Mäurer: "Koalitionäre haben lange um Kompromisse gerungen – diese sind gefunden"
25.06.2020Der vorliegende Entwurf des Bremer Polizeigesetzes, das heute (Donnerstag, 25. Juni 2020) gemeinsam mit den Fraktionen vorgestellt wurde, bezeichnet Bremens Innensenator Ulrich Mäurer als "einen gelungenen Kompromiss, um den lange gerungen wurde".
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werde insbesondere das Datenschutzrecht im Bremischen Polizeigesetz aktualisiert. Hier liege ein Schwerpunkt, der erhebliche Veränderungen für die Polizeiarbeit nach sich ziehe. Damit werde Bremen EU-datenschutzrechtlichen Vorschriften sowie den Anforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeskriminalamtgesetz vom 20. April 2016 gerecht. Die Umsetzung, so Mäurer, stelle die Polizei jedoch künftig vor enorme Herausforderungen. Viele Kapitel des novellierten Gesetz-Entwurfes befassten sich mit dem Umgang und der Verarbeitung personenbezogener Daten, Datenübermittlung, Datenlöschung sowie der Sperrung von Daten und dem Auskunftswesen. "Ohne massive personelle Unterstützung sind diese neuen Aufgaben nicht zu schaffen", betont Mäurer. Die Polizei benötige dafür u.a. Fachkräfte mit grundlegenden juristischen Kenntnissen sowie Spezialisten aus dem IT-Bereich. Die Polizeiführung werde ihr Umsetzungskonzept dazu in einer Sondersitzung der Innendeputation im Spätsommer vorlegen.
Das Gesetz schafft außerdem die Grundlage für die Stelle eines oder einer unabhängigen Polizeibeauftragten bei der Bremischen Bürgerschaft. Diese Stelle soll das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei stärken und unterstützen. Der oder die Beauftragte soll demnach Hinweisen auf etwaige strukturelle Mängel bei der Polizei nachgehen sowie die Fehlerkultur innerhalb der Polizei fördern. Mäurer: "Ich bin überzeugt, eine solche Stelle kann das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit stärken. Sie ist zugleich auch für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte da, die Eingaben machen wollen, aber sich damit nicht gleich an ihre Vorgesetzen wenden möchten." Der Polizeibeauftragte oder die Polizeibeauftragte könne damit auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöhen. Zum dem Aufgabenbereich würden zudem Vorgänge gehören, die unterhalb der Schwelle rechtswidrigen Verhaltens lägen. Mäurer: "Am Ende können alle davon profitieren."
"Wir haben in zahlreichen Sitzungen um viele Details, aber auch um Sichtweisen sowie um Grenzen und Möglichkeiten des polizeilichen Handelns gerungen", betont Mäurer. Herausgekommen sei ein Entwurf, den nun alle drei Regierungsfraktionen einbringen. Viel Raum habe dabei die Diskussion um die künftigen Möglichkeiten zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) eingenommen. In den zurückliegenden Jahren hat sich die Telekommunikation rasant weiterentwickelt. An fast jedem Ort können Telefonate geführt, E-Mails, SMS und sonstige Text- oder Bildnachrichten versendet und empfangen werden. Mit diesen positiven Möglichkeiten der Vernetzung erweitern sich allerdings auch die Möglichkeiten für Kriminelle: Unabhängig vom jeweiligen Standort können Kriminelle weltweit kommunizieren, sich austauschen und Taten organisieren und veranlassen. Sie erhalten hierdurch die Möglichkeit, sich sehr viel schneller und intensiver unabhängig von festen Standorten auszutauschen und Taten vorzubereiten und zu verabreden. Insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität und der politisch motivierten Kriminalität werden die Möglichkeiten der Telekommunikation ausgeschöpft. Straftaten mit gravierenden Auswirkungen für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger, für das gesellschaftliche Zusammenleben sowie für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes können hierdurch unter erleichterten Voraussetzungen durchgeführt werden.
Um eine effektive Gefahrenabwehr auch weiterhin sicherzustellen, wird der Polizeivollzugsdienst der Freien Hansestadt Bremen mit dem Gesetz in die Lage versetzt, die Telekommunikationsüberwachung in engen Grenzen auch präventiv, d.h. vor Begehung einer Straftat, durchführen zu können. Mäurer: "Aufgrund der Tragweite dieses Eingriffs in die Rechte Einzelner sind jedoch hohe Anforderungen an die berechtigten Interessen zum Schutz der Grundrechte zu erfüllen." Neben dem Abhören und / oder Aufzeichnen von Telefongesprächen oder SMS-Nachrichten kommt bei der TKÜ der Abruf von Verbindungsinformationen (Verkehrs- oder Nutzungsdatenauskunft) sowie von Rahmendaten über den Telekommunikationsteilnehmer (Bestandsdatenauskunft) als auch die Ortung des Mobilfunkgeräts (Standortfeststellung) und die Unterbrechung von Telekommunikationsverbindungen in Betracht.
Zufrieden zeigte sich Bremens Innensenator damit, gewalttätige Personen künftig leichter aus ihrer Wohnung zu verweisen und damit ihre Angehörigen vor weiterer häuslicher Gewalt zu schützen. "Die Gefahrenschwelle, nach der gehandelt werden kann, wird gesenkt", so Mäurer. Bislang sei die "Wegweisung" eines Schlägers aus seiner Wohnung nur möglich, wenn eine unmittelbare, gegenwärtige Gefahr für das Opfer bestehe. Künftig reiche eine "konkrete Gefahr". Mäurer: "Für Außenstehende mag sich das nach Wortklauberei anhören. Für Opfer von häuslicher Gewalt bedeuten diese Änderungen im Polizeigesetz jedoch einen deutlich besseren Schutz als bisher." Die Kontaktdaten der Betroffenen sollen zudem automatisch an Beratungsstellen weitergeleitet werden, um künftigen Übergriffen vorzubeugen. "Die Erfahrung zeigt, dass es nicht damit getan ist, Schläger mal 14 Tage von ihrer Familie fernzuhalten, damit sich alle sammeln und wieder beruhigen können, sondern dass sich auch das Opfer aus der Gewaltspirale innerhalb der Beziehung befreien muss. Das ist oft ein längerer Prozess und geht häufig nur mit Unterstützung von außen."
Um auszuschließen, dass sich womöglich charakterlich ungeeignete Personen für die Polizei Bremen bewerben bzw. tätig sind, wird eine neue Regelung geschaffen. Mit dieser Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Norm wird hierzu die gesetzliche Grundlage im Bremischen Beamtengesetz geschaffen.
Als positiv bewertete Mäurer auch die künftigen Möglichkeiten der Videoüberwachung im öffentlichen Raum. "Bislang war eine Videoüberwachung nur an Orten möglich, an denen vermehrt Straftaten begangen wurden, wie zum Beispiel am Hauptbahnhof. Mit unseren geplanten Änderungen ist dies nun auch an besonders sensiblen Objekten zur Daseinsvorsorge, wie einem Wasserwerk möglich. Außerdem temporär bei Großveranstaltungen wie dem Freimarkt oder dem Weihnachtsmarkt." Mäurer: "Das ist ein Sicherheitsplus für unser Bundesland."
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