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Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Bremische Bürgerschaft fordert Bundesratsinitiative zu nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) – Kommentar der Landesfrauenbeauftragten

22.03.2023

Seit Juli 2022 können Schwangere nach Rücksprache mit der behandelnden Gynäkologin oder des behandelnden Gynäkologen einen Bluttest auf Trisomie 21 als Kassenleistung erhalten: den nicht-invasiven Pränataltest (NIPT). Heute (22. März 2023), hat die Bremische Bürgerschaft den fraktionsübergreifenden Antrag "Verantwortungsvoll und gemeinsam eine Grundlage für eine sachgerechte, ethisch verantwortliche und rechtssichere Anwendung von nicht-invasiven Pränataltests schaffen" beschlossen. Kernforderungen sind ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests sowie die Einrichtung eines interdisziplinären Expertinnen- und Expertengremiums, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des NIPT zu prüfen hat – all das auf Bundesebene. Mit dem Bürgerschaftsbeschluss ist der Senat nun aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zu starten. Bremen ist das erste Bundesland, das eine entsprechende Initiative einbringt.



Die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm erklärt hierzu:

"Ich begrüße den fraktionsübergreifenden Bürgerschaftsbeschluss ausdrücklich. Es kann passieren, dass Schwangere durch den Test in eine Situation hohen Drucks versetzt werden, mit dem sie umgehen und in dem sie eine schwerwiegende Entscheidung über ihren Körper treffen müssen. Hier brauchen sie bestmögliche Unterstützung. Mit unserer Veranstaltung 'Hauptsache das Kind ist gesund' haben wir – der Landesbehindertenbeauftragte und die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) – bereits im Juni 2022 angeregt, das Thema auf die bundespolitische Agenda zu setzen. Ich freue mich, dass die demokratischen Parteien unserer Initiative folgen und ein solch starkes Zeichen setzen.

Die Bilanz der zentralen Akteurinnen und Akteure in Bremen – Pränatalmedizinerinnen und -mediziner, Humangenetikerinnen und -genetiker, Gynäkologinnen und Gynäkologen, Hebammen und Beratungsstellen – nach einem halben Jahr Kassenzulassung des NIP-Test hat gezeigt: Eine rechtliche und ethische, aber auch frauenpolitische Debatte um die Kassenzulassung ist unbedingt nötig. Denn erste Beobachtungen aus der Fachpraxis zeigen nachteilige Entwicklungen für Schwangere. So werden vielfach falsche Erwartungen mit dem NIP-Test verbunden.

Dies liegt zum einen am begrenzten Aussagegehalt des NIP-Tests: So gehen Schwangere bei einem negativen Ergebnis möglicherweise davon aus, dass ihr Kind gesund sei. Eine solche Aussage kann der NIP-Test aber gar nicht treffen: Der Test gibt nur Hinweise auf fünf bis zehn Prozent aller Auffälligkeiten, nämlich Veränderungen des 13., 18. und 21.Chronmosomenpaars. Andere pränatal-diagnostische Verfahren, wie das Trisemesterscreening, machen ein deutlich breiteres Spektrum von Auffälligkeiten sichtbar.

Zum anderen hat das Testergebnis nur einen begrenzten Vorhersagewert, insbesondere bei jüngeren Frauen. Sein Ergebnis kann lediglich Hinweise liefern. Für eine Gewissheit müssen invasive Abklärungsuntersuchungen vorgenommen werden, also diagnostische Verfahren zur Überprüfung der Ergebnisse eines NIP-Tests. Die Abklärungsuntersuchungen der letzten Monate zeigen, dass bis zu 30 Prozent der NIP-Tests falsch-positive Ergebnisse lieferten, also fälschlicherweise einen Hinweis auf eine Behinderung gaben. Bei fast einem Drittel der positiven Tests ist das Kind gesund.

Obwohl in seiner Aussagekraft sehr eingeschränkt, führt ein positives NIP-Test-Ergebnis bei werdenden Eltern zu einem hohen Handlungsdruck, möglicherweise zu Gefühlschaos: Was bedeutet es, ein Kind mit Trisomie 21 großzuziehen, in einem Land, in dem der Test auf chromosomale Auffälligkeiten gerade Kassenleistung geworden ist? Auch die Beratungsstellen sehen sich vielen überforderten Schwangeren und Angehörigen gegenüber.

Aus frauengesundheitspolitischer Sicht brauchen wir dringend ein Monitoring, um sämtliche Folgen der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests bundesweit zu erheben und fachlich auswerten zu können. Und wir brauchen ein Gremium, dass sich auf dieser Basis um adäquate Lösungen bemüht. Daher unterstütze ich Bremer Bundesratsinitiative vollumfänglich."

Weitere Information finden sich auf den Seiten des Landebehindertenbeauftragten:
www.lbb.bremen.de/nipt

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050, E-Mail: presse@frauen.bremen.de