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Sonstige

Die Spur führte nach Azarshahr

Immobilien Bremen steht kurz vor Abschluss der Sanierung des
Staatsarchivs

28.12.2011

Planung, Ausschreibung, Arbeitsaufnahme, Fertigstellung – nach diesem Schema laufen gemeinhin Bauvorhaben ab. Bei diesem Projekt kamen jedoch die Positionen Detektivarbeit, Archivsuche und Geologie hinzu. Gemeint ist die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Staatsarchivs am Präsident-Kennedy-Platz, die im September 2009 begonnen wurde und nun kurz vor dem Abschluss steht.

Es war jedoch weniger der zweigeschossige Verwaltungstrakt, der den Planern bei Immobilien Bremen (IB) sowie den beauftragten Architekten Kopfzerbrechen bereitete. Schwierig gestaltete sich vielmehr die Sanierung des Magazinturms, in dem wertvolle Archivalien wie das Bremer Stadtrecht von 1303 oder das „Linzer Diplom“ von 1646 aufbewahrt werden. Denn der achtgeschossige, nahezu fensterlose Kubus ist mit Travertinplatten aus dem früheren Persien verkleidet, für die dem ersten Anschein nach kein Ersatz in der benötigten Qualität zu finden war. Ein kompletter Austausch dieser Fassadenplatten war freilich dringend geboten, weil sie aufgrund von Auswitterungen starke Schäden offenbarten.

„In der Folge löste sich der beim Bau verwendete Stein, der offenkundig von minderer Qualität ist, zum Teil auf, was dazu führte, dass durchaus größere Gesteinsbrocken in die Tiefe stürzten“, berichtet der mit der Bauausführung beauftragte Architekt Jan Jakob Schulze.

Eine umfassende Sanierung war somit schon aus Sicherheitsgründen unumgänglich. Ein von Immobilien Bremen (IB), als Anstalt des öffentlichen Rechts zentrale Ansprechpartnerin für die öffentlich genutzten Immobilien der Freien Hansestadt Bremen, in Auftrag gegebenes Gutachten bei einem Institut für Werkstofftechnik bestätigte diese Einschätzung.

Hinzu kam, dass die von Alfred Meister in Zusammenarbeit mit dem damaligen Hochbauamt Bremen geplanten und zwischen 1964 bis 1967 errichteten Gebäude nahezu keinerlei Wärmedämmung aufwiesen. „Das Staatsarchiv beheizte im Winter quasi den gesamten Kennedy-Platz“, urteilt der Architekt. Vor diesem Hintergrund wurde eine in zwei Abschnitte gegliederte Sanierung beschlossen und in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde eingeleitet.

Im ersten Schritt erhielt der zweigeschossige Verwaltungstrakt neue Fenster. Außerdem wurden Dach und Fassade entsprechend der aktuellen Vorschriften zur Energieeinsparung gedämmt. Komplettiert wurde die im Juli 2010 abgeschlossene Maßnahme durch die Installation einer Aluminium-Vorhangfassade. Erhalten blieb die einzigartige Ganzglaskonstruktion der Eingangsfassade.

Erheblich schwieriger gestaltete sich dagegen die Sanierung des Magazinturms, wobei die höchste Hürde im Vorfeld zu meistern war. Denn für den einst beim Bau verwendeten persischen Travertin, der bei Sonnenlicht in einem strahlenden Rot-Orange-Ton erstrahlt, gab es in dieser Größenordnung offenkundig keinen Ersatz.
Jan Jakob Schulze machte sich in Abstimmung mit den Mitarbeitern von Immobilien Bremen auf die Suche, recherchierte bei Lieferanten, wälzte Archivmaterial und fand schließlich heraus, dass es im Iran nur einen Steinbruch gibt, der Travertin in dem gewünschten und vom Landesdenkmalpfleger vorgeschriebenen Farbton abbaut: Ein Betrieb in einem Tal unweit von Azarshahr in der Provinz Ost-Aserbaidschan. Auf der Basis dieser Informationen konnte schließlich die Ausschreibung für die bis zu sieben Zentimeter starken, maximal 173 mal 128 Zentimeter großen Platten mit einer Gesamtfläche von 1800 Quadratmetern erfolgen.

Vor diesem Hintergrund konnte im Dezember 2010 der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen werden, der mittlerweile kurz vor dem Abschluss steht. Zunächst wurden die alten Platten in teils mühevoller Handarbeit von der Fassade des Magazinturms abgenommen. Anschließend wurde der darunter liegende Beton saniert und mit einer Dämmschicht versehen, bevor die zwischenzeitlich angelieferten Travertin-Platten mittels neuer Halterungen am Gebäude befestigt wurden. Gegenwärtig laufen noch Restarbeiten am Dach; spätestens Mitte Januar soll das aufgestellte Gerüst abgebaut werden.

Teilflächen der alten Plattenverkleidung wurden übrigens – soweit noch verwendungsfähig – der Bremer Bauteilbörse übergeben. „Die können durchaus noch als Boden- oder Tischplatten gute Dienste leisten“, urteilt Jan Jakob Schulze, dessen Büro Schulze Pampus mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung beauftragt worden war. Die Bauleitung lag in den Händen des Büros Campe Campe Janda. Immobilien Bremen geht davon aus, dass die vorgesehene Bausumme von rund 1,8 Millionen Euro leicht unterschritten werden kann.