Pflegeeltern in Bremen können seit dem 1. August 2024 monatlich 850 Euro zusätzlich erhalten, wenn sie Elternzeit für die Aufnahme eines Kindes in Anspruch nehmen. Die Zahlung wird vergleichbar zum Elterngeld gewährt, um Verdienstausfälle zumindest teilweise auszugleichen. Das Modellprojekt ist zunächst bis Ende 2029 befristet. Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration hat es auf Antrag der Bremischen Bürgerschaft eingeführt.
"Insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder ist es in Bremen schwierig, einen Heimplatz oder eine Pflegefamilie zu finden", sagte Sozialsenatorin Dr. Claudia Schilling. "Gleichzeitig geht die Zahl der Familien zurück, die bereit sind, ein Pflegekind aufzunehmen." Dieser Entwicklung solle die "elterngeldähnliche Leistung" entgegenwirken.
Zuständig für die Vermittlung von Pflegekindern im Bundesland Bremen ist die gemeinnützige GmbH PiB (Pflegekinder in Bremen). "Der Rückgang an Pflegeeltern ist ein bundesweiter Trend, der uns auch bei PiB große Sorgen bereitet", sagt PiB-Geschäftsführerin Judith Pöckler-von Lingen. "Die elterngeldähnliche Sonderleistung für Pflegeeltern ist ein wichtiger Baustein, um diesem Trend entgegenzuwirken. Sie kann ein entscheidender Schritt sein, um mehr Menschen, zum Beispiel auch Alleinerziehende, für diese verantwortungsvolle und sinnstiftende Aufgabe zu gewinnen." Pöckler-von Lingen betonte, Pflegekinder hätten "besondere Bedürfnisse: Sie brauchen Sicherheit, Geborgenheit und eine stabile Bindungsperson". Pflegeeltern leisteten einen unschätzbaren Beitrag, indem sie Kindern in schwierigen Lebenslagen ein zweites Zuhause geben. "PiB wird sich auch weiterhin regional aber auch überregional dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für Pflegeeltern verbessert werden, um Pflegekindern die bestmöglichen Entwicklungschancen und eine chancenreiche Zukunft zu ermöglichen."
"Die elterngeldähnliche Leistung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung", sagt auch Bianca Vorndamme, Mitglied im Sprecherrat Vollzeitpflegeeltern in Bremen. "Gerade im ersten Jahr stehen Pflegeeltern nicht nur vor finanziellen Herausforderungen – etwa, wenn ein Einkommen wegfällt –, sondern auch vor der anspruchsvollen Aufgabe, eine stabile und vertrauensvolle Bindung zum Pflegekind aufzubauen. Diese Bindung erfordert sehr viel Zeit, die ihnen fehlt, wenn sie 'nebenbei' arbeiten müssen." Viele Eltern, vor allem Alleinerziehende, bewältigten diesen Spagat, "indem sie an ihr Erspartes gehen". Bianca Vorndamme weiter: "Wir hoffen, dass die elterngeldähnliche Leistung nicht nur ein Modellprojekt bleibt, sondern auch dazu beiträgt, mehr Menschen für die verantwortungsvolle Aufgabe der Pflegeelternschaft zu gewinnen, was angesichts des steigenden Bedarfs an Pflegeplätzen dringend notwendig ist."
Sozialsenatorin Schilling betonte die Aktivitäten ihres Ressorts auf Bundesebene: "Perspektivisch wollen wir das Elterngeld für Pflegefamilien bundesrechtlich verankern. Dazu haben wir einen Beschluss in der Jugend- und Familienministerkonferenz erwirkt. Aber wir brauchen schon heute zusätzliche Pflegefamilien. Daher starten wir das Projekt zunächst einmal als Modellversuch und finanzieren es aus unserem kommunalen Haushalt."
Die elterngeldähnliche Leistung zielt auf die hauptbetreuende Pflegeperson von Kindern unter acht Jahren. Sie gilt zunächst nur in der Stadt Bremen, eine Ausweitung auf Bremerhaven wird geprüft. Die 850 Euro werden zusätzlich zu den pauschalen Pflegegeldleistungen gezahlt, die im Durchschnitt bei 1.900 Euro im Monat liegen.
Nach Erfahrungen aus Hannover mit einem vergleichbaren Modell hat die elterngeldähnliche Leistung dazu geführt, dass sich jährlich sechs bis sieben Familien zusätzlich entschließen, ein Pflegekind aufzunehmen. "Wenn wir das erreichen, können wir zufrieden sein, auch wenn ich mir natürlich mehr wünsche", sagte Senatorin Schilling. In Bremen warten derzeit in der Inobhutnahme oder in einer Übergangspflegefamilie zwölf Kinder unter drei Jahren auf Aufnahme in eine Pflegefamilie oder auf einen dauerhaften Platz im Heim (Stand: 30. April 2024).
Zum Jahresende 2023 haben 533 Kinder in einer Pflegefamilie in Bremen gelebt ("Vollzeitpflege"), davon sind 45 erst im Laufe des Kalenderjahres 2023 in eine Familie vermittelt worden. Rund ein Drittel der Kinder sind jünger als drei Jahre. Das geht hervor aus dem Jahresbericht 2023 von PiB, Pflegekinder in Bremen gGmbH, die im Auftrag der Sozialbehörde tätig ist. Nach dem Jahresbericht geht die Zahl der Pflegefamilien seit dem Jahr 2016 beständig zurück, als sie über 600 lag.
Ansprechpartner für die Medien:
Dr. Bernd Schneider, Pressesprecher bei der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, Tel.: (0421) 361-64152, E-Mail: bernd.schneider@soziales.bremen.de