Traditioneller Festakt erneut verschoben - Zwei Eingebürgerte erzählen beispielhaft von ihren Erfahrungen
25.01.2021Im Januar 2020 beging Innensenator Ulrich Mäurer zuletzt mit Hunderten von Neubürgerinnen und Neubürgern sowie ihren Angehörigen die Einbürgerungsfeier in der Oberen Rathaushalle. Diese Tradition mit viel Musik, Gesang und Austausch sollte im September 2020 zum 27. Mal fortgesetzt werden, doch dann kam die Corona-Pandemie. So musste die geplante Feier nicht nur im vergangenen September ausfallen, sondern kann auch in diesem Jahr nicht wie geplant stattfinden. Mit einem persönlichen Schreiben an alle Bremerinnen und Bremer, die zwischen September 2020 und Januar 2021 eingebürgert wurden, gratulierten Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Innensenator Ulrich Mäurer 383 Personen herzlich zu ihrer Einbürgerung. „Die Einbürgerung ist ein ganz wichtiger Schritt in Ihrem Leben, auf den sich einige schon seit langem gefreut haben. Und auch ich bin stolz, dass sich so viele Menschen so zu Bremen und Deutschland zugehörig fühlen, dass sie unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten wollen. Dass Sie diesen Schritt gegangen sind, wäre in jedem Fall eine Feier wert gewesen - aber die Corona-Pandemie erlaubt das derzeit leider nicht“, sagt Bovenschulte.
Alle, die sich einbürgern lassen, haben ihre ganz eigene Geschichte. Innensenator Mäurer hat sich mit zwei der kürzlich eingebürgerten Bremerinnen und Bremern, die in einer Zeit ohne Corona zur nächsten Feststunde im Rathaus eingeladen worden wären, einzeln getroffen: Carlos Campos Serna aus Mexiko und Galina Rubina aus der Ukraine.
Campos Serna erhielt seine offizielle Einbürgerungsurkunde am 2. Dezember 2020. Der Weg von der Antragsstellung bis zur Urkunde verlief jedoch nicht ganz reibungslos. Verantwortlich dafür war die Pandemie. Der studierte Architekt konnte bereits im Oktober 2019 alle nötigen Dokumente vorlegen. Was noch fehlte, war der Einbürgerungstest. Doch den nächsten freien Termin an der Volkshochschule gab es erst im Mai 2020. Also besuchte Campos Serna seine Mutter und seine Familie in Mexiko und plante, rechtzeitig zum Prüfungstermin wieder in Deutschland zu sein. Doch dann kam Corona und der 60-Jährige konnte erst im Juli 2020 wieder zurück nach Bremen fliegen. Campos Serna: "Zum Glück bekam ich noch im Oktober einen neuen Termin."
Galina Rubina wurde 1961 in der Ukraine geboren, schloss dort ihr Studium als Diplom-Ingenieurin in Chemie ab und kam 1999 nach Deutschland. Hier machte sie eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin. Nach einer weiteren Qualifizierungsmaßnahme konnte die heute 59-Jährige beruflich Fuß fassen und ist seit 2017 in einem Labor eines Unternehmens in Bremen beschäftigt. "Die Einbürgerung ist ein wichtiger Schritt für mich", erklärt Rubina, "denn mit der Einbürgerung darf ich politisch aktiv mitentscheiden, wählen und auch selbst gewählt werden." Diese Freiheit sowie Reiseerleichterungen in vielen Ländern innerhalb und außerhalb der EU seien ausschlaggebend gewesen, ihre Einbürgerung zu beantragen.
Im Falle von Campos Serna hat die Liebe ihn nach Deutschland geführt. Als seine Partnerin eine Tochter erwartete, war für ihn klar, dass er hier seine eigene Familie beheimaten will. Das war vor 31 Jahren. "Ich heiratete in Bremen als Tourist mit einem dreimonatigen Aufenthaltstitel und unserer kleinen Tochter im Arm", erinnert er sich. Durch die Heirat erhielt er einen Aufenthaltstitel für zunächst drei Jahre. 1999 folgte die ersehnte Daueraufenthaltsgenehmigung. "Ich sah meine Tochter aufwachsen und konnte mich mit Hilfe von vielen deutschen Freunden an die deutschen Bräuche und die Kultur gewöhnen". Den Anstoß für den Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft habe der Fußballer Claudio Pizarro gegeben, der alle Einwanderer und Einwanderinnen dazu einlud, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen. Da er sich sehr stark in die deutsche Politik, die Gesellschaft und die Kultur integriert fühlte, war sich Campos Serna sicher, dass es für ihn nicht sehr schwierig werden würde, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten.
Auf die Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Mexiko und Deutschland antwortet Campos Serna: "Meine Frau ist immer wieder erstaunt, dass ich im Gegensatz zu vielen Mexikanern und Mexikanerinnen immer mit deutscher Pünktlichkeit zu meinen Terminen erscheine." Beim Anfeuern ihrer Lieblingsfußballmannschaft seien aber alle gleich. "Genau wie die Deutschen schreien sich die Mexikaner vor Freude die Lunge aus dem Hals, wenn ihr Team ein Tor schießt." Seine zwei Nationalitäten würden ihn allerdings in einen Gewissenskonflikt bringen. Wenn nämlich bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft die deutsche Mannschaft gegen das mexikanische "El Tri" spielen würde, fragt sich Campos Serna schon jetzt, für welches Team er aus vollem Herzen schreien solle.
"Diese beiden Geschichten sind sehr unterschiedlich und sie stehen beispielhaft für die unterschiedlichen persönlichen Wege, die hinter jeder Einbürgerung liegen", sagt Innensenator Mäurer. "Ohne Einwanderung wäre Bremen, wie wir es heute kennen, gar nicht denkbar. Unsere Stadt wäre deutlich kleiner ohne all die Menschen, die hier seit Monaten, Jahren oder Jahrzehnten leben und einen Migrationshintergrund haben. Wir wären auch deutlich ärmer - an Ideen, Lebensentwürfen und Lebensweisen, Sprachen und kultureller Vielfalt."
Das Migrationsamt Bremen zählt für das Jahr 2020 insgesamt 1.379 Einbürgerungen. Davon waren 710 männliche, 669 weibliche und 235 Personen unter 16 Jahre alt. Die im vergangenen Jahr eingebürgerten Bremerinnen und Bremer kommen aus 95 Ländern. Die größten Gruppen sind dabei aus der Türkei (180 Einbürgerungen), gefolgt von Syrien (159), Iran (94), Afghanistan (63), Polen (50), Irak (44), Großbritannien (35), Libanon (33), Nigeria (31) und Ghana (28).
Die Corona-Pandemie hat auch Einfluss auf den Dienstbetrieb des Migrationsamtes. So hat die Einbürgerungsbehörde ihr Verfahren aus Gründen der Kontaktreduzierung weitestgehend auf ein schriftliches Verfahren umgestellt und lädt in der Regel nur noch dann ein, wenn ein persönlicher Kontakt unerlässlich ist (z.B. zur abschließenden Urkundenaushändigung). Der persönliche Kontakt sowie Beratungen finden ansonsten telefonisch oder per E-Mail statt. Obwohl die Einbürgerungskampagne seit Beginn der Pandemie ruht, haben sich die Antragszahlen im Vergleich zu 2019 von rund 2.000 Anträgen auf rund 2.300 Anträge in 2020 deutlich erhöht.
Seit dem Referendum in Großbritannien im Juni 2016 bis zum 31.12.2020 wurden insgesamt 370 britische Staatsangehörige eingebürgert. Allein im vergangenen November und Dezember haben 50 Bremerinnen und Bremer mit britischer Staatsangehörigkeit die Einbürgerung beantragt. Diese Vorgänge befinden sich größtenteils noch in der Bearbeitung. Um unter Beibehaltung der britischen Staatsangehörigkeit auch nach dem 31.12.2020 eingebürgert werden zu können, ist es u.a. entscheidend, dass der Antrag auf Einbürgerung noch im Jahre 2020 gestellt worden ist.
Aufgrund der deutlich erhöhten Antragszahlen, der begrenzten personellen Kapazitäten und der Einschränkungen, die sich aus der Pandemie ergeben, kann über einen Einbürgerungsantrag gegenwärtig nicht so schnell entschieden werden wie üblich. So dauert es aktuell ab Antragsstellung bis zur Ausstellung der Einbürgerungsurkunde etwa sieben bis acht Monate.
Wer dauerhaft in Deutschland lebt und noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kann bereits nach sechs Jahren Aufenthaltsdauer in die deutsche Staatsangehörigkeit eingebürgert werden, wenn die betroffene Person über entsprechend gute Deutschkenntnisse verfügt, ihren Lebensunterhalt sichern kann, nicht straffällig ist und sich zum Grundgesetz bekennt. Die Antragszahlen syrischer Staatsangehöriger stellen inzwischen die größte Gruppe der Antragssteller im Jahr 2020. Da eine Vielzahl der Syrerinnen und Syrer im Jahr 2015 eine Aufnahme in Deutschland gefunden hat und die sechs Jahre Aufenthaltsdauer für viele dieser Menschen bald erreicht sein werden, wird eine deutliche Steigerung der Anträge von Syrerinnen und Syrern auch für dieses Jahr erwartet.
Weitere Informationen zu den Voraussetzungen für die Einbürgerung finden Sie unter www.bremen.de/einbuergerung.
Ansprechpartnerin beim Bremer Rat für Integration für Bremerinnen und Bremer, die sich für die Einbürgerung interessieren, ist Frau Irem Gündüz, 361-16849, einbuergerungslotsen@migration-bremen.de.
Ansprechpartnerin für die Medien:
Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin beim Senator für Inneres, Tel.: (0421) 361-9002, E-Mail: rose.gerdts-schiffler@Inneres.Bremen.de