25.01.2002
Ältestes Brudermahl der Welt jährt sich zum 458. Mal
Die Regularien sind streng, das Essen ist wohlschmeckend und das Ambiente einzigartig: Wer einmal Gast des Bremer Schaffermahls gewesen ist, wird dieses glanzvolle Ereignis so schnell nicht vergessen. Schon alleine deswegen nicht, weil es als besondere Ehre gilt, an diesem wohl ältesten Brudermahl der Welt teilnehmen zu können. Die Einladung dazu wird nämlich nur ein einziges Mal ausgesprochen. Am 8. Februar jährt sich das Schaffermahl zum 458. Mal. Zu diesem Zweck wird die ohnehin wunderschöne mittelalterliche Obere Halle des Bremer Rathauses besonders festlich hergerichtet. Wertvolles Silber wird aufgelegt, Kerzen brennen, und die rund 300 Männer haben den Frack angelegt. Es sind bremische Kaufleute, Kapitäne sowie Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich zu dem fast fünfstündigen Mahl versammeln.
Seit Jahrhunderten hat sich an der Zeremonie während des Schaffermahls nichts geändert. Selbst die Vorschrift, dass keine Frau zu diesem einzigartigen Ereignis zugelassen ist, hat die moderne Entwicklung nicht kippen können. Wenn sich die Herren an den geschmückten Tischen niedergelassen haben, erwartet sie neben einer Reihe tiefgründiger und dabei keineswegs humorloser Reden ein Festessen, dessen einzelne Gänge in unumstößlicher Reihenfolge aufgetragen werden: Bremer Hühnersuppe, Stockfisch mit Krebstunke, Braunkohl mit Maronen und Pinkel, Kalbsbraten mit Selleriesalat und Katharinenpflaumen, Rigaer Butt, Käse, Früchte und Kaffee. Dazu wird - neben köstlichen Rot- und Weißweinen - nach uraltem Rezept gebrautes Seemannsbier in einem schweren silbernen Humpen gereicht. Und es gilt keineswegs als unfein, nach jedem Gang das silberne Besteck an der Serviette abzuwischen. Im Gegenteil. Das ist ein Teil der Zeremonie.
Freilich - man tafelt auch beim 458. Schaffermahl nicht zum Selbstzweck. Der Anlass der Zusammenkunft ist stets gleich geblieben: Er dient der Unterstützung von “Haus Seefahrt”, der vermutlich ältesten, bis heute bestehenden sozial und konfessionell unabhängigen Stiftung der Welt. Diese Stiftung - seinerzeit als Versorgungsfonds für mittellose Seefahrer und deren Hinterbliebene gegründet - unterhält nach wie vor ihren Alterssitz “Seefahrtshof” in Bremen-Grohn. Kein Gast muss übrigens sein Essen selbst bezahlen. Das übernehmen die drei ausrichtenden Schaffer. An den Tischen aber kreist nach alter Sitte ein Salzfass. Dorthinein legt man unauffällig Geldscheine oder Schecks. Dabei zählt es zu guter alter Tradition, dass über die Höhe der Spenden Stillschweigen geübt wird. Man darf aber davon ausgehen, dass es sich stets um eine nicht geringe Summe handelt, die dann unverzüglich dem “Haus Seefahrt” zugute kommt.
Wer in diesem Jahr als Ehrengast beim Schaffermahl im Bremer Rathaus begrüßt wird, unterliegt bis fast zuletzt der Geheimhaltung. So kann derzeit nur daran erinnert werden, dass es im letzten Jahr Bayerns Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber war, der sich an der festlichen Tafel als Ehrengast niederließ.