05.02.2004
Senatorin Karin Röpke legt Zwischenbericht vor – Entwurf des Rahmenbildungsplans fertiggestellt
Als Konsequenz aus den Ergebnissen der PISA -Studie hat der Senat im November 2002 ein Programm mit einer Fülle von Maßnahmen zur frühkindlichen Bildung in Bremens Kindertageseinrichtungen beschlossen. In der Umsetzung konnten bis heute große Fortschritte erzielt werden. Das geht aus einem Zwischenbericht hervor, den Jugend- und Sozialsenatorin Karin Röpke jetzt vorlegte. Die Senatorin: „Beeindruckend sind die Anzahl und die Qualität der Projekte, die in Angriff genommen wurden und werden. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für das vorbildliche Engagement.“
Im Senats-Programm sind sechs Handlungsfelder festgeschrieben. So war es die Aufgabe
1. einen verbindlichen Rahmenplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich zu entwickeln. Der Entwurf dieses Planes, der für Bremen und Bremerhaven gelten soll, liegt jetzt vor. In ihm werden unter anderem Werte und Leitlinien benannt, die bei der pädagogischen Arbeit zu beachten sind, wie Wertschätzung jedes Kindes, demokratische Grundhaltungen, Toleranz, Offenheit und Solidarität. Anforderungen an die Bildungsarbeit werden definiert, Ziele und Aufgaben der Einrichtungen, die Voraussetzungen des Lernens im Elementarbereich, die zentralen Bildungsbereiche sowie die darauf aufbauende Arbeit der Fachkräfte werden beschrieben. Der Rahmenplan geht davon aus, dass sich Kinder die Welt aktiv und selbsttätig aneignen. Aufgabe des Fachpersonal ist es, diese Prozesse anzuregen, zu fördern und zu begleiten. Die Bildungsangebote sollen die Kinder zu tätigem und forschendem Lernen ermuntern. Im Einzelnen werden folgende Bildungsbereiche genannt und Anregungen für die Umsetzung gegeben:
Bewegung, Rhythmik und Musik,
Spiel und Phantasie,
sprachliche und nonverbale Kommunikation,
soziales Lernen, Kultur und Gesellschaft,
Bauen und künstlerisches Gestalten,
Natur, Umwelt und Technik.
Senatorin Karin Röpke: „Die Einrichtungen in Bremen und Bremerhaven erhalten damit eine verbindliche Grundlage und ausgezeichnete Orientierung für ihre Bildungs- und Erziehungsziele. Engagierte Bremer Fachleute haben diesen Plan erarbeitet und ich freue mich sehr darüber, dass sie ein Ergebnis vorgelegt haben, das eindeutig das Wohl und die Entwicklungschancen von Kindern in den Mittelpunkt stellt.“
Der Rahmenplan richtet sich in erster Linie an alle Fachkräfte und an die Träger der Kindertageseinrichtungen. Gleichzeitig soll er den Eltern Bildungsziele und Bildungsbereiche transparent machen. Er betont ausdrücklich, wie wichtig das Mitwirken der Eltern ist. Darüber hinaus wendet er sich an die Lehrkräfte des Primarbereichs (Grundschule) und an die Ausbildungsstätten für Erzieher/innen. An der Entwicklung des Planes waren Fach- und Leitungskräfte unterschiedlicher Träger aus Bremen und Bremerhaven sowie der beiden zuständigen Ämtern beteiligt, ebenso die Beratungsstelle für Tageseinrichtungen der Elternvereine, die Fachschule für Sozialpädagogik, die Gesamtelternvertretung, das Landesinstitut für Schule und die Universität Bremen.
2. Sprachförderung
Ab November 2002 wurden flächendeckend in der Stadt Bremen alle 5-Jährigen auf ihre Sprachfähigkeit hin getestet. 614 Kinder erhielten in der Folge eine zusätzliche Förderung in 104 Kleingruppen. Im Dezember 2003 begann der zweite Durchgang der Sprachstanderhebung, die Auswertung durch die Universität liegt voraussichtlich Anfang März 2004 vor. Für die Tests wurden insgesamt rund 200 Fachkräfte in den Kindertagesheimen qualifiziert. Die Erhebung und die Zusatzförderung werden auch in Zukunft jährlich stattfinden.
3. Unterstützungsprogramme für Familien
a) Hippy: Das Hippy-Programm (Home Instruction Program for Preschool Youngsters) wurde ausgeweitet, so dass 180 Familien (vorher 120) davon profitieren. Es richtet sich an Zuwanderer- Familien. Zuhause oder bei Gruppentreffen werden die Eltern (meist Mütter) angeleitet, täglich 15 Minuten vorgegebene Materialien mit ihren Kindern spielerisch durchzuarbeiten. Es wurde das Programm "Hippy 2" entwickelt mit dem Ziel einer stärkeren Anbindung an die Kindertagesheime und an die Grundschulen. In ersten Gruppen in Kindertagesstätten wurde unter der Beteiligung von rund 90 Familien bereits erfolgreich gearbeitet.
b) "Mama lernt Deutsch"- Kurse: circa 140 Mütter beteiligten sich an den Sprachkursen, die von sechs auf 10 Standorte an Schulen ausgeweitet wurden. Ziel dieser Kurse ist es, die Mütter durch das Erlernen der deutschen Sprache in die Lage zu versetzen, ihre Kinder bei der Eingliederung und beim Bildungsprozess in der Schule unterstützend begleiten zu können.
c) Opstapje: Mit diesem Programm für zwei- bis 4-jährige Kinder werden bei Hausbesuchen Eltern bei der Erziehung und Förderung ihrer Kinder unterstützt. 45 Familien kommt diese Hilfestellung bisher zugute, eine Ausweitung wird derzeit geprüft.
4. Übergang Kindertagesheim/Schule
In einem gemeinsamen Projekt der beiden Ressorts für Jugend und Soziales sowie Bildung wird die Verzahnung von Elementarbereich (Kindergarten) und Primarbereich (Schule) modellhaft entwickelt. Ziel des Vorhabens ist es, den Kindern den Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule zu erleichtern. Mehr als 60 Kindertagesheime und Grundschulen sind an dem Projekt beteiligt, 25 davon in einem sogenannten Kernprojekt, das von der Universität Bremen wissenschaftlich begleitet wird.
5. Qualifizierung/ Fortbildung
Neben den bereits genannten Qualifizierungen im Bereich Sprachförderung sowie im Projekt Übergang vom Kindertagesheim zur Schule wurden Qualifizierungsmaßnahmen zu weiteren Bildungsschwerpunkten konzipiert und durchgeführt . Sie fanden in Kooperation mit unterschiedlichen Trägern und Institutionen statt.
Dazu gehören:
a) Naturwissenschaftliches Qualifizierungsprojekt in Kooperation mit dem „Universum“
Mit diesem Modellprojekt sollen den Kindern naturwissenschaftliche Themen spielerisch nahe gebracht werden. Es ruht auf drei Säulen: Fortbildung für Erzieher/innen, Exkursionen ins Universum für Kinder, Eltern und Erzieher/innen und Hospitationen der Universum-„Scouts“, die in Kindertageseinrichtungen Experimente vorführen. Acht Kindertagesheime waren bislang daran beteiligt. Neben der schriftlichen Projektdokumentation wird ein Videofilm erstellt werden, der für interessierte Einrichtungen Anregungen für die Praxis enthält. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt finden Gespräche mit dem Kooperationspartner statt um zu klären, ob ein zweiter Projektdurchlauf stattfinden kann.
b) „Kinder entdecken die Welt der Schrift und Zeichen (KeSZ)“ – in Kooperation mit der Stadtbibliothek Bremen
Die PISA – Studie hat insbesondere den deutschen Schülerinnen und Schülern ein schlechtes Zeugnis hinsichtlich der Lesefähigkeit ausgestellt. Dabei sagt die Studie, dass diese Fähigkeit eine Schlüsselkompetenz zur Erreichung von Zielen, Finden von Lösungen, Erweiterung von Wissen und Teilhabe an der Gesellschaft ist und so früh wie möglich angeregt werden sollte.
Ziel des Projektes ist es nicht, Lesen und Schreiben zu vermitteln, sondern frühzeitig das Interesse an Schrift und Zeichen zu wecken und zu fördern. Die Einbeziehung von Eltern ist ein wichtiges Element dieses Projektes. Auch hier wird geprüft, ob ein zweites Projekt stattfinden kann.
c) „Sprich – damit wir sprechen“
Das Projekt wird in Kooperation mit der Universität Bremen von Studentinnen und Studenten durchgeführt und richtet sich ausdrücklich an Kindertageseinrichtungen in Osterholz–Tenever mit einem hohen Anteil von Zuwanderer-Kindern. Ziel des Projektes ist es, Kinder mit Migrationshintergrund durch eine von Gestik / Mimik unterstützte Erzählweise in ihrer Sprachentwicklung zu fördern
d) Aufbaulehrgang zur Erzieherin / zum Erzieher
Diese Qualifizierungsmaßnahme richtet sich vorrangig an Gruppenleiter/innen von Kindergruppen mit Kindern unter vier Jahren, die noch keine, dem Bremischen Kindertagesstättengesetz entsprechende sozialpädagogische Ausbildung haben. Die Qualifizierung erfolgt berufsbegleitend. Die Zielgruppe arbeitet in Kinderkrippen, altersgemischten Gruppen mit bis zu 4-jährigen Kindern, in Kleinkindgruppen der Elternvereine oder in sozialpädagogischen Spielkreisen.
Die Qualifizierung erstreckt sich über 29 Monate und schließt mit staatlicher Prüfung ab.
Kooperationspartner bei der Durchführung ist das Paritätische Bildungswerk, Landesverband Bremen e.V.
Neben der Fortsetzung des bereits laufenden Lehrgangs beginnt ein zweiter Lehrgang im Februar 2004. Der ab 2006 vorgesehene dritte Lehrgang wird im Zusammenhang mit der vorgesehenen Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zu planen sein.
6. Anhebung des Betreuungsniveaus von Kindern ausländischer Herkunft
Mit dem Ziel, Zuwanderer-Kinder möglichst früh in ihrer Sprachentwicklung zu fördern sowie Eltern langsam an die Institution Kindergarten heranzuführen, wurden an 11 Standorten (Kindertageseinrichtungen) Spielkreise mit bis zu 10 Kindern eingerichtet. Die Kinder kommen einmal in der Woche in das KTH und werden von einer Mitarbeiterin (ebenfalls mit Migrationshintergrund) betreut, die ihre Kenntnisse und Kompetenzen auch den Kolleginnen und Kollegen des KTH zur Verfügung (Übersetzungen, Hintergrundinformationen) stellt. Die Eltern der Kinder werden mit einbezogen.
Geplante Projekte:
„Räume bilden“
Ziel des Projektes ist es unter anderem, Beobachtungskriterien zu entwickeln um festzustellen, welche räumliche Angebotsstruktur am besten geeignet ist, um Bildungs- und Lernprozesse bei den Kindern anzuregen und zu unterstützen.
Praktisches Natur- und Umweltlernen
(In Kooperation mit dem Landesverband der Gartenfreunde e.V. / Flor Atrium)
Ziel des Projektes ist es, Natur- und Umweltlernen der Kinder durch praktische Naturerfahrungen zu unterstützen. Das „Flor Atrium“ wird einen Projekt- und Maßnahmenkatalog erarbeiten, der Angebote in den Kindergärten, Exkursionen in den Lehr- und Versuchsgarten des „Flor Atriums“ sowie die Zusammenarbeit mit Kleingärtnern vor Ort beinhaltet. Im Modellprojekt werden Gartenprojekte mit Kindern aus acht Kindertagesstätten durchgeführt, die sich mit Anbau, Biologie sowie Bedeutung für die Ernährung von verschiedenen Obst – und Gemüsesorten beschäftigen.
Entwicklungsdokumentation
Parallel zur Einführung des Rahmenplanes soll in Zusammenarbeit mit den Fachkräften der Träger der Kindertagesbetreuung und dem Senator für Bildung und Wissenschaft ein System erarbeitet werden, mit dem die individuelle Entwicklung des Kindes dokumentiert werden kann. Externe Fachleute sollen hinzugezogen werden.