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Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Geldnot des Jobcenters: Landesfrauenbeauftragte weist auf dramatische Auswirkungen für Frauen hin

04.07.2024

In der vergangenen Woche (27. Juni 2024) teilte das Jobcenter Bremen mit, dass es die für dieses Jahr zur Verfügung stehenden Mittel zur Eingliederung und Förderung von Arbeitssuchenden bereits jetzt verausgabt hat und neue Weiterbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen in 2024 nicht mehr finanzieren kann. Dies hat drastische Folgen für die Menschen, die auf diese Arbeitsgelegenheiten (AGH) angewiesen sind. Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm weist in diesem Zusammenhang auf die besondere Betroffenheit von Frauen – insbesondere Alleinerziehende und Frauen mit Flucht- und Migrationsbiografie – hin.

"Die Situation ist dramatisch: Es erreichen uns täglich Hilferufe von Trägern aus verschiedenen Stadtteilen, die ihre Maßnahmen nicht weiterführen können", erklärt Bettina Wilhelm. "Ich appelliere an die Verantwortlichen, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, um Fortführung von Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten sicherzustellen. Die Betroffenen, deren Maßnahmen wegfallen, aber auch die Menschen in den benachteiligten Stadtteilen, die von den Angeboten erheblich profitieren, dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden."

Insgesamt sollen laut Jobcenter nun 354 sogenannte Arbeitsgelegenheiten wegfallen, in vielen davon sind Frauen beschäftigt. Für die Frauen, die über AGH-Maßnahmen beispielsweise in Nähwerkstätten, in Nachbarschaftscafés und Gebrauchtkaufhäusern tätig sind und sich weiterqualifizieren, entfällt damit mehr als die Chance auf einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie verlieren auch ihre zentrale Anlaufstelle für soziale Teilhabe: einen Ort, an dem sie mit anderen Menschen in Kontakt kommen, an dem sie berufliche Anerkennung, Struktur, Sinn und gesellschaftliches Miteinander erfahren. Dasselbe gilt für die Menschen, die Cafés, Sozialläden und andere Angebote der Träger in den Stadtteilen nutzen: auch ihnen werden von jetzt auf gleich Möglichkeiten des Kontakts, des Miteinanders und der Teilhabe genommen. Bettina Wilhelm: "Es geht hier um Menschen, die besonders stark von sozialer Ungleichheit betroffen sind, um ihre Möglichkeit der Teilhabe, aber auch um Lebensqualität in den Quartieren, kurz: um das soziale Gefüge unserer Stadt! Hier müssen jetzt schnell Lösungen gefunden werden." Wilhelm verweist in dem Zusammenhang auch auf Bremens hohe Armutsquote und das schlechte Abschneiden bei der Chancengerechtigkeit im Ländervergleich. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung leben mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden in Bremen in Armut, so viele wie in keinem anderen Bundesland.

Frauen mit Migrations- und Fluchtgeschichte besonders vom Wegfall der Maßnahmen betroffen
Verschiedene Organisationen und Träger von Beschäftigungsmaßnahmen in Bremen – etwa das Mütterzentrum in Tenever oder die Initiative zur sozialen Rehabilitation e.V. – berichten der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF), dass von ihren Angeboten neben älteren und sozial belasteten Frauen, insbesondere jüngere Frauen mit Migrationshintergrund und Alleinerziehende profitierten. Diese Frauen verbesserten im Rahmen der AGHs ihre Sprachkenntnisse, sie erlebten sich als selbstwirksam in einer noch fremden Gesellschaft, und es eröffneten sich für sie neue Perspektiven für Weiterqualifizierung und die Aufnahme von Beschäftigung. Wilhelm: "Die jetzt von Kürzungen betroffenen Weiterbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen sind für diese Frauen ein wesentlicher Faktor für ihre Integration. Wie sollen sie hier ankommen können, wenn wichtige Türen wie gebahnte Wege in Erwerbsarbeit durch Spracherwerb und Qualifikation verschlossen bleiben?"

Langfristige finanzielle Ausstattung der Jobcenter nötig
Die Landesfrauenbeauftragte setzt darauf, dass es dem Jobcenter ermöglicht wird, die für dieses Jahr geplanten Maßnahmen doch noch zu finanzieren. Sie verweist jedoch darauf, dass es im kommenden Jahr zu massiven Einschnitten für alle Jobcenter kommen wird. Nach Medienberichten soll es im Bundeshaushalt zu erheblichen Kürzungen bei den Jobcentern von rund 1,6 Milliarden Euro kommen. Jedes fünfte der rund 400 Jobcenter in Deutschland habe demnach kein Budget für neue Arbeitsförderungsmaßnahmen, heißt es in einer Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit, des Deutschen Landkreistags und Deutschen Städtetags als Träger der Jobcenter. Nach einer Schätzung des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung (BIAJ) wird das Jobcenter Bremen im kommenden Jahr 27,2 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben, das sind 18,6 Prozent des diesjährigen Budgets – das aber seinerseits bereits um 14 Prozent gegenüber 2023 gekürzt wurde. Das Jobcenter Bremerhaven soll 17,6 Prozent weniger als in diesem Jahr bekommen, das entspricht 6,9 Millionen Euro. Die Kürzung betrifft sowohl die Eingliederungsleistungen als auch die Verwaltungskosten. Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm: "Angesichts der geplanten weiteren Kürzungen durch den Bund, fordere ich unsere Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, die Jobcenter finanziell so auszustatten, dass sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen können."

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der ZGF, Tel.: (0421) 361-6050,
E-Mail: presse@frauen.bremen.de