08.11.2000
Zum 9. November, in Erinnerung an die Reichspogromnacht im Jahr 1938, hat der Präsident der Kultusministerkonferenz, Senator Willi Lemke, darauf hingewiesen, dass in den Schulen die Erziehung zu Weltoffenheit und Toleranz größeres Gewicht als bisher haben müsse. Insbesondere handlungsorientierter Unterricht sei notwendig, um dieses Ziel zu erreichen.
Zugleich betonte der Präsident: "Wir müssen erkennen, dass ein guter Geschichtsunterricht offenbar nicht ausreicht, um Kinder und Jugendliche gegen Rechtsextremismus und Gewaltbereitschaft zu immunisieren".. Unersetzlich sei die authentische Erfahrung, dass ein friedliches und tolerantes Miteinander für alle die Grundlage eines zivilisierten Zusammenlebens ist. "Dabei ist das persönliche Beispiel der Lehrerinnen und Lehrer von besonderer Bedeutung, damit Kinder und Jugendliche wirklich begreifen, dass ausländerfeindliche Anschläge in Worten und Taten Anschläge auch auf die eigene Würde sind", so der Präsident.
Lemke sagte, Erziehung zu Menschlichkeit, Toleranz und Zivilcourage sei zwar zunächst die Aufgabe der Eltern. Gleichwohl müssten auch die Schulen sich stärker darauf konzentrieren, ihren spezifischen Beitrag zu einer demokratischen Erziehung zu leisten. Dabei verdiene das große Engagement vieler Lehrerinnen und Lehrer jede Unterstützung und Rückhalt in der Öffentlichkeit. Deshalb setze er sich seit Beginn seiner Präsidentschaft dafür ein, ihnen für ihre schwierige Aufgabe den Rücken zu stärken. Nur selbstbewusste Lehrerinnen und Lehrer könnten ihre wichtige erzieherische Aufgabe überzeugend wahrnehmen.
Er appelliere an alle an der Erziehung Beteiligten, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass extremistische Übergriffe von den Kindern und Jugendlichen ebenso wenig wie von den Erwachsenen übersehen, toleriert oder gar klammheimlich bewundert würden. "Wenn wir aber wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler couragiert gegen Hass, Gewalt und Rassismus aufstehen, dann müssen wir selber aufstehen. Hier geht es nicht um theoretischen Lernstoff, den man an Experten delegieren kann", so der Präsident.
Ausdrücklich begrüßte Lemke den von einem breiten Spektrum von Persönlichkeiten und Organisationen initiierten Aufruf „Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz“. Er hoffe sehr, dass die von diesem Bündnis initiierte Demonstration und Kundgebung am 9. November in Berlin, auf der der Bundespräsident und der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland sprechen werden, eine große Beteiligung findet.