Große Übereinstimmung zu verschiedenen Punkten konnten heute (08.04.2011) Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz feststellen. Ein wichtiges Thema war die Situation der Bahnverbindungen in Norddeutschland, insbesondere die „unmögliche Lage für die zahlreichen Pendler zwischen unseren beiden Hansestädten“ (Böhrnsen). Bremens Bürgermeister: „Es ärgert mich immer wieder, wenn auf unseren Strecken alte Züge und Waggons eingesetzt werden, weil sich die Bahn auf ihr Kernnetz konzentrieren möchte. Das ist falsch, die Bahn muss die Fläche ordentlich versorgen.“ Scholz und Böhrnsen werden das Thema nicht nur gegenüber der DB AG, sondern auch gegenüber Bundesverkehrsminister Ramsauer ansprechen, den sie zusammen mit den Regierungschefs von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein am kommenden Freitag in Berlin treffen.
Im Gespräch mit Bundesminister Ramsauer werden auch die Projekte der so genannten Ahrensburger Liste weiter erörtert, also die Verkehrsprojekte, die die fünf norddeutschen Länder als prioritär für den Norden Deutschlands erachten und entsprechend gemeinsam gegenüber dem Bund vertreten. Jens Böhrnsen: „Hier geht es um die Infrastrukturprojekte, die für eine bessere Anbindung unserer Seehäfen unabdingbar sind. Es ist in diesem Zusammenhang nicht länger hinnehmbar, dass der Norden bei den Investitionen in den Schienen gegenüber anderen deutschen Regionen ganz elementar benachteiligt wird. Um es mit einer Zahl deutlich zu machen: Auf den Norden entfallen nur weniger als fünf Prozent aller Finanzierungsvereinbarungen für den Schienenausbau. Eigentlich müsste die dreifache Summe in den Norden fließen.“
Zu den wesentlichen Maßnahmen zur Stärkung der Seehafenanbindungen gehört die Erreichbarkeit des JadeWeserPorts und auch die Y-Trasse.
Um mehr Güter auf die Schiene zu bekommen und hierfür auch die notwendige Akzeptanz zu erzielen, ist es aber notwendig, dass auch die Ansprüche der Bahnanwohner ernst genommen werden, betonten Scholz und Böhrnsen. Neben Lärmschutzwänden müsse dafür auch in modernes Wagenmaterial investiert werden.
Ein zentrales Thema des Zusammentreffens der beiden Bürgermeister war die Zukunft der erneuerbaren Energien. In der kommenden Woche treffen die Regierungschefinnen und –chefs der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen, um über den Fortgang des Atomausstiegs zu beraten. Für Böhrnsen steht fest, dass die ältesten AKW einschließlich des AKW Unterweser nach dem Moratorium dauerhaft abgeschaltet bleiben müssen. Scholz: „Das gilt gleichermaßen für das besonders umstrittene KKW Krümmel, 15 km vor den Toren Hamburgs.“ Olaf Scholz machte deutlich, dass jetzt auch Hamburg gegen den Beschluss zur Laufzeitverlängerung beim Bundesverfassungsgericht vorgehen wird. Brandenburg, Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatten bereits Klage in Karlsruhe erhoben.
Parallel zum zügigen Atomausstieg (Böhrnsen: „Warum sollten wir uns nicht 2017 zutrauen“) muss laut Böhrnsen und Scholz der Bund mit Nachdruck und wirksam den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien forcieren.
Bremen fordert für die Offshore-Windenergie in einem Antrag für die Bundesratssitzung am kommenden Freitag ein Programm, das nicht nur die gesetzlichen Voraussetzungen, sondern auch den Auf- und Ausbau der nötigen Infrastruktur umfasst. Jens Böhrnsen: „Dem Ausbau der Offshore-Windenergie kommt eine überragende Bedeutung für die Bewältigung des Systemwechsels in der Energiepolitik zu. Verbunden sind damit auch erhebliche Chancen für den norddeutschen Raum, insbesondere auch für die Metropolregion im Nordwesten und für Bremerhaven.“ Olaf Scholz: „Zügig muss sich auch der Ausbau der Netze gestalten, damit wir den in Norddeutschland produzierten Strom auch in die Zentren des Südens transportieren können.“
Neben den Energie- und Verkehrsthemen befassten sich die beiden hanseatischen Regierungschefs auch mit der Situation den Folgen der sozial- und arbeitsmarktpolitischen Beschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung. Beide begrüßten die Möglichkeiten, mit dem von den Ländern und dem Bund im Vermittlungsausschuss beschlossenen Bildungs- und Teilhabepaket, konkrete Hilfen für die Kinder in armen Familien anzubieten. Nachdrücklich wiesen sie aber auch auf die negativen Folgen der deutlichen Kürzung der Beschäftigungsförderung hin. Nur mit großen eigenen Anstrengungen können die schlimmsten Auswirkungen auf die Arbeitslosen, die Beschäftigungsträger und die am stärksten betroffenen Stadtteile abgemildert werden. Jens Böhrnsen: „Bremen und Hamburg stehen beide vor der schwierigen Aufgabe, das Ausgrenzen und Abhängen ganzer Stadtteile zu verhindern. Das geht nur mit klarer Schwerpunktsetzung. Dafür müssen wir aber auch die notwendigen Mittel zur Verfügung haben.“ Die kürzlich vom Bund beschlossene Kürzung von Städtebauförderungsmitteln sei das falsche Signal.
Fotos: Senatspressestelle