28.02.2000
Senatorin Hilde Adolf: Kontrollen unverzichtbar
Dioxin in belgischen Lebensmitteln, kontaminierte Getränkedosen von Coca-Cola, Quecksilber in Butterfisch und hohe Keimbelastung in Salben und Cremes einer in Bremen ansässigen Kosmetikfirma – der im Ressort der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales angesiedelten amtlichen Lebensmittelüberwachung im Lande Bremen bescherten "Skandale" im vergangenen Jahr eine Menge zusätzlicher Arbeit.
Dies geht aus dem Jahresbericht 1999 der Lebensmittelüberwachungs-, Tier-schutz-und Veterinärdienste (LMTVet Bremen/Bremerhaven) hervor, der heute (28. Februar 2000) von Senatorin Hilde Adolf und dem Leiter des Amtes, Dr. Eberhard Haunhorst, der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Die alarmierenden Nachrichten aus Belgien über Dioxin-Belastungen führten in Bremen und Bremerhaven zu intensiven und großräumigen Überwachungen. So nahm ein Bremer Fleisch-Verarbeitungsbetrieb 67 Tonnen Fleischwaren freiwillig aus der Produktion, bis durch Proben die Unbedenklichkeit der Ware bescheinigt wurde. In zwei Umpackzentren wurden 34 Tonnen Erzeugnisse aus Schweinefleisch sichergestellt, unter amtlicher Überwachung an belgische Firmen zurückgeschickt oder vernichtet. Bei der gezielten Überprüfung von Supermärkten wurden rund 560 Kilo Lebensmittel freiwillig aus den Regalen geräumt.
In Bremerhaven sorgte Ende Oktober/Anfang November zusätzlich eine Partie Butterfisch aus Asien mit zu hohem Quecksilbergehalt für Aufregung. Große Teile der Partie wurden sichergestellt; für bereits auf dem Markt befindliche Butterfische dieser Lieferung wurde eine Rückrufaktion gestartet. Seit dieser Zeit werden Fische in Bremerhaven verstärkt auf Quecksilber hin untersucht.
"Das Amt leistet einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und Verbraucherinnen", betonte Senatorin Hilde Adolf. Als Teil des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sei es unverzichtbar. Auch in anderen Aufgabenbereichen, beispielsweise dem Tierschutz, zeige sich wie wichtig die Kotrollen seien. Dies gehe auf beeindruckende Weise aus dem Jahresbericht hervor.
Die 110 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienste in Bremen (70) und Bremerhaven (40) – seit 1. Januar dieses Jahres sind die Dienste zu einem Amt (LMTVet) fusioniert – sind für die Lebensmittelüberwachung, den Tierschutz, die Bekämpfung von Tierseuchen, die Fleischhygiene, die Begutachtung der Sendungen an den drei Grenzkontrollstellen im Lande Bremen und für den Pflanzenschutz zuständig.
Für den Bereich der Lebensmittelüberwachung stehen in der Stadt Bremen 11 Lebensmittelkontrolleure und drei Amtstierärzte, in Bremerhaven 6 Lebensmittelkontrolleure und zwei Amtstierärzte zur Verfügung.
Nach Angaben von Dr. Haunhorst wurden im vergangenen Jahr 5084 Kontrollen in Bremer Betrieben vorgenommen, zusätzlich 555 Handelsklassenkontrollen (HKK). Dabei gab es 1441 Beanstandungen, bei den HKK 74. In 1436 Fällen insgesamt wurden Betriebe belehrt, 71 mal wurden Bußgeldverfahren eingeleitet.Während der Betriebskontrollen fiel ein Unternehmen auf, das kosmetische und pharmazeutische Produkte herstellte. Die Produktionsräume waren in schlechtem baulichen Zustand, auch wurden die vorgeschriebenen Eigenkontrollen nach der Kosmetik-Verordnung nicht erfüllt. Kurze Zeit später wurden diverse Cremes und Salben der Firma in anderen Bundesländern wegen hoher Keimbelastung und somit als möglicherweise gesundheitsschädigend beanstandet.
Einem Herstellungs-Verbot kam die Firma nicht nach. Umfangreiche Ermittlungen ergaben zu dem Hinweise auf mutmaßliche Delikte im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Der Fall ist in Händen der Staatsanwaltschaft.
In Bremerhaven wurden 2411 Betriebskontrollen durchgeführt; es gab 1390 Beanstandungen, 227 mal wurden Bußgelder verhängt oder Verwarnungen ausgesprochen. Die Beanstandungsquote von über 50 Prozent ist unter anderem auf die hohen Hygieneanforderungen in EU-zugelassenen Fischbetrieben zurückzuführen. Im Fischereihafen wurden bei einem EU-zugelassenen Betrieb eklatante Mängel in der Hygiene festgestellt, die nach mehrmaliger Aufforderung nicht abgestellt wurden. Die amtlichen Kontrolleure empfahlen, dem Betrieb die EU-Zulassung zu entziehen.
Im vergangenen Jahr wurden im Rahmen von Sonderüberwachungsprogram-men 41 Lieferfahrzeuge und Kühleinrichtungen von 54 Betrieben – von Schlachtereien bis Eisherstellern - in der Stadt Bremen unter die Lupe genommen. Im Rahmen der Kontrolle der Lieferfahrzeuge wurden in 7 Fällen kühlpflichtige Lebensmittel, die hohe Temperaturen aufwiesen, in Fahrzeugen ohne Kühleinrichtung transportiert, 7 Fahrzeuge wiesen Hygienemängel und 2 technische oder bauliche Mängel auf. Bei den 74 überprüften Kühleinrichtungen waren in 13 Truhen die Temperaturen zu hoch, in drei Fällen waren die Truhen zu voll und sieben waren unsauber.
Die Lebensmittelhygiene-Verordnung verpflichtet seit rund eineinhalb Jahren Betriebe zu Eigenkontrollen. Diese Vorschrift wird noch nicht zufriedenstellend umgesetzt. Besonders im Bereich der Gastronomie sind nach den Erkenntnissen der amtlichen Kontrolleure noch erhebliche Defizite vorhanden. Haunhorst: "Bisher haben wir hauptsächlich beraten. Im laufenden Jahr werden wir gezwungen sein, vermehrt Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten einzuleiten."
Ein Großteil der Arbeit ergibt sich für die Beschäftigten des LMTVet durch die Untersuchungen in den Schlachthöfen im Lande Bremen. Dort sind in Bremen allein 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingesetzt, in Bremerhaven 15. Sie mußten an 5 bis 6 Arbeitstagen in der Woche, in Spitzenzeiten bis zu 11 Stunden pro Tag, 1999 insgesamt etwa 64.000 Rinder und 335.000 Schweine untersuchen, wobei jedes Tier einer Schlachttier- und Fleischuntersuchung unterliegt.
Auch Bürger und Bürgerinnen können sich an den LMTVet wenden, wenn das gekaufte Lebensmittel verdorben ist. Die gegebenenfalls vom LMTVet in Auftrag gegebene Untersuchung ist für den Verbraucher kostenlos. Im Jahr 1999 sind 150 solcher Verbraucherbeschwerden eingegangen.
Untersuchung von Waren tierischen Ursprungs aus Drittländern
Im vergangenen Jahr wurden in den bremischen Häfen 17.489 Einfuhrsendun-gen, davon 14.696 in Bremerhaven, abgefertigt. Dabei handelt es sich sowohl um Erzeugnisse, die zum menschlichen Verzehr (Fleisch, Fisch, Geflügel, Honig) bestimmt sind, als auch um sogenannte Non-Food-Produkte (Fischmehl, Tiernahrung, Wolle). Etwa die Hälfte der Sendungen wurden einer Warenuntersuchung unterzogen, die bei 26 Sendungen zur Beanstandung und damit dem Verbot der Einfuhr in die Europäische Union führte.
Zum Aufgabenbereich des Pflanzenschutzes gehört die Überwachung von Ein und Ausfuhrsendungen (Früchte, Holz, Gartenpflanzen) zur Verhinderung der Einschleppung von Schädlingen und Krankheitserregern, die Beratung und Genehmigung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder alternativer Methoden und die Kontrolle der Abgabe von Pflanzenschutzmitteln.
Die regelmäßige Kontrolle landwirtschaftlicher Betriebe sowie von Zoofachgeschäften, Bienenständen und anderen Einrichtungen in denen sich Krankheitserreger innerhalb einer Tierpopulation seuchenhaft ausbreiten oder auf den Menschen übertragen werden können, dienen der Früherkennung und schnellen Bekämpfung solcher Tierkrankheiten und sollen gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden verhindern.
Stark zugenommen haben 1999 in der Stadt Bremen die Kontrollen im Bereich Tierschutz (482 = plus 30 Prozent). Die Zahl der Anzeigen aus der Bevölkerung erhöhte sich um rund die Hälfte auf 334. In 67 Fällen folgten Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gegen Tierhalter, sieben Strafanzeigen wurden erstattet, in 26 Fällen wurden die Tiere den Besitzern weggenommen. Als Beispiele besonders krasser Tierquälerei sind erwähnenswert, dass ein schwerkranker Schäferhund ausgesetzt wurde und ein Rhesusaffe ständig an einer Heizung in der Küche angekettet war und hauptsächlich pommes frites zu fressen bekam. Allein im Tierschutz wurden Bußgelder in Bremen in Höhe von über 100 000 Mark verhängt.
Schlagzeilen machte in Bremerhaven unter anderen Fällen derjenige eines Pferdehalters, der seine Tiere so schlecht behandelte, dass sie über längere Zeit Schmerzen und Leiden ertragen mußten. Die Pferde und Ponies wurden an verschiedene Personen abgegeben. Insgesamt wurden in der Seestadt 98 tierschutzrechtliche Kontrollen vorgenommen, wobei rund 70 Prozent auf Beschwerden aus der Bevölkerung zurückzuführen waren.