Gemeinsame Erklärung der Landesfrauenbeauftragten und der Arbeitnehmerkammer Bremen:
Frauen verdienen im Land Bremen 24 Prozent weniger als Männer. Im Bundesdurchschnitt liegt die so genannte Entgeltlücke (oder Gender Pay Gap) bei 21 Prozent (Quelle: Stat. Landesamt, 2015). "Die Kluft zwischen Männer- und Fraueneinkommen ist immer noch riesig, der Mindestlohn hat hier noch nicht die erhoffte Wirkung gezeigt", kommentiert Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe aus Anlass des morgigen (19. März 2016) Equal Pay Day (EPD), des Protesttags gegen Entgeltungleichheit, in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der Arbeitnehmerkammer Bremen. Im Vorjahr lag die Entgeltlücke in Bremen bei 25 Prozent, bundesweit bei 22 Prozent. Als "Tag für gleiche Bezahlung" markiert der EPD symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen statistisch umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden.
Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen: "Frauen verdienen nicht, was sie verdienen. Auch nicht in Bremen. Die Lohnlücke klafft seit Jahren und sie ist Ausdruck bestehender Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Arbeitswelt. Typische Frauenberufe sind generell schlechter bezahlt als typische Männerberufe. Die technische Arbeit an Maschinen ist gesellschaftlich und betriebswirtschaftlich mehr wert als die soziale Arbeit mit Menschen."
Weitere Ursachen für die ungleiche Bezahlung liegen in den schlechteren Karriere- und damit Verdienstchancen von Frauen: "Erwerbsunterbrechungen wegen Sorge und Pflege, Teilzeit und insbesondere Minijobs sind vor allem Frauensache, das zahlt sich im wahrsten Sinne nicht aus", so die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe. Natürlich seien traditionelle Rollenbilder im Wandel, aber noch immer gebe es zu viele Faktoren, die die überkommene Aufteilung – Mann Hauptverdiener, Frau Zuverdienerin – befördern, so Hauffe und führt hier beispielsweise das Ehegattensplitting, nicht ausreichende oder nicht ausreichend flexible Kinderbetreuung, eine wenig familienfreundliche Unternehmenskultur in vielen Betrieben und auch ein unverändert geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten junger Männer und Frauen an. "Wenn junge Frauen sich für schlecht bezahlte Dienstleistungs- oder Sorgeberufe entscheiden, Männer für besser dotierte technisch-mathematische Berufe, dann ist klar, wer zuhause bleibt, wenn die Kinder kommen und wer im Zweifel auch länger aussteigt, wenn der Krippenplatz nur wenige Stunden am Tag vorhanden ist und das Ehegattensplitting Erwerbsarbeit der weniger verdienenden Ehepartnerin ohnehin bestraft. Dann aber ist auch klar, wer die schlechteren Chancen im Job hat und wer für die Pflege von Angehörigen erneut aussteigt – und wer am Ende die mickrige Rente bezieht: die Frau."
Hinzu kommt, dass Frauen auch in Männerberufen weniger verdienen als ihre Kollegen. Männer in Frauenberufen dagegen verdienen mehr als ihre Kolleginnen: 24,7 Prozent mehr in Verkaufsberufen, 3,2 Prozent mehr in Hotel- und Gaststättenberufen, 35,9 Prozent mehr in Berufen der Unternehmensführung und -organisation, 20,1 Prozent mehr in Verwaltungsberufen, 32 Prozent mehr in medizinischen Gesundheitsberufen, 16,1 Prozent mehr in Erziehungs- und Sozialberufen.
"Deshalb brauchen wir das Entgeltgleichheitsgesetz: damit die ungleiche Bezahlung qua Geschlecht transparent und abgestellt wird", so Ulrike Hauffe. "Bis dahin wünsche ich mir, dass sich weitere Betriebe einem Gehältercheck stellen und bereit sind, Lohngefälle transparent zu machen." In Bremen haben das bis jetzt zwei Unternehmen getan: die BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH sowie bremenports GmbH und Co. KG haben das Prüfungsverfahren gegen Lohndiskriminierung "eg-check" angewendet. Bei beiden gab es keine Anhaltspunkte für eine Unterbewertung der weiblich besetzten Stellen.
Entgeltgleichheit bleibt ein zentrales gleichstellungspolitisches Anliegen auch der Arbeitnehmerkammer Bremen. Anzusetzen ist an den Ursachen: horizontale und vertikale Segregation (Bildung, Berufserfahrung, Berufswahl, Branchenwahl), Erwerbsunterbrechungen und Arbeitszeitverkürzungen, Lohnfindung (Arbeitsplatzbewertung, Lohnverhandlungen). Gesellschaftlichen und politischen Handlungsbedarf sieht die Arbeitnehmerkammer in der Bildungsbeteiligung von Frauen, in der Wahl von MINT-Berufen, bei Familienfreundlichkeit seitens der Arbeitgeber, in der Betreuung von unter Dreijährigen, in der Ganztagsbetreuung, beim Elterngeld (Vätermonate), in Bezug auf Rollenbilder und individuelles Erwerbsverhalten. Vor allem aber sind Maßnahmen zur Förderung der Transparenz und fairen Lohn- und Gehaltsbildung gefragt. Konkret geht es dabei um Fragen der Arbeitsbewertung in Tarifverträgen, aber auch um Lohnverhandlungen. Zur Beseitigung von Entgeltungleichheit braucht es eine Allianz zwischen Politik, Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften und Unternehmen.
Die Arbeitnehmerkammer hat für Bremen Daten der Bundesagentur für Arbeit zu Beschäftigung und Einkommen in typischen Frauen- und Männerberufen ausgewertet.
Hier die Ergebnisse:
Allgemeines zum Equal Pay Day:
Entstanden ist der Aktionstag in den USA. Die amerikanischen Business and Professional Women (BPW) schufen 1988 mit der „Red Purse Campaign“ ein Sinnbild für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Diesen Gedanken griff der BPW Germany auf und startete 2008 die „Initiative Rote Tasche“, die den Grundstein für die bundesweite Einführung des EPD legte. Als „Tag für gleiche Bezahlung“ markiert der EPD symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar eines Jahres für ihre Arbeit bezahlt werden. Inzwischen findet der EPD in über 20 europäischen Ländern statt.