland und Ägypten. 1994 gründete er ein Sprach- und Kulturzentrum in Isfahan (Iran), welches er bis 1997 leitete. Navid Kermani war Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin sowie als Regisseur und Kurator am Schauspielhaus Köln tätig. 2007 war er Stipendiat an der deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. Seit 2009 ist er Senior Fellow des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Navid Kermani erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise, unter anderem den Ernst-Bloch-Förderpreis (2000) und die Buber-Rosenzweig-Medaille (2011). 2009 wurde der Autor außerdem mit dem Hessischen Kulturpreis geehrt, der eine Kontroverse über seine Äußerungen zur Kreuzestheologie auslöste, die zur vorübergehenden Aberkennung des Preises führte. Navid Kermani ist Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Neben Poesie, einem Kinderbuch und politisch-philosophischer Literatur veröffentlichte er zahlreiche Feuilletons und Reportagen. Seine Schriften geben Einblick in die kulturelle und politische Vielfalt des Orients, in das alltägliche Glück und die Alltäglichkeit des Todes sowie in das Verhältnis von Islam und Politik in Vergangenheit und Gegenwart.
Foto: VillaMassimo