Sie sind hier:
  • Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Jugendamtes Bremen

Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Jugendamtes Bremen

19.04.2013
Heide Rose, Abteilungsleiterin Junge Menschen und Familie, Rolf Diener, designierter Jugendamtsleiter, Festredner Prof. Klaus Schäfer, Sozialsenatorin Anja Stahmann und Sozialstaatsrat Horst Frehe (von links)
Heide Rose, Abteilungsleiterin Junge Menschen und Familie, Rolf Diener, designierter Jugendamtsleiter, Festredner Prof. Klaus Schäfer, Sozialsenatorin Anja Stahmann und Sozialstaatsrat Horst Frehe (von links)

Mit einem Festakt in der Oberen Rathaushalle haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Behörden, Verwaltung und von Trägern der Jugendhilfe heute (19. April 2013) an die Gründung des Jugendamtes vor 100 Jahren erinnert. Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, will so die "herausfordernde und verantwortungsvolle Arbeit, die in der Kinder- und Jugendhilfe tagtäglich zu leisten ist" würdigen.

"Das Jugendamt hat sich in seiner 100-jährigen Geschichte immer wieder gesellschaftlichen Änderungen stellen müssen und wird das auch weiterhin tun", sagte Senatorin Stahmann. Die manchmal schwierigen Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen sowie eine heute stärker ausgeprägte Sensibilität für Bedürfnisse und seelische Nöte von Kindern und Jugendlichen hätten den Umgang mit jungen Menschen in den vergangenen hundert Jahren deutlich verändert: "Wir unterstützen die Familien, wir stärken sie zu Hause, wir flankieren elterliche Erziehung in der Kita und in der Jugendhilfe." Das Jugendamt spiele damit eine wichtige Rolle für soziale und kulturelle Bildungsprozesse junger Menschen. Dabei führe die erhöhte Sensibilität der Gesellschaft im Umgang mit Kindern heute auch zu einer steigenden Fallzahl in der Jugendhilfe. "Ich bin deshalb sehr froh, dass wir mit dem kommenden Haushalt das Personal in diesem Bereich verstärken können", sagte die Senatorin weiter. In den sechs Sozialzentren im Stadtgebiet würden insgesamt 13 neue Stellen eingerichtet.

"Das Jugendamt ist nicht frei von Fehlern, aber es ist eine lernende Organisation", sagte der Festredner Professor Klaus Schäfer, Staatssekretär a. D. im Ministerium für Familie, Kinder und Jugend in Nordrhein-Westfalen. "Das ist angesichts der häufig vorliegenden multikomplexen Problemlagen der Menschen eine entscheidende Bedingung für wirksame Hilfe." Die Aufarbeitung des Falles „Kevin“ in Bremen zeige, "dass Bremen auf dem besten Weg ist, den im Alltag immer notwendigen Spagat zwischen Hilfe und Kontrolle durch eine neue Qualität im Kinderschutz und eine wächterorientierte Kontinuität kompetent zu gestalten". Das Hilfesystem habe eine "neue Achtsamkeit" entwickelt.

Die Gründung des Jugendamtes fiel in eine Zeit, in der die behördliche Jugendhilfe noch durch eine Aufspaltung der Zuständigkeiten stark behindert wurde, sagte Anja Stahmann weiter. Die Polizei sei für "Zwangszöglinge" (straffällig gewordene oder vernachlässigte Kinder und Jugendliche) zuständig gewesen; Pflegekinder von der "Armenpflege" unterstützt worden oder vom Waisenamt, je nachdem, ob der Staat die Kosten trug oder nicht. Die Polizeidirektion hatte zudem eine Abteilung "Fürsorgeerziehung", und das Landherrnamt übte die Fürsorge für "Zwangszöglinge" im bremischen Landgebiet aus. Das Jugendgericht betrieb eine eigene Jugendfürsorge, und die Zentrale für Jugendfürsorge e.V. aus dem Jahr 1911 ergänzte die Teilmaßnahmen der einzelnen Dienststellen und führte die Jugendgerichtshilfe durch.

Kindheit einst und heute. Im Hintergrund das Polizeihaus am Wall, erster Standort des Bremer Jugendamtes 1913
Kindheit einst und heute. Im Hintergrund das Polizeihaus am Wall, erster Standort des Bremer Jugendamtes 1913

Erst im Büro des Jugendamtes hat die Stadt Bremen am 1. April 1913 diese Aufgaben gebündelt – im Polizeihaus am Wall und elf Jahre, bevor das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz Städten und Gemeinden zur Einrichtung von Jugendämtern verpflichtet hat. Am 6. Mai 1952 hat dann nach mehreren Umzügen das Jugendamt mit allen seinen Abteilungen im Volkshaus in der Hans-Böckler-Straße im Bremer Westen seinen Platz gefunden. Dort befindet sich bis heute dessen Zentrale, sechs "Außenstellen" sind in den Sozialzentren in den Stadtteilen verankert.

Die Jugendämter erbringen heute nach dem Sozialgesetzbuch Leistungen zugunsten junger Menschen und Familien. Dazu gehören unter anderem die Sicherstellung von Kindertagesbetreuung, unterstützende pädagogische Maßnahmen innerhalb der Familie, Amtsvormundschaften oder Adoptionen. Heute, so Professor Klaus Schäfer weiter, sei das Jugendamt vor allem gefragt, wenn es darum gehe, wirksame Hilfe für Kinder und Jugendliche in Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Institutionen zu organisieren – im Verbund mit anderen Institutionen, wie Schule und Arbeitsverwaltung. Das Jugendamt solle künftig stärker eine zentrale Rolle als "strategisches Zentrum" einnehmen.

Das Jugendamt ist nicht allein eine Behörde, sondern ruht nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches auf zwei Säulen: Neben der öffentlichen Verwaltung ist auch der Jugendhilfeausschuss integraler Bestandteil des Jugendamtes. In ihm sind die freien Träger der Jugendhilfe vertreten, zum Beispiel Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Jugendverbände, die die Jugendarbeit in Familien, Jugendfreizeitheimen oder Kindertagesstätten (Kitas) umsetzen. Auch Abgeordnete aus der Bürgerschaft und die Gerichte, Gesundheitsverwaltung, Schulen sowie Arbeitsverwaltung beraten den Jugendhilfeausschuss und gestalten seine Arbeit.

"Der Jugendhilfeausschuss hat von seiner Zusammensetzung und der dort vertretenen Fachkompetenz her ein großes Potenzial", sagte daher Jens Oppermann, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. "Er ist grundsätzlich gut aufgestellt, Verantwortung für die Entwicklung und Förderung junger Menschen zu tragen." Rolf Diener, der künftig das Jugendamt leiten wird, betonte zudem die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Jugendhilfeausschuss und die enge Kooperation mit den freien Trägern der Jugendhilfe. Sie sei wichtig für die praktische Arbeit in den Stadtteilen. Dies auszubauen sehe er als Schwerpunkt für seine künftige Arbeit.

Im Jubiläumsjahr 2013 wird es eine Reihe von Veranstaltungen des Jugendamts in den Sozialzentren aller Stadtteile geben, in denen zahlreiche Facetten der Jugendamtsarbeit präsentiert werden. Das Angebot reicht vom Kunstprojekt "Hundertwasser" bis zur Fachtagung "Offene Jugendarbeit", von der Diskussion mit Jugendbeiräten bis zur Verständigung über Standards im Kinderschutz. Alle Veranstaltungen sind in einem Heft zusammengetragen, das auf der Homepage der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen zum Herunterladen bereitsteht (www.soziales.bremen.de).

Foto1: Staatsarchiv Bremen und Rank Grafik Design
Foto2: Pressereferat, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen