11.09.2001
Am Dienstag, 18.September 2001, um 20.00 Uhr startet die Landesbildstelle, Uhlandstraße 53, die Wintersaison 2001/2002 ihrer Film- und Vortragsreihe „Bremer Tagebuch“. Im Mittelpunkt dieser 114. Ausgabe der Serie steht ein Vortrag des bekannten Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Rudolf Hickel über „Chancen und Risiken der Wirtschaft im Euroland“. Aktueller Anlass für die diesjährige Eröffnungsveranstaltung der Wintersaison 2001/2002 ist die Umstellung der Bargeld-Währungen auf Euro in zwölf Mitgliedsstaaten der Europäischen Union am 1.Januar 2002.
Umgetauscht werden die bisherigen nationalen Münzen und Banknoten in Belgien, Deutschland, Griechenland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Spanien in Euro-Banknoten und Euro-Münzen. Niemals zuvor hat es ein solches Megaprojekt in der Geschichte der Geldwirtschaften gegeben. Entsprechend hoch sind die Kosten der Umstellung und die logistischen Anstrengungen für die rechtzeitige Versorgung von ca. 300 Millionen Europäern mit Euro-Bargeld.
In Deutschland sind aber auch die Ängste beim Abschied von der seit über fünfzig Jahren geliebten Deutschen Mark groß und die Vorstellung, es käme zu einer Währungsreform, d.h. letztlich zu einem Wertverlust der Geldbestände, ist immer noch weit verbreitet. Offensichtlich hat die Aufklärung bisher nicht ausgereicht, derartige Sorgen und Ängste zu beseitigen. Aber auch die Urteile über die künftige Qualität dieser Währung fallen oft skeptisch aus.
Wird der Euro eine „Desperado-Währung“? Kann eine einheitliche Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in zwölf Ländern mit unterschiedlichen Konjunkturverläufen und Wirtschafts- sowie Sozialstrukturen überhaupt gelingen? Welchen Einfluss hat die Euro-Geldpolitik auf die Beschäftigung?
Diese und andere Fragen werden in dem Vortrag von Prof. Dr. Hickel aufgenommen und ausführlich beantwortet, aber es wird auch die Geschichte des Euro dargestellt. Wer erinnert sich schon daran, dass die monetäre Zusammenarbeit bereits mit dem Europäischen Währungssystem, das im Sommer 1978 im Bremer Rathaus ausgehandelt wurde, begonnen hat. Schließlich wurde in dem Maastrichter Vertrag von 1992 schon festgelegt, dass der Euro nach einer stufenweisen Anpassung bis zum 31.12.1998 geschaffen sein muss. In der Hektik um die Umtauschaktion zu Beginn des kommenden Jahres wird oft vergessen, dass es den Euro de facto bereits seit Mai 1998 gibt. Dabei stellt sich die Frage: Wie kam es am Silvester-Mittag 1998 zu der Umtauschrelation 1 € = 1,95583 DM? Bekanntlich wird die DM schon seit dem 1.1.1999 nicht mehr an den Devisenbörsen gehandelt.
In seinem Vortrag wird Prof. Dr. Hickel außerdem auf die Entwicklung des Euro-Binnenwertes (Inflation) und des Euro-Außenwertes (Wechselkurs) eingehen. Warum ist der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US$ nach einem Bilderbuchstart so hart abgestürzt ? Wie sind die Chancen seiner Aufwertung ?
Nicht übersehen werden darf, dass die einheitliche Geldpolitik im Euroland auch Rückwirkungen auf die nationalen Finanzpolitiken hat. Ist durch die Stabilitäts- und Wachstumspolitik, die öffentliche Haushaltsdisziplin verordnet, der Spielraum für eine aktive Wachstums- und Beschäftigungspolitik zugunsten einer einseitigen Geldwertstabilität verbaut worden?
Anschließend wird die These begründet: „Die einheitliche Geldpolitik im Euroland bietet große Chancen für die Wirtschaft“. Diese Chancen werden jedoch zugunsten von nachhaltigem Wirtschaftswachstum und hoher Beschäftigung erst dann zur Geltung kommen, wenn auch die anderen Politiken - insbesondere die Finanzpolitik - stärker koordiniert werden. Perspektivisch wird abschließend auf die Konsequenzen der EU-Osterweiterung für den Euro eingegangen.
In Zusammenarbeit der Universität Bremen und der Wittheit zu Bremen veranstaltet das „Bremer Tagebuch“ erstmals öffentlich einen Film- und Vortragsabend über „Chancen und Risiken der Wirtschaft im Euroland“. Eingeladen wurde Dr. Rudolf Hickel, seit 1974 Professor für Politische Ökonomie und seit 1993 Professor für Finanzwissenschaft und Wissenschaftlicher Direktor des PIW-Instituts für Wirtschaftsforschung. Prof. Dr. Hickel ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, Mitglied in mehreren Aufsichtsräten und u.a. als Sachverständiger für den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages tätig. Wir freuen uns sehr darüber, dass Prof. Dr. Hickel sofort bereit war, unsere Einladung anzunehmen. Programmfolge:
Chancen und Risiken der Wirtschaft im Euroland
Ein Vortrag mit Lichtbildern von Prof.Dr. Rudolf Hickel
Macht uns der Euro arm oder reich?
Ein Film des Instituts für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, 24 min,1998
Alle Interessierten - insbesondere die Grund- und Leistungskurse der Bremer Gymnasien im Fach Wirtschaft - sind herzlich eingeladen. Das Programm dauert ca. 80 Minuten. Der Eintritt ist frei, aber Platzreservierungen sind unter Telefon 361-3503 erforderlich.