24.05.2004
Die Rede wird in englischer Sprache gehalten!
„Herzlich willkommen im zweitgrößten deutschen Seehafen! Ich freue mich, eine so große Gruppe von Hafenkapitänen in Bremen begrüßen zu können. Ich gehe davon aus, dass viele von Ihnen während Ihrer Seefahrtzeit in Bremerhaven und Bremen gewesen sind. Da das schon einige Zeit her sein wird, werden sie feststellen, dass einige Veränderungen stattgefunden haben. Aber wir stehen immer noch in der Tradition der Häfen, der Schifffahrt und des Handels. Die Hafenaktivitäten sind im wesentlichen nach Bremerhaven verlagert, dass zu einem großen Container- und RoRo Hafen gewachsen ist. Ständige Erweiterungen dort wurden begleitet vom Schließen von Hafenbecken in Bremen. Wenn Sie diesen Bereich besuchen, kommen Sie in eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas.
In Bremen und Bremerhaven stehen Umschlag, Warenveredelung, Logistik und Distribution im Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie sichern im Zwei-Städte-Staat direkt und indirekt mehr als 80.000 Arbeitsplätze.
Und: Dies ist ein Bereich mit Wachstumsgarantie ! Jahr für Jahr erzielen unsere Zwillingshäfen beim Umschlag neue Rekordergebnisse (2003: 49,0 Millionen Tonnen).
Nehmen wir den Containerumschlag – er steht exemplarisch für die Leistungsfähigkeit bremischer Kajen und Terminals. Seit der ersten Abfertigung eines Containerschiffs in Bremerhaven vor mehr als drei Jahrzehnten kennt die Entwicklung des Umschlags hier nur eine Richtung: nach oben.
2003 ist die Jahresleistung am Terminal „Wilhelm Kaisen“ auf 3,2 Millionen TEU gestiegen. Für die nächsten Jahre prognostiziert die Verkehrswissenschaft erneut starke Zuwächse. Wir stellen uns bis etwa 2015 – konservativ gerechnet – auf eine Verdoppelung des Boxen-Umschlags ein.
Denn einerseits produzieren immer mehr Nationen immer mehr Waren und schicken sie auf den Weg zu immer mehr Kunden in immer mehr Ländern. Andererseits wächst Europa wirtschaftlich zusammen: Zehn weitere Staaten sind vor wenigen Tagen der EU beigetreten. Sie werden zum Vorteil des gesamten Kontinents neue wirtschaftliche Kraft entwickeln – auch das wird unseren Häfen neuen Schub geben.
Die Zeichen stehen also auf Wachstum. Schon deshalb war die Entscheidung der Bremer BLG Logistics Group, ihr Geschäftsfeld Container gemeinsam mit der Hamburger Eurokai-Gruppe in das Joint-Venture Eurogate einzubringen, von unternehmerischer Weitsicht geprägt. Eurogate ist heute – mit diversen Terminals in Europa – ein international agierender Hafenbetreiber, der es mit den Großen der Branche aufnehmen kann.
In diesem Zusammenhang ist die strategische Allianz zwischen Eurogate und MaerskSealand – der größten Reederei der Welt – zu nennen. Das Gemeinschaftsunternehmen North Sea Terminal Bremerhaven (NTB) hat in den letzten Jahren wesentlich für die außerordentlich hohen Steigerungsraten im Bremerhavener Containerumschlag gesorgt.
Schlagzeilen machen die bremischen Häfen seit kurzem außerdem durch die Entscheidung der zweitgrößten Containerreederei der Welt, MSC, in Bremerhaven in Kooperation mit Eurogate eine eigene Terminal-Betreibergesellschaft – MSC Gate – zu gründen. Dies wird zu weiteren massiven Steigerungen des Umschlags führen. Eurogate selbst hat für Bremerhaven kurzfristig einen etwa 25-prozentigen Wachstumssprung angekündigt .
Meine Damen und Herren,
Bremen reagiert offensiv auf die Dynamik solcher Entwicklungen. Trotz enger finanzpolitischer Handlungsspielräume bekennt sich die Freie Hansestadt zum Ausbau der Hafen-Infrastruktur.
CT IIIa – ein weiterer, 340 Meter langer Liegeplatz für die Großschiffe der Containerfahrt – ist Ende 2003 in Betrieb gegangen.
Doch der Markt expandiert weiter. Unser nächstes Großprojekt heißt deshalb CT IV. Durch den Bau von Containerterminal IV – Fertigstellung: bis 2007/2008 – wird die längste Kaje Europas um knapp 1700 Meter gestreckt. Damit schaffen wir Platz für vier weitere Großcontainerschiffe und erweitern die Jahreskapazität auf 6 bis 7 Millionen TEU.
Gleichzeitig baut Bremen Terminalkapazitäten im Bereich CT I aus. Um dort ideale Standortbedingungen für MSC Gate zu schaffen, wird die bestehende Hafenfläche in den kommenden Monaten erweitert. Außerdem entsteht ein neuer Liegeplatz für Short-Sea-Verkehre.
Meine Damen und Herren,
von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist auch der Autohafen an der Wesermündung: Bremerhaven war 2003 mit 1,35 Millionen umgeschlagenen Fahrzeugen das zweitgrößte Zentrum für Fahrzeuglogistik in Europa. Auch in diesem Teil des Hafengeschäfts wäre es absolut fahrlässig, auf weitere Anstrengungen zur Stärkung des Standortes zu verzichten. Mit dem Ausbau der Kaiserschleuse auf eine Länge von über 300 Metern und der Schaffung neuer Liegeplätze für Auto-Carrier im Osthafen wollen wir in den kommenden Jahren die Grundlage für weiteres Wachstum schaffen.
Meine Damen und Herren,
ein letztes Beispiel für unsere breit gefächerten Aktivitäten führt zu unseren Nachbarn in Niedersachsen, nach Wilhelmshaven. Anfang 2003 haben die Gesellschafter Niedersachsen und Bremen die Verträge zur Gründung der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft unterzeichnet.
Für bremische Hafenplaner und –bauer, deren Zuständigkeit vor wenigen Jahren noch an der Kaje des Bremerhavener Containerterminals endete, ist damit eine neue Epoche angebrochen. Uns Bremern geht es schlicht und einfach um die Frage, ob wir die Ladung des nächsten Jahrzehnts nach einer Auslastung des eigenen Terminals CT IV der Konkurrenz in Holland und Belgien überlassen wollen oder nicht.
Unsere Antwort ist klar: Bremen steht zum Bau des deutschen Tiefwasserhafens. An der Jade wird der Standort Bremerhaven räumliche Grenzen überwinden, die ihm gesetzt sind, und damit seine Existenz als international bedeutendes Zentrum für Logistik und Seeverkehr sichern.
In Wilhelmshaven werden die Karten im europäischen Hafenwettbewerb neu gemischt. Bremen sitzt bei diesem Spiel mit am Tisch und verschafft sich durch seine Beteiligung am JadeWeserPort-Projekt ein erstklassiges Blatt. Gleichzeitig wird der Zwei-Städte-Staat zum Motor eines Kooperationsprozesses, der aus ehemaligen Konkurrenten Partner in der zusammenwachsenden norddeutschen Hafenregion macht.
Liebe Gäste,
bis jetzt habe ich über die Infrastruktur und die Ökonomie des Hafens gesprochen. Aber auch die Verwaltung der Häfen wurde reformiert. Die Managementfunktionen wurden vom Hafenamt auf die Firma bremenports übertragen. Dies hat allerdings nicht die Aufgaben der Hafenbehörde berührt. Wir sind der Auffassung, dass eine De-Regulierung auch eine Stärkung der staatlichen Aufgabenwahrnehmung bedeuten muss. Dies bedeutet aber nicht eine bürokratische Verwaltung des Hafens. Stärkung in diesem Zusammenhang heißt nicht, dem Hafenkapitän mehr Rechte einzuräumen. Es ist notwendig, dass die Aktivitäten anderer Häfen beobachtet werden, die ökonomischen Fakten berücksichtigt werden und ein dauernder Austausch mit den Hafenkunden stattfindet. So ist der Hafenkapitän in seinem Bereich auch so etwas wie ein Hafenmanager. Ich halte es deshalb für besonders wichtig und wertvoll, dass Hafenkapitäne einen internationalen Erfahrungsaustausch pflegen und ihre Rolle um Umfeld des Hafens ständig einer Prüfung unterziehen.
Aber – Sicherheit und Gefahrenabwehr dürfen nicht Gegenstand des Wettbewerbs zwischen den Häfen werden. Wir alle leben in einem Umfeld und in Gesellschaften, die sehr bewusst mit der Umwelt umgehen. Schiffe werden größer und transportieren steigende Mengen and Gefahrgütern und Treibstoffen. Jeglicher Unfall kann schnell in einer Katastrophe enden wen nicht ein schnelles und professionelles Eingreifen erfolgt. Vor einigen Jahren wurde in Deutschland mit der Umorganisation des Unfallmanagements begonnen. Die Verantwortlichkeit werden bei einer Institution gebündelt (Havariekommando). Aber was hilft das, wenn kein sicherer Hafen für das Schiff zur Verfügung steht. In Bremen und Bremerhaven wurden häufiger Schiffe zur Unfallbekämpfung aufgenommen. Aber es darf nicht vergessen werden, dass Katastrophen gerade dadurch entstanden sind, dass Häfen nicht bereit gewesen sind Schiffe aufzunehmen. Ich begrüße es deshalb, wenn ein übergreifende Systematik für das Anlaufen von Nothäfen eingeführt wird, die nicht nur die ökonomischen Betrachtungen des Hafens berücksichtigt.
Letztlich wird uns allen das helfen. Der internationale Handel wächst. Wenn wir als Häfen uns an diesem Wachstum beteiligen wollen, müssen wir alle Aspekte des Betriebes berücksichtigen – und das beinhaltet leider auch Unfälle und deren Abarbeitung und die Themen Sicherheit und Gefahrenabwehr. In diesem durch Wettbewerb geprägten Umfeld benötigen wir vergleichbare Standards für Sicherheit, Gefahrenabwehr und Umweltschutz. Ich freue mich deshalb auch, einen Repräsentanten der Europäischen Schiffsicherheitsbehörde hier begrüßen zu können und verbinde damit die Hoffnung, dass eine gute Basis für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EMSA und den Häfen gefunden werden kann.
In dieser sehr kostenbewussten Welt und in Anbetracht der notwendigen Sparsamkeit halte ich es für notwendig, dass auch die Arbeitsprozesse vereinfacht werden. Dieser Kongress stellt einen wesentlichen fachlichen Beitrag dazu dar.“