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Senatskanzlei

Festempfang im Bremer Rathaus zum Abschluss des Jubiläums "500 Jahre Reformation"

Bremens Regierungschef Carsten Sieling plädiert für den Reformationstag als dauerhaften gesetzlichen Feiertag

31.10.2017

Das Jubiläumsjahr anlässlich 500 Jahre Reformation in Deutschland und Europa wurde heute (31. Oktober 2017) - wie in vielen weiteren Städten Deutschlands - auch in Bremen mit einem großen Festgottesdienst (im Bremer Dom) und anschließend mit einem Festempfang (im Bremer Rathaus) abgeschlossen.

Der Präsident des Senats, Bremens Bürgermeister Dr. Carsten Sieling, und der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Christian Weber, begrüßten rund 350 Gäste aus Kirche und Gesellschaft zu dem Festempfang in der Oberen Rathaushalle. Unter den Gästen die Spitzen der Bremischen Evangelischen Kirche sowie rund 150 Mitglieder aus den evangelischen Gemeinden der Stadt sowie die Bremer Altbürgermeister Dr. Henning Scherf und Jens Böhrnsen, der zusammen mit Maria Esfandiari auch als Bremens Reformationsbotschafter gekommen war.

Gastgeber und Gastredner bei dem Senatsempfang in der Oberen Rathaushalle anlässlich 500 Jahre Reformation: Bürgerschaftspräsident Christian Weber, Präsidentin Edda Bosse, Schriftführer der BEK Pastor Renke Brahms und Bürgermeister Carsten Sieling (v.l.)
Gastgeber und Gastredner bei dem Senatsempfang in der Oberen Rathaushalle anlässlich 500 Jahre Reformation: Bürgerschaftspräsident Christian Weber, Präsidentin Edda Bosse, Schriftführer der BEK Pastor Renke Brahms und Bürgermeister Carsten Sieling (v.l.)

Zu Beginn des Festempfangs sagte Bürgermeister Sieling: „Mit dem heutigen Tag findet die Reformationsdekade ihren Höhepunkt und ein großes Jubiläumsjahr mit zahlreichen Veranstaltungen geht nun auch in Bremen zu Ende. Es war ein Jahr der Reflexion, des Nachdenkens, des Debattierens und des Besinnens. In den vergangenen zwölf Monaten wurde auf sehr vielfältige Weise aufgearbeitet und öffentlich präsentiert, wie sich durch die Reformation auch in Bremen – einer im Übrigen schon frühzeitig so durchgreifend protestantisch gewordenen Stadt - das Staatswesen veränderte und dem Erzbischof und seinen Anhängern Stück für Stück ihrer Macht abgetrotzt wurde. Später wurden Versuche der Gegenreformation abgewehrt und man widersetzte sich erfolgreich einer kaiserlichen Belagerung.“

Bürgermeister Sieling wies in seiner Ansprache auf eine Ausstellung des Staatsarchivs hin. Dort würden Anhand einer Fülle von wichtigen Dokumenten die Auswirkungen der Reformation auf Glaube und Politik in Bremen verdeutlicht. „Manches davon“, so Bürgermeister Sieling, „lässt den Geist der spätmittelalterlichen reformierten und emanzipierten Stadtgesellschaft erahnen, der die Bremer Verfassungsgeschichte begründet hat und bis heute prägt.“ Das habe man auch in diesen Wochen gefeiert: die Bremer Landesverfassung - mit ihren Wurzeln und mit ihren Vätern und Müttern, die aus der Geschichte gelernt hatten, ja lernen mussten.

Seine Rede schloss Bremens Bürgermeister mit einer "tagespolitischen Botschaft". Sieling: "Die Botschaft der Reformation ist heute noch aktuell. Die Menschen und freien Gesellschaften in Deutschland, Europa und überall auf der Welt verdanken ihr viel, nämlich die Freiheit des Glaubens, des Denkens und des Handelns. Deshalb ist es jetzt Zeit zu handeln, um den Reformationstag dauerhaft zu einem gesetzlichen Feiertag werden zu lassen." Er wolle mit den politischen Parteien im Land Bremen und im engen Miteinander mit den norddeutschen Ländern dafür die erforderlichen Beschlüsse jetzt auf den Weg bringen.

Das Ensemble Weser-Renaissance unter der künstlerischen Leitung von Prof. Manfred Cordes
Das Ensemble Weser-Renaissance unter der künstlerischen Leitung von Prof. Manfred Cordes

frei denken – frei glauben – frei leben. 500 Jahre Reformation in Bremen.
Neben Bürgermeister Sieling sprachen der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Renke Brahms, sowie die Präsidentin des Kirchenausschusses der BEK, Edda Bosse, zu den Gästen.

Pastor Brahms erinnerte in seinem Beitrag u.a. an den Europäischen Stationenweg, der mit dem Geschichtenmobil im März 2017 in Bremen Halt gemacht hatte und die europäische und weltweite Bedeutung der Reformation verdeutlichen konnte. Und er erinnerte daran, dass Bremen auch eine Reformationsstadt Europas geworden ist.

Das erste der drei Leitworte des Bremer Reformationsmottos laute „frei denken.“, so Edda Bosse, und sie stellte die Frage, ob die Gesellschaft den Akteuren von 1517 mit ihrem „95–Punkte-Plan“ auch tatsächlich gefolgt sei. Ja, so Bosse, man habe Fortschritte gemacht, zum Beispiel weil wir in Deutschland in einem demokratischen Rechtsstaat leben und nicht in der Abhängigkeit von weltlichen Autokraten oder religiöser Bevormundung, die uns in die Hölle schickt, wenn man für einen Platz im Himmel nicht tief genug in die Tasche greife. Aber, so Bosse weiter, die Unruhe und Gewalt, und vor allem die tief greifende Verunsicherung, denen wir uns weltweit und in unserer nächsten Umgebung ausgesetzt sähen, zeigten uns, wie gefährdet und brüchig alle diese Errungenschaften sind, wenn man nicht dafür einstehe, sie verteidige und weiterentwickele!

Bosse und Brahms betonten, das Reformationsjahr 2017 habe uns auch gelehrt, einen kritischen Blick auf die Ereignisse von vor 500 Jahren zu werfen. Gewaltanwendung, Ausgrenzung, Diskriminierung müssen klar ablehnt werden. Luthers Verbalattacken gegen Andersdenkende, anders Handelnde und anders Glaubende waren unerträglich - und bleiben es. Denn die freiheitliche Gesellschaft erlaube eine Vielfalt von Lebensentwürfen. Das sei zwar anstrengender, als wenn alles im Gleichschritt passieren würde, aber es sei auch lebensnäher, ehrlicher und sehr viel spannender.

Musikalisch umrahmt wurde die festliche Veranstaltung stimmungsvoll mit Musik aus der Zeit der Reformation vom Ensemble Weser-Renaissance, in dem unter der künstlerischen Leitung von Prof. Manfred Cordes auch Studierende der Hochschule für Künste mitwirkten.

Die Rede von Bürgermeister Carsten Sieling hier im Wortlaut… (pdf, 278.4 KB)

Fotos: Senatspressestelle