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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Frühjahreskonferenz der Justizministerinnen und -minister: Bund bleibt in der Verantwortung

02.06.2022

Zwei Tage lang trafen sich gestern und heute (Donnerstag, 2. Juni 2022) die Justizministerinnen und -minister der Bundesländer zu ihrer Frühjahreskonferenz, die dieses Mal im bayrischen Hohenschwangau stattfand. Hier eine kurze Übersicht einiger Themen, die Bremen unterstützt oder eingebracht hat.

Pakt für den Rechtstaat und die Digitalisierung der Justiz
Justizministerinnen und -minister nehmen Bund in die Pflicht

Mit einem gemeinsamen und einstimmigen Apell haben die Justizministerinnen und -minister sich bei ihrer Frühjahrskonferenz für eine Fortsetzung und Erweiterung des "Pakts für den Rechtsstaat" stark gemacht. "Über alle Parteigrenzen hinweg war klar: Es ist dringend geboten, dass die bisher durch den Pakt für den Rechtsstaat eingerichteten Stellen in der Justiz auch in Zukunft weiterfinanziert werden müssen." Dabei stehe außer Frage, dass dies nicht nur Sache der Bundesländer sein könne, so Justizsenatorin Schilling weiter: "Die Beteiligung des Bundes an den zusätzlichen Aufgaben, die der Justiz durch entsprechende Bundesgesetze zufallen, muss sich in Zukunft vielmehr auch in einer Erweiterung des Paktes für den Rechtsstaat widerspiegeln. Wir dürfen, was die Ausstattung der Justiz angeht, nicht beim bisherigen Status Quo stehen bleiben." Dass auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene eine Fortsetzung und Weiterentwicklung des Paktes vorgesehen ist, sei daher zu begrüßen. "Jetzt muss aus dieser Papierlage allerdings auch konkrete Realität werden – und zu dieser Realität gehört auch, dass beispielsweise die Digitalisierung der Justiz eine echte Großaufgabe ist, die von den Ländern allein auf Dauer kaum zu stemmen ist", so Schilling weiter. Wichtig sei daher auch eine Ergänzung der bisherigen Vereinbarung um einen Digitalpakt für die Justiz. "Die Digitalisierung ist und bleibt ein großes Thema für die Justiz – und das nicht um ihrer selbst willen, sondern um den Menschen in unserem Land einen zeitgemäßen Zugang zu einer modernen, effizienten Justiz zu bieten. Daran müssen Bund und Länder gemeinsam arbeiten."

Erneute Debatte um das Fahren ohne Fahrschein
Es ist ein Thema, dass die Justizministerinnen und -minister nicht das erste Mal beschäftigt: Soll das "Fahren ohne Fahrschein" weiterhin als Straftat verfolgt und letztlich mit Haft bedroht bleiben? Bremen hat dazu seit langem eine klare Haltung: "Es geht nicht darum, das Fahren ohne Fahrschein zu legalisieren – es geht darum, wie man mit diesem Delikt umgeht. Darauf wie bislang mit dem Strafrecht und gegebenenfalls mit Haft – also mit der Ultima Ratio staatlichen Eingreifens – zu reagieren, ist in meinen Augen der falsche Weg." Das Fahren ohne Fahrschein aus dem Strafrecht herauszulösen und so beispielsweis der Ordnungswidrigkeit Falschparken gleichzustellen, wie es eine von Bremen unterstützte Bundesratsinitiative vorsah, ist bislang allerdings immer wieder an den Unions-geführten Ländern gescheitert. Auch bei der Konferenz der Justizministerinnen und -minister, hat es bei diesem für Bremen wichtigen Thema in der Sache erneut keine Einigung gegeben. Zumindest aber wurde vereinbart, dass in den nächsten Monaten zwischen den Justizministerien der Länder fachliche Lösungsmöglichkeiten ausgetauscht werden sollen.

Dringend mehr Therapie-Plätze benötigt
Die Justiz benötigt dringend mehr Unterbringungsplätze im Maßregelvollzug – dieser Forderung von Justizsenatorin Dr. Schilling stimmten fast alle Bundesländer zu "Wenn das Gericht die Unterbringung eines inhaftierten Angeklagten im Maßregelvollzug anordnet, dann bedeutet das, die Haft schnellstmöglich zu beenden und mit der Therapie im Maßregelvollzug zu beginnen ist", erläutert die Senatorin. "Dafür aber fehlen uns schlicht ausreichend Plätze mit der Folge, dass verurteilte Personen zu lange in der sogenannten. Organisationshaft verbleiben, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf ein absolutes Minimum beschränkt werden muss." Entsprechend dem Bremer Vorschlag beschlossen die Justizministerinnen und Justizminister vor diesem Hintergrund einvernehmlich, die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und –minister mit der Problematik zu befassen und um Unterstützung zu ersuchen. Die weitergehende Initiative Bremens, das Bundesministerium der Justiz um eine gesetzliche Regelung der Organisationshaft zu bitten, scheiterte indes an den unionsgeführten Bundesländern; dazu Claudia Schilling: "Dass sich die B-Seite – also die Unions-geführten Länder - heute einer entsprechenden Aufforderung zur Schaffung gesetzlicher Regelungen verweigert haben, löst kein Problem. Man kann den Kopf nicht einfach in den Sand stecken, und nicht sehen wollen, dass sich aufgrund der fehlenden Regelungen immer wieder Gerichte mit dem Thema beschäftigen müssen und die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger damit belastet werden, in jedem Einzelfall eine Lösung zu erarbeiten", kritisiert die Justizsenatorin.

Online-Meldestelle für Hass und Hetze
Beleidigungen, Bedrohungen, Hass und Hetze im Netz sind längst kein Randphänomen mehr, sondern mittlerweile eine echte Bedrohung für das gesellschaftliche Klima, der mit allen rechtsstaatlichen Mitteln begegnet werden muss. "Für Betroffene aber auch Bürger, die in den sozialen Netzwerken oder wo auch immer "online" auf Volksverhetzung oder Hassbotschaften stoßen, muss es möglichst niederschwellig möglich sein, derartiges zu melden", betont Justizsenatorin Schilling. "Das Netz kennt keine Grenzen – und es kennt erst recht keine Grenzen von Bundesländern", so Schilling. Auf Initiative Hamburgs und Bremens hat sich die Justizministerkonferenz mit dem Thema befasst. Der Strafrechtsausschuss wird die unterschiedlichen Ansätze in den verschiedenen Ländern bewerten und Empfehlungen für eine niedrigschwellige, länderübergreifend erreichbare Plattform erarbeiten.

Justizministerinnen und -minister wollen Mietwucher effektiver bekämpfen
Angesichts der sich weiter verschärfenden Situation auf dem Wohnungsmarkt befürchten die Justizministerinnen und -minister, dass Mieterinnen und Mieter vermehrt Opfer von unangemessen hohen Mieten werden. Sie haben daher ihre Feststellung bekräftigt, dass die bestehende Regelung des Paragraphen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes keinen hinreichend effektiven Schutz vor einer unberechtigten Bereicherung an Wohnungssuchen bietet, weil die Voraussetzungen sich in der Praxis nur äußerst selten beweisen lassen. "Die geltenden Regelungen schützen daher schlicht nicht ausreichend vor Mietwucher", erklärt Justizsenatorin Schilling und ergänzt: "In einem gemeinsamen Beschluss haben die Justizministerinnen und -minister daher nun den Bundesminister der Justiz dazu aufgefordert, zeitnah eine praxistaugliche, effektive Regelung gegen überzogene Mietpreiserhöhungen zu schaffen, die unseriöse Vermieter hinreichend abschreckt."

Istanbul Konvention
Weitere Beschlüsse der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister betrafen erneut die Umsetzung der Istanbul Konvention zum Schutz von Mädchen und Frauen gegen Gewalttaten. "Unser bereits in den Vorjahren an das Bundesministerium der Justiz gerichtetes Anliegen, die psychosoziale Prozessbegleitung zu stärken, muss endlich Gehör finden", findet Justizsenatorin Schilling. Diesem Anliegen gaben die Justizministerinnen und Justizminister heute mit einer entsprechenden Aufforderung an den Bundesjustizminister noch einmal Nachdruck und forderten diesen zugleich dazu auf, die umfangreichen Ergebnisse einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe umzusetzen, die sich eingehend mit der Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen zur Umsetzung der Istanbul Konvention befasst hat.

Ansprechpartner für die Medien:
Matthias Koch, Pressesprecher bei der Senatorin für Justiz und Verfassung, Tel.: (0421) 361-14476, E-Mail: matthias.koch@justiz.bremen.de