Unter der Koordination der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen, der Landeszentrale für politische Bildung und des Bremer Vereins „Erinnern für die Zukunft e.V.“ wurde heute (11.01.2012) das Bremer Programm zum 27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – präsentiert. An dem Programm sind wieder zahlreiche Kooperationspartner beteiligt und tragen mit unterschiedlichen Aspekten zum Erinnern, Mahnen und Gedenken bei. Viele Einrichtungen und Personen sind durch eigene Veranstaltungen oder auch durch finanzielle Unterstützung am Entstehen des Programmes beteiligt.
Das Programm beginnt am 17. Januar 2012 und reicht bis in den April 2012 hinein. Das Thema des Überlebens spielt in vielen Veranstaltungen eine Rolle, auch im Bericht von Michaela Vidláková von der „Theresienstädter Initiative“ oder dem Ehrengast der zentralen Gedenkveranstaltung im Bremer Rathaus, Frau Cipora Feivlowitsch, die über ihr „Überleben in Auschwitz“ berichtet. In der offiziellen Veranstaltung der Universität Bremen referiert Prof. Dr. Detlev Clausen „Über die Banalisierung des Bösen“ unter der Überschrift „Nach Auschwitz“. Damit wird die weiterführende Perspektive aufgegriffen.
Die zentrale offizielle Gedenkstunde des Senats der Freien Hansestadt Bremen mit Bürgermeister Jens Böhrnsen findet am Mittwoch dem 25. Januar 2012, um 20 Uhr im Rathaus statt. Dazu wird Dr. Hermann Kuhn gleich noch informieren. Die Bremer Chorwerkstatt begleitet die Stunde im Rathaus. Schülerinnen und Schüler verlesen zudem wie in den Vorjahren die Namen ermordeter Opfer des Nationalsozialismus.
Zu den Programmpunkten:
Das Schulmuseum veranstaltet Führungen durch die eigene Ausstellung über Kindheit und Jugend in Bremen sowie erstmalig auch eine Besichtigung des Erdbunkers unter dem Schulhofsgelände auf der Hohwisch. Der Film „Sobibor, 14. Oktober 1943, 16 Uhr“ wird im City 46 gezeigt, das sich nun auch erstmals am Programm beteiligt.
Zwei Veranstaltungen trägt das Institut Deutsche Presseforschung der Universität Bremen bei. Auch das Uni-Projekt „Aus den Akten auf die Bühne“ realisiert zusammen mit der bremer shakespeare company eine szenische Lesung mit dem Titel „Im Lager hat man auch mich zum Verbrecher gemacht“. Aufgeführt wird dieses Projekt im Haus des Reichs, also im Gebäude der Finanzsenatorin am Rudolf-Hilferding-Platz.
Weitere Themen sind die Diskriminierungsgeschichte der Sinti und Roma, aber auch die Trivialisierung des Holocaust in populären Medien oder auch die Ambivalenz der nationalsozialistischen Kulturpolitik.
Das Erinnerungsprojekt „Stolpersteine“ des Kölner Bildhauers Gunter Demnig bildet wieder einen besonderen Schwerpunkt. Stadtrundgänge auf den Spuren der Stolpersteine informieren stadtteilbezogen über die verlegten Gedenksteine und die dahinter verborgenen Schicksale. Über „selbstforschendes Lernen an historischen Orten und im Internet“ zum Thema „Nationalsozialismus in Bremen“ diskutieren Dr. Barbara Johr als Leiterin des Erinnerungsprojektes „Stolpersteine Bremen“ mit John Gerardu vom Projekt „Spurensuche Bremen“ sowie Dr. Marcus Meyer vom „Denkort Bunker Valentin“ und Achim Tischer vom Krankenhaus-Museum.
In Fortsetzung des letztjährigen Veranstaltungsprogramms wird auch der Historiker Hans Hesse einen weiteren Beitrag leisten zur Geschichte der Nordischen Kunsthochschule in Bremen. Am 20. Februar des Vorjahres war ein Stolperstein für Kurt Elvers bei der ehemaligen Kunsthochschule Am Wandrahm verlegt werden. Kurt Elvers hatte dort studiert und war denunziert worden wegen kritischer Äußerungen. Die Hochschule für Künste hatte der Vorgeschichte der eigenen Hochschule im Nationalsozialismus ein Symposion und ein Konzert gewidmet.
Zwei Buchpräsentationen finden in der Zentralbibliothek am Wall statt. Karl Heinz Roth berichtet in „Reemtsma auf der Krim“ über Tabakproduktion und Zwangsarbeit unter der deutschen Besatzungsherrschaft. Und Adriana Altaras, die bekannte Schauspielerin und Regisseurin, geboren 1960 in Zagreb und seit den 1980-er Jahren in Berlin lebend, stellt in dem Buch „Titos Brille“ die Geschichte ihrer strapaziösen Familie vor.
Neu und als Pilotprojekt zu charakterisieren ist die Gedenkfahrt nach Krakau und Auschwitz mit einem Vorbereitungsseminar und einem intensiven Programm vor Ort mit fachkundiger Leitung. Die Studienfahrt war innerhalb kurzer Zeit belegt. Nach der Auswertung der Fahrt werden wir darüber entscheiden, ob es zukünftig in regelmäßigen Abständen ein solches Angebot geben wird.
Einen weiteren neuen und wirklich ungewöhnlichen Akzent setzt das Programm des Jahres 2012 durch ein Werkstattgespräch und eine Ausstellung zu den Blocklandmorden vom November 1945. Es geht um die Vorkommnisse auf dem Hof Capelle im Bremer Blockland. Im Februar findet ein Gespräch im Vorfeld der Ausstellung statt, die dann unter dem Titel „Versöhnung im Alleingang“ am 20. April 2012 in der Wilhadi-Gemeinde im Bremer Westen eröffnet werden soll. Ehemalige polnische Zwangsarbeiter hatten auf der Suche nach Lebensmitteln den Familienvater Wilhelm Hamelmann im Niederblockland durch Schüsse schwer verletzt und seine 12 Angehörigen erschossen. Das Evangelische Bildungswerk und das Kulturhaus Walle greifen damit die Frage auf, wie aus Opfern Täter werden können und wie schwer es ist, mit einer solchen Problematik einen Umgang zu finden.
Die Programmkoordination lag wieder bei Dr. Hermann Kuhn, Deutsch-Israelische Gesellschaft, und Michael Scherer, Landeszentrale für politische Bildung und „Erinnern für die Zukunft e.V.“.
Hinweis:
Das Veranstaltungsprogramm 2011 zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus liegt an vielen öffentlichen Einrichtungen in Bremen aus oder kann angefordert werden bei der Landeszentrale für politische Bildung unter 0421/361-2922.
Im Internet befindet sich das Programm als PDF-Datei unter anderem unter www.lzpb-bremen.de und www.erinnernfuerdiezukunft.de.