24.01.2001
Vorschlag ist kein fairer Interessenausgleich, sondern zynische Vorteilnahme
Der Bremer Finanzsenator, Bürgermeister Hartmut Perschau, hat heute (24.1.2001) das von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen vorgelegte Modell zum Länderfinanzausgleich als erneuten Angriff auf die finanzielle Existenzgrundlage der Stadtstaaten zurückgewiesen: "Wie nicht anders zu erwarten steht auch der Modellvorschlag der Südländer ganz in der Tradition der vorsätzlichen Mißachtung der Andersartigkeit der Stadtstaaten. Die unzureichende Berücksichtigung der strukturellen Unterschiede der Stadtstaaten im Vergleich zu den Flächenländern führt aus der Sicht der drei Stadtstaaten zu einer nicht hinnehmbaren dauerhaften Schlechterstellung im bundesstaatlichen Finanzausgleich." Für die Freie Hansestadt Bremen würde die Realisierung dieses Modells die langfristige Fortschreibung ihrer Haushaltsnotlage bedeuten. "Allein aus diesem Grund kann Bremen einem solchen Modell niemals zustimmen. Dann könnten wir auch gleich die Auflösung unseres Bundeslandes beschließen", so Perschau weiter.
Hinter dem auf den ersten Blick unverdächtigen Etikett von "Eigenverantwortung stärken - Solidarität wahren" verbirgt sich ein Modell, das zu ungerechtfertigten Bevorzugungen und Benachteiligungen einzelner Länder führt. Am Ende sind die dauerhaften Gewinner in diesem System die reichen Südländer und das Land Nordrhein-Westfalen. „Ein solches Modell als 'Konsensmodell' in die Debatte einzuführen, ist dreist," sagte Perschau. Darüber hinaus enthalte das Modell eine ganze Reihe von Regelungen, die einer verfassungsrechtlichen Prüfung niemals Stand halten würden.
Aus Bremer Sicht völlig inakzeptabel sind insbesondere die folgenden Elemente des Modells:
Insgesamt ist an dem Südländer-Modell zu kritisieren, das gesicherte Rechtspositionen durch vertikale Dotationen des Bundes ersetzt werden sollen. Im übrigen bewegt sich der Vorschlag der Südländer aus verfassungsrechtlicher Sicht an vielen Stellen auf außerordentlich dünnem Eis. So ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die Bundesergänzungszuweisungen eindeutig: Sie sind nach Art und Umfang zu beschränken. Das Modell der Südländer schafft hingegen diverse neue Tatbestände für Bundesergänzungszuweisungen. Dies widerspricht dem von den Südländern explizit angestrebten Ziel der Vereinfachung des Finanzausgleichs. Hinsichtlich der Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft beharrt das Modell interessenbezogen auf dem bloßen hälftigen Ansatz.
Die Verteilung der Umsatzsteuerergänzungsanteile auch unter Berücksichtigung der hälftigen Finanzkraft der Gemeinden ist verfassungsrechtlich nicht haltbar. Diese Modifizierung des geltenden Rechts führt zu einer erheblichen Besserstellung der neuen Länder bei den originären Steuereinnahmen. Damit wird die Absicht der Verfasser des Modells klar: Das Ziel ist nicht ein Konsensmodell zu präsentieren, sondern den Spaltpilz in die Gruppe der 11 Länder einzupflanzen. "Dies ist kein Versuch, einen fairen Interessenausgleich unter den Ländern herbeizuführen, sondern eine ergebnisgeleitete, interessenbezogene Reaktion auf das von den 11 Ländern unter Beteiligung Bremens entwickelte Reformmodell. Der Vorschlag der Südländer ist kein Modell, das dem Anspruch gerecht wird, durch die Neuordnung des Finanzausgleichs keine Haushaltsbrüche und keine automatischen Haushaltsnotlagen zu erzeugen. Es führt damit keinesfalls zu einer Wahrung der Solidarität unter den Ländern, wie von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen behauptet, sondern es schwächt die föderale Ordnung und bietet eine Fülle von Ansatzpunkten für neue Verfassungsklagen," erklärte Hartmut Perschau abschließend.