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Die Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung

Car-Sharing entlastet Bremer Straßenraum um 5.000 PKW

Unabhängige Studie zu Auswirkungen Car-Sharing in Bremen vorgestellt

07.05.2018

Das Berliner Institut ‚team red‘ hat im Sommer 2017 die Nutzerinnen und Nutzer der Bremer Carsharing Anbieter cambio und Move About befragt, um Erkenntnisse zum Verkehrsverhalten, zum Autobesitz oder zum Einkaufsverhalten zu gewinnen. Gleichzeitig sollten Empfehlungen zur weiteren Entwicklung gegeben werden.

Die Untersuchung, die heute (Montag, 7. Mai 2018) vorgestellt wurde, stellt fest, dass die mittlerweile über 14.000 Carsharing Nutzerinnen und Nutzer mehr als 5.000 Pkw abgeschafft oder nicht angeschafft haben. Dazu Verkehrssenator Joachim Lohse: „Die Entlastung des Bremer Straßenraums um 5.000 Pkw entspricht aneinandergereiht einer Schlange, die von Huchting bis Borgfeld reicht. Wollte man einen ähnlichen Entlastungseffekt mit Hoch- oder Tiefgaragen erzielen, müssten dafür Investitionen von mehr als 100 Millionen Euro aufgebracht werden. Die Förderung des Carsharing ist ein Beitrag zur effizienten Stadt.“

Der Leiter der Untersuchung, Hannes Schreier (team red): „Im Vergleich zu unseren bereits durchgeführten Studien zeigt Bremen einige Besonderheiten: Zum einen konnten wir für Bremen feststellen, dass je eingesetztem Car-Sharing-Fahrzeug 16 Fahrzeuge entweder abgeschafft oder nicht angeschafft werden. Das ist eine deutlich höhere Parkraum-Entlastung als wir sie zum Beispiel in München feststellen konnten.“

Die drei Carsharing-Anbieter in Bremen (cambio, Flinkster, Move About) haben aktuell 344 Carsharing-Autos an insgesamt 102 Stationen. Die sich aus einem dichten Stationsnetz ergebenden kurzen Wege zum Carsharing-Auto werden aus Nutzersicht als besonders wichtig beurteilt. Hannes Schreier (team red): „Die Verlässlichkeit des Angebotes und die Nähe der Stationen sind wichtige Bausteine. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass gerade die durch die mobil.pünktchen geschaffene räumliche Nähe der Stationen zu den Wohnorten der Nutzer ein fundamentaler Erfolgsfaktor für das Car-Sharing in Bremen ist. Dieser Ansatz hat nicht nur Vorbildcharakter für mit Bremen vergleichbare Städte, sondern sollte auch in Bremen konsequent fortgeführt und auf weitere Stadtbezirke ausgeweitet werden.“

Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbandes CarSharing (bcs) sieht in den Ergebnissen aus Bremen auch ein Signal für andere Städte in Deutschland: „Städte und Gemeinden können die Bremer Studie als Anlass nehmen, um Carsharing zu fördern und mit der Einrichtung von Carsharing-Stationen im öffentlichen Straßenraum Anreize zu geben – mit dem Ziel weniger privaten Autobesitz und deutlicher Verkehrsentlastung.“

Die Studie belegt, dass Carsharing für viele den Pkw im Haushalt ersetzt. 79 Prozent der Carsharing-Nutzer/-innen haben keinen Pkw im Haushalt zur Verfügung, während über 80 Prozent der Befragten der Kontrollgruppe angeben, jederzeit über einen Pkw verfügen zu können. Carsharing-Kunden nutzen mehr die Verkehrsmittel Bus und Bahn und gehen mehr zu Fuß und fahren mehr mit dem Rad. Aus Sicht der Stadtentwicklung ist besonders wichtig, dass Carsharer mehr im Stadtteil und weniger bei den großen Einkaufszentren einkaufen. Verkehrssenator Joachim Lohse: „Carsharer fahren wesentlich seltener zu den großen Einkaufszentren als Autobesitzer. Sie stärken damit den Einzelhandel im Quartier.“

Das Netz der Carsharing Stationen insgesamt – also auf privatem und auf öffentlichem Grund - wurde weiter ausgebaut. Die meisten Stationen des Carsharing in Bremen befinden sich außerhalb des öffentlichen Straßenraums. Von den heute insgesamt 102 Stationen der drei Anbieter befinden sich 74 auf privatem Grund und 28 Stationen als mobil.punkte oder mobil.pünktchen im öffentlichen Straßenraum.

Aktuell sind drei weitere mobil.pünktchen in Bremen in der baulichen Umsetzung:
Findorff:

  • Ricarda-Huch-Straße (2 Elektro-Fahrzeuge von Move About) – es wird noch auf die technische Fertigstellung der Ladeinfrastruktur gewartet

Schwachhausen:

  • Schubertstraße (2 Fahrzeuge cambio) – am 30.4. in Betrieb gegangen
  • Scharnhorststraße (3 Fahrzeuge) - im Zuge der Kanalbauarbeiten von HanseWasser wird diese Station hergestellt.

Weitere mobil.pünktchen sind in Abstimmung mit den jeweiligen Stadtteilbeiräten in der Planung. Ebenso werden weitere Stationen im Rahmen von Neubaumaßnahmen nach dem Bremischen Stellplatzortsgesetz angelegt.

Die Vergabe der Sondernutzungen für die mobil.punkte und -pünktchen erfolgt mit einem Interessenbekundungsverfahren – alle qualifizierten Carsharing Anbieter können sich hierbei bewerben.

Die Studie gibt auch Empfehlungen zum weiteren Ausbau des Carsharing in Bremen. So sollten zum einen die Stationen weiter ausgebaut werden und weitere Kooperationen zum Beispiel mit der Wohnungswirtschaft und dem Einzelhandel entwickelt werden. Hannes Schreier (team red): „Car-Sharing hat in Bremen einen außerordentlich hohen Bekanntheitsgrad: 85 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger kennen die Angebote. Dennoch bestehen hier große Potenziale. Und da kommt längerfristig angelegten Kampagnen wie der Bremer „Udo“-Kampagne ein hoher Wert zu – umso mehr als das Thema „sich nicht mehr um ein Auto kümmern müssen“ bei den Carsharing-Kunden als großer Wert gesehen wird.“

Senator Lohse betont: „Bremen setzt seit langem auf Carsharing, um den Parkdruck in den Quartieren zu reduzieren. Dieses Konzept hat weltweite Anerkennung gefunden – so wurde Bremen damit zur Weltausstellung nach Shanghai 2010 eingeladen und auch vielerorts in Deutschland und Europa kopiert. Als die ersten mobil.punkte 2003 eingerichtet wurden, kannte man den Begriff ‚mobility as a service‘ noch nicht – heute gelten die mobil.punkte als Beispiele moderner, smarter Mobilitätsangebote.“

Die Studie zu den Auswirkungen ist Bestandteil des europäischen (und von SUBV Bremen koordinierten) SHARE-North Projektes, mit dem auch die Errichtung von mobil.pünktchen in Bremen gefördert wird.

Die vollständige Studie „Auswirkungen des Carsharing in Bremen“ kann als PDF hier (pdf, 5.6 MB) heruntergeladen werden.

Links:
Projekt SHARE-North: http://www.share-north.eu
Bundesverband Carsharing: http://www.carsharing.de
Cambio: http://www.cambio-carsharing.de
Move About: http://www.move-about.de
Flinkster: http://www.flinkster.de
Team red: http://www.team-red.net

Wichtigste Erkenntnisse der Untersuchung:
Insgesamt wird dem Bremer Carsharing Angebot seitens der Nutzerinnen und Nutzer ein hohes Qualitätsniveau und große Zufriedenheit attestiert. Dieses betrifft sowohl das operative Geschäft der beiden Carsharing Anbieter cambio und Move About als auch die Unterstützung seitens des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr – gerade durch die Anlage der mobil.punkte als auch durch die bereits 2013 erfolgte Integrationsmöglichkeit in Neubauvorhaben.

PKW-Besitz / Parkraumentlastung:
79 Prozent der Carsharing-Nutzer/-innen haben keinen Pkw im Haushalt zur Verfügung, während über 80 Prozent der Befragten der Kontrollgruppe angeben, jederzeit über einen Pkw (Privat- oder Firmenwagen ohne Car-Sharing) verfügen zu können. Carsharing ersetzt also in der Regel den „Erstwagen“. Jedes in Bremen eingesetzte Car-Sharing-Fahrzeug ersetzt beziehungsweise verhindert 16 Fahrzeuge in Privatbesitz. Rund 32 Prozent der befragten Kunden von cambio und rund 22 Prozent der von Move About geben an, wegen Car-Sharing ein Fahrzeug in Privatbesitz abgeschafft zu haben. Zudem geben 44 Prozent (cambio) beziehungsweise 26 Prozent (Move About) der Befragten an, wegen Car-Sharing auf die Anschaffung eines privaten Fahrzeugs verzichtet zu haben.

Unter Einbeziehung von Korrekturfaktoren zum Ausgleich von Verzerrungen in den Befragungsdaten ermittelt die Untersuchung einen gesicherten Wert von 16 Fahrzeugen (sieben abgeschaffte und neun nicht angeschaffte) je eingesetztem Car-Sharing Fahrzeug in Bremen. Insgesamt ergeben sich rund 5.000 abgeschaffte beziehungsweise nicht angeschaffte Fahrzeuge.

Eigene Bewertung dazu: team red hat sehr „konservative“ methodische Ansätze – in der Methodik genau wie in ihrer Studie zu München. Die Ergebnisse decken sich für Bremen im Gesamtergebnis weitgehend mit den bisherigen Daten – so dass wir das Ergebnis von einer Parkraumentlastung von 5.000 Fahrzeugen haben. Wenn man die durchschnittlichen Herstellungskosten (23.000 Euro nach Stellplatzortsgesetz) für den innerstädtischen Bereich zugrunde legt, würde eine vergleichbare Entlastung über Hoch- und Tiefgaragen über 100 Millionen Euro Investition erfordern.
5.000 PKW aneinandergereiht macht eine Schlange von etwa 25 Kilometern – von Huchting bis Borgfeld.

Verkehrsverhalten:
Die Pkw-Fahrleistungen in einem ‚Car-Sharing-Haushalt‘ sind um über 50 Prozent geringer als in einem durchschnittlichen Bremer Haushalt.

Besitz von Zeitkarten für den ÖV:
Rund 78 Prozent der befragten Carsharing-Nutzer/-innen geben an, eine Zeitkarte oder eine BOB-Karte zu besitzen. In der Kontrollgruppe beträgt der entsprechende Anteil nur 58 Prozent.

Verkehrsmittelwahl
Auch in der Verkehrsmittelwahl bestätigt sich das Bild: es wird deutlich mehr das Fahrrad und der Öffentliche Verkehr genutzt. Der ÖV wird um 8 Prozent mehr genutzt als bei der Kontrollgruppe, der Radverkehr sogar um 16 – 26 Prozent. Carsharing bildet eine Ergänzung des Umweltverbundes aus Fuß- und Radverkehr und dem ÖV.

Einkaufsverhalten
Carsharing Nutzer nutzen die großen Shopping Center weit weniger als die Kontrollgruppe. Größere Einkaufszentren werden von der Gesamtbevölkerung dreimal so häufig wie von Car-Sharing-Nutzern angesteuert.

Rolle der mobil.punkte und mobil.pünktchen
Mit den mobil.pünktchen wurde die Stationsdichte des Carsharing in den dicht bebauten Wohnvierteln – dort wo die größten Parkprobleme vorliegen- deutlich erhöht.
Die Befragung nach den Prioritäten aus Sicht der Carsharing Kundschaft zeigte, dass eine unkomplizierte Buchung („sehr wichtig“: 79 Prozent), die Verfügbarkeit der Fahrzeuge zum gewünschten Zeitpunkt (68 Prozent) und die Nähe der nächsten Station (60 Prozent) von entscheidender Bedeutung sind. Carsharing-Nutzerinnen sind „kurze Wege zur Station“ deutlich häufiger „sehr wichtig“ (+14) als den männlichen Nutzern.
Die große Zufriedenheit der Carsharing Nutzerinnen und Nutzer mit den untersuchten Aspekten auch für die Bereiche, die den Nutzerinnen und Nutzern „sehr wichtig“ sind, ist sehrt positiv. Das aus kommunaler Sicht in Hinblick auf das Konzept der ‚mobil.pünktchen‘ relevante Kriterium „kurze Wege zur nächsten Station“ wird von insgesamt 84 Prozent mit „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ beurteilt. Auch die „Anbindung von Stationen an Haltestellen des öffentlichen Verkehrs“ wird von 78 Prozent positiv beurteilt.

Motivation zum Carsharing
Fragt man die Car-Sharing-Nutzer nach ihren bisherigen Erfahrungen, werden die Vorteile
klar benannt: Insgesamt 92 Prozent sehen eine Erleichterung, sich nicht mehr um Fahrzeugpflege und Wartung kümmern zu müssen. Den Wegfall der Kosten für Wartung, Steuern und Versicherung bewerten 85 Prozent als weiteren Vorteil.
60 Prozent fühlen sich zudem freier in ihren Entscheidungen, welches Verkehrsmittel sie nutzen.

Öffentlichkeitsarbeit
SUBV hat vor mehreren Jahren den Carsharing Helden „Udo“ erfunden – er steht für ‚Use it – don’t own it‘. Sein Motto ist „Udo chillt lieber“ - er braucht sich ja nicht um Autopflege zu kümmern.
Die Gutachter empfehlen, entsprechende Kommunikationskonzepte auf Dauer
beizubehalten und fortzuführen, um weitere Nutzergruppen anzusprechen.

Erschließung weiterer Nutzergruppen
Weitere Empfehlungen der Gutachter zur Erschließung weiterer Nutzergruppen sind vor allem im Ausbau des Stationsnetzes, der Integration in Neubauvorhaben und mit dem Einzelhandel, der Ansprache neue Nutzergruppen (z.B. Ältere, Besitzer von älteren PKW, …)