Sie sind hier:
  • Gleichstellung ist ein Gradmesser für Demokratie – Landesfrauenbeauftragte zu 70 Jahre Grundgesetz

Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Gleichstellung ist ein Gradmesser für Demokratie – Landesfrauenbeauftragte zu 70 Jahre Grundgesetz

22.05.2019

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt – dieser Satz wird 70 Jahre alt, und trotz seines hohen Alters ist er unverändert oberster Handlungsauftrag“, so Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes und seinem Gleichberechtigungsartikel 3 Absatz 2. „Der Satz ist zentral, denn Gleichstellung ist ein Gradmesser für Demokratie. Gerecht ist, wenn Männer und Frauen gleichermaßen am politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Davon aber sind wir weit entfernt.“ In den vergangenen 70 Jahren sei einiges erreicht worden, so die Landesfrauenbeauftragte weiter, „aber mit dem Erstarken der Rechtspopulisten werden auch längst überkommen geglaubte Geschlechterbilder wieder propagiert und das Bemühen um Geschlechtergerechtigkeit ganz ungeniert als Gender-Gaga verunglimpft. Das ist ein direkter Angriff auf die Demokratie, dem wir uns auch an dieser Stelle entgegenstellen müssen. Hierzu gehört ein deutliches Bekenntnis zu Gleichstellungszielen.“

Vor 100 Jahren haben sich Frauen das Wahlrecht erkämpft. „Jetzt ist es umso wichtiger, dass sie es ausüben“, so die Landesfrauenbeauftragte mit Blick auf den Wahlsonntag, „das Grundgesetz kann nur wirken, wenn es gelebt wird. Und gelebt wird es nur, wenn gewählt wird, wenn jede Person ihr Stimmrecht wahrnimmt und Demokratie so mitgestaltet!“

Menschenwürde, Teilhabe, Gerechtigkeit als Eckpfeiler der Demokratie
Stichwort Menschenwürde: Alle drei Tage stirbt eine Frau durch den Partner oder Ex-Partner. Betroffene häuslicher Gewalt sind zu über 82 Prozent Frauen. Wilhelm: „Die Menschenwürde und das Grundrecht auf Unversehrtheit werden hier missachtet, täglich viele tausend Mal. Häusliche Gewalt ist weltweit die größte Menschenrechtsverletzung. Frauen werden zu Opfern, weil sie Frauen sind. Das ist fatal für eine Demokratie.“

Sexismus erleben viele Frauen in ihrem Alltag, das haben #MeToo und davor die #Aufschrei-Debatte anschaulich verdeutlicht. „Sexismus ist pure Machtausübung qua Geschlecht und immer noch tief verwoben in unserer Gesellschaft. Das darf nicht bagatellisiert, sondern muss als das gesehen werden, was es ist: zutiefst undemokratisches Verhalten“, erklärt Bettina Wilhelm, „die Herabwürdigung nicht nur von Frauen, sondern aller Gruppen aufgrund Geschlecht, Hautfarbe oder Religion widerspricht den Grundsätzen von Demokratie.“

Exklusionsmechanismen wirken unverändert und verhindern Gerechtigkeit
Stichwort Teilhabe: Frauen verdienen 21 Prozent weniger als Männer, ihr Risiko der Altersarmut ist deutlich höher, Frauen sind weniger in Führungspositionen vertreten, und in den Parlamenten ist ihr Anteil in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen: Im Bundestag sind nur 31 Prozent der Abgeordneten Frauen, so wenige waren es zuletzt vor 20 Jahren. In der Bremischen Bürgerschaft sind 34 Prozent der Abgeordneten weiblich, in der vorangegangenen Legislaturperiode waren es noch 43 Prozent. „Demokratie heißt Teilhabe. Wenn aber eine Gruppe strukturell weniger teilhat, haben wir ein Demokratiedefizit. Und das ist von Wahl zu Wahl leider gewachsen“, erklärt die Landesfrauenbeauftragte. „Es ist höchste Zeit zu erkennen, dass Gleichstellung zum Kern von Demokratie gehört. Und dass es notwendig ist, offensiv dafür einzutreten – statt sie zu belächeln.“

Strukturen und Exklusionsmechanismen wirken unverändert und auch neu erstarkt und verhindern so echte Geschlechtergerechtigkeit. Bettina Wilhelm: „Gerechte, gleichberechtigte Zugänge für alle Geschlechter aber sind die Grundlage für ein gelingendes Miteinander auf Augenhöhe – für gelebte Demokratie. Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes formuliert den Anspruch und gibt klar die Richtung vor, den Müttern des Grundgesetzes sei Dank“, sagt Bettina Wilhelm abschließend. „Hier wünsche ich mir eine klare Haltung der politisch Verantwortlichen und Handlungsimpulse.“

Ansprechpartnerinnen für die Medien:
Susanne Gieffers und Astrid Labbert, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: +49 421 361-6050, E-Mail: presse@frauen.bremen.de