24.02.2003
Die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) teilt mit:
Über 200 Frauen und Männer aus zahlreichen Gesundheitsberufen - WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen: ÄrztInnen, PsychologInnen und VertreterInnen der Naturheilkunde ebenso wie ErnährungsberaterInnen, AtemtherapeutInnen und YogalehrerInnen - kamen am vergangenen Wochenende in Bremen erstmals zu einem multidisziplinär besetzten Kongress zusammen, der das Thema Wechseljahre aus unterschiedlichen professionellen Blickwinkeln beleuchtete.
Im Zentrum des Kongresses stand der soziale und medizinische Zusammenhang, in dem die Wechseljahre und die Einstellung zur Menopause im alltäglichen Leben gesehen werden. Dabei standen die Kritik einer Medikalisierung der Wechseljahre und die Förderung der informierten und eigenverantwortlichen Entscheidung von Frauen – auch für oder gegen die Einnahme von Hormonen, die Wahl alternativer Behandlungsformen oder diese Zeit im eigenen Rhythmus zu leben - im Mittelpunkt.
In einer BREMER ERKLÄRUNG „wechseljahre multidisziplinär“ fassten die TeilnehmerInnen u.a. zusammen:
Die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen für die Praxis wurden auf dem Abschlusspodium am Sonntag, 23.02.03 mit VertreterInnen der Bundesärztekammer, des Bundesverbandes der Frauengesundheitszentren, des AOK Bundesverbandes und der Bremer Landesbeauftragten für Frauen erörtert.
Dr. Ursula Auerswald, stellvertretende Präsidentin der Bundesärztekammer führte aus: „Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen in Form von Weiterbildungsveranstaltungen an die Basis der medizinischen Versorgung gebracht werden; die Ärztekammer Bremen wird hier Veranstaltungen mit ExpertInnen unterschiedlicher Professionen organisieren, in der der aktuelle Wissensstand über Behandlungsformen vermittelt wird.“
Angelika Zollmann vom Bundesverband der Frauengesundheitszentren ergänzte: „Die Frauengesundheitszentren haben von Anfang an das Ziel gehabt, die Selbstkompetenzen von Frauen zu stärken. Wir fühlen uns durch den Abbruch der WHI-Studie darin bestätigt, dass wir schon so lange kritisch auf die Hormontherapie blicken. Wir müssen aber aufpassen, durch „alternative“ Behandlungsangebote nicht ebenfalls in die „Medikalisierungsfalle“ zu tappen“.
Prof. Dr. Norbert Schmacke, Leiter des Stabsbereichs Medizin des AOK Bundesverbandes, wies auf die Bedeutung anbieterunabhängiger Informationen hin: „Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat schnell auf die neuen wissenschaftlichen Ergebnisse reagiert und in kurzer Zeit eine Warnung heraus gegeben, die Hormonpräparate nicht zur Prävention einzusetzen. Diese Einschätzung muss in die Praxis umgesetzt werden, auch gegen die Interessen derjenigen, die mit der Medikalisierung gesunder Frauen Geld verdienen.“
Ulrike Hauffe, Bremer Landesbeauftragte für Frauen, formulierte Kriterien für eine frauengerechte Gesundheitspolitik: „Eine adäquate Gesundheitspolitik für Frauen muss sich messen lassen an der Einbeziehung der Lebenswelt von Frauen, an der Stärkung der Selbstkompetenz von Frauen, an ihrer Sozialverträglichkeit und an ihrer Effizienz im Einsatz der Mittel. Eine Medizin, die zum sozialen Mentor im Leben von Frauen hochstilisiert wurde, entspricht nicht diesen Ansprüchen.“ Die abschließende Einschätzung von Ulrike Hauffe fand große Zustimmung: „Die Interdisziplinarität, mit der auf diesem Kongress die Jahre des Wechsels von Frauen diskutiert wurden, ist die Arbeits-, Verständigungs- und Entscheidungsform der Zukunft im Gesundheitswesen. Sie öffnet den Blick für die Bedürfnisse von Frauen und zeigt die Grenzen der jeweiligen professionellen Erkenntnisse und des Handelns.“
Der Kongress wurde veranstaltet vom Bremer Forum Frauengesundheit, den Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) und dem Zentrum für Public Health an der Universität Bremen.
Bremer Erklärung „wechseljahre multidisziplinär“ 23. Februar 2003 Die über 200 Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Kongresses „wechseljahre multidisziplinär“ haben am 23.2.2003 folgende Erklärung verabschiedet: „Wechseljahre sind eine natürliche Phase im Leben von Frauen und keine Krankheit. In den Wechseljahren greifen körperliche, psychische und soziale Prozesse ineinander. Veränderungen, die Frauen während dieser Zeit erleben, können sehr verschiedenartig sein und unterschiedliche Ursachen haben. Sie bilden die Vielfalt der Lebenswirklichkeit von Frauen ab und sind im Kontext ihrer Lebenssituation zu sehen. Die Wechseljahre sind nicht auf hormonelle Veränderungen zu reduzieren. Die einseitige Sichtweise und Bewertung führt zu unangemessenen Behandlungskonzepten und zu Über-, Unter- und Fehlversorgung. Die mit zweifelhaftem Nutzen und mit Risiken einher gehende Therapie mit Sexualhormonen ist dafür nur ein deutliches Beispiel. Es stellt sich die Frage, ob Frauen überhaupt eine professionelle Begleitung in dieser Lebensphase benötigen, und wenn ja, wie ein frauen- und situationsgerechtes Angebot aussehen kann. Wir fordern, Die Bremer Erklärung "wechseljahre multidisziplinär soll zur Entwicklung neuer Konzepte und Strukturen im Umgang mit den Wechseljahren beitragen. Alle Beteiligten dieses Kongresses sind aufgefordert, im Sinne dieser Erklärung in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern verantwortlich zu handeln und die Diskussion fortzuführen.“ Hinweis für Redaktionen: Bei Nachfragen können Sie sich direkt wenden an Frau Ilse Scheinhardt in der ZGF: Telefon (0421) 361-3183 – Mailadresse: ilse.scheinhardt@frauen.bremen.de