Der Senator für Finanzen

Kleine Ziegel- und Mörtelstücke auf dem Bürgersteig lieferten die ersten Hinweise, sofort eingeleitete Untersuchungen brachten die Bestätigung: Die Fassade des denkmalgeschützten Volkshauses in Walle bröckelt, eine Außensanierung ist dringend geboten. Mittlerweile ist eine wesentliche Ursache für gerissene Steine, aufgeplatzte Fugen und seltsam gewölbte Ziegelflächen zwar gefunden. Doch die Schauseite des 1928 fertiggestellten und im Krieg schwer beschädigten Gebäudes, das seit einer 2008 beendeten Innensanierung durch das Amt für Soziale Dienste genutzt wird, gibt noch weitere Rätsel auf. Eine Aufgabe, mit der sich Baufachleute von Immobilien Bremen, das eingeschaltete Architekturbüro Campe Campe Janda BDA sowie die zusätzlich zu Rate gezogenen Tragwerksplaner aus dem Ingenieurbüro Zill und Partner seit Wochen intensiv beschäftigen. Vom an der Hans-Böckler-Straße/Ecke Auf dem Kamp aufgestellten Gerüst aus haben sie die rund 2200 Quadratmeter große Front auf der Wetterseite des Gebäudes gründlich unter die Lupe genommen. Ihr Urteil: Der Verfall ist bereits fortgeschritten, jede Frostperiode wird zu weiteren Schäden führen.

Ein Auslöser des Übels ist mittlerweile ermittelt worden. Korrodierende, ins Mauerwerk eingesetzte Stahlträger im Sockel des viergeschossigen Gebäudes sowie über zahl-reichen der insgesamt 110 Fensterstürze drücken die vorgesetzten Klinker nach außen, weshalb Steine abplatzen, reißen und stückweise zu Boden fallen. Daraus folgt, dass die Fassade über etwa 90 Fenstern geöffnet werden muss, um die rostigen Träger voll-ständig zu entfernen.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Zuvor ist zu klären, welche Funktion diese Unterzüge überhaupt erfüllen und ob sie aus statischen Gründen ersetzt werden müssen. Eine knifflige Frage, zumal keine Bauzeichnungen über das ehemalige Gewerkschaftshaus mehr vorliegen, das nach Plänen des Bremer Architekten Richard Janßen errichtet worden ist.

Noch schwieriger wird die Aufgabe, weil die Fassade auch dort ausgebeulte und rissige Flächen aufweist, wo keine Stahlträger verbaut worden sind. Eine Beobachtung, die Heinrich Campe zu der Annahme führt, dass eventuell thermische Spannungen die Ausbeulungen und Risse verursacht haben. „Wir müssen also mehr darüber wissen, wie die Fassade ‚funktioniert’, um ein schlüssiges Sanierungskonzept aufstellen zu können“, urteilt der Architekt.

Gegenwärtig läuft eine mit Öffnungen der Klinkerverblendungen verbundene Bestandsaufnahme der Gebäudefront, um den Umfang der erforderlichen Arbeiten zu ermitteln. Auf dieser Basis wird Immobilien Bremen eine vorläufige Kostenschätzung vorlegen, damit das Projekt in das Senatsbauprogramm für 2014 aufgenommen werden kann. Die eigentliche Baumaßnahme könnte dann im kommenden Frühjahr beginnen.

Auf der Aufgabenliste wird dabei die Sanierung von Sockel und Fassade einschließlich der teilweisen Neuverfugung der Klinker sowie die Überarbeitung aller 110 Fenster und der Natursteingewände stehen. Im Vorfeld gilt es jedoch, farblich exakt passende Ziegel sowie den entsprechenden Fugenmörtel zu finden, um den Ansprüchen der Denkmalpflege gerecht zu werden. Auf der Suche nach geeignetem Material ist Heinrich Campe bei der Torfbrandziegelei Wittmund fündig geworden; ein zur Probe gemauertes Fassadenstück soll nun Aufschluss geben, ob diese Ziegel den Originalen möglichst weitgehend entsprechen.

Während der Fassadenarbeiten werden auch die Sockel der sechs Skulpturen des Bildhauers Bernhard Hoetger auf ihre Standfestigkeit hin überprüft und bei Bedarf verstärkt. Bei dieser Gelegenheit sollen die einst von den Nazis eingeschmolzenen und 1979 wiederhergestellten Bronzefiguren von Schmutz und Ablagerungen befreit werden. Weitere Arbeiten sind unter anderem an der Dachkonstruktion sowie an der Hofkellerdecke erforderlich.

Dateien mit entsprechend höherer Auflösung können angefordert werden bei:

Peter Schulz | Telefon 0151 1255 8348
Pressesprecher Immobilien Bremen