Christlicher Glaube und politisches Engagement gehören nach den Worten des Hamburger Erzbischofs Werner Thissen eng zusammen. „Menschen, die mit dem Evangelium Christi im Glauben verbunden sind, können unmöglich auf Abstand zur Politik gehen“, sagte Thissen am Montag, den 07. November, beim Willehad-Empfang des Katholischen Büros Bremen vor rund 170 geladenen Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirchen im Bremer Rathaus.
Politisch handle jeder Mensch, wenn er sich für das Gemeinwohl einsetzt, wenn ihm Gerechtigkeit und Frieden in der Welt am Herzen liegen und wenn er sich für das große Ganze des gesellschaftlichen Lebens interessiert. Menschen, die sich nicht für das Gemeinwohl einsetzen, handelten durch ihre Abstinenz ebenfalls politisch, so der 72-jährige Erzbischof von Hamburg. Christen seien keine „Gelegenheitspolitiker“, die sich nur gelegentlich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzten. Vielmehr engagierten sich Christen an vielen Orten politisch, in ihren Berufen, in Verbänden, Vereinen und Nichtregierungsorganisationen, in Kirchengemeinden und Kommunen auf der ganzen Welt.
Die Trennung von Staat und Kirche bezeichnete der Erzbischof als „richtig und notwendig“. Wirklichkeitsfremd sei es jedoch, wenn man politisches Handeln strikt vom persönlichen Glauben trennen wolle. „Die Abstimmung zur Präimplantationsdiagnostik im Sommer und die parlamentarischen Abstimmungen in der Eurodebatte haben sehr deutlich gemacht, dass sich persönliche Überzeugungen nicht vom eigenen Handeln trennen lassen“, sagte Thissen.
Der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken, Monsignore Georg Austen, begrüßte den Einsatz der katholischen Christen in Bremen für das Gemeinwesen der Stadt. Getreu dem Motto „Keiner soll alleine Glauben“ unterstütze das Bonifatiuswerk dieses Engagement. „Allein in den letzten zehn Jahren gab das Hilfswerk weit mehr als drei Millionen Euro weiter, beispielsweise für die Erweiterung der St. Johannis-Schule, für den Neubau, Umbau und die Sanierung von katholischen Kindertagesstätten oder den Bau des Birgittenklosters“, so Austen. Diese Solidarität der Katholiken untereinander komme damit auch dem Gemeinwesen in Bremen zugute. Zum Wohle der Menschen im Gemeinwesen der Stadt und im Sinne einer werteorientierten Gestaltung der Gesellschaft in Deutschland und in Europa sollten Kirche und Staat zusammenwirken.
Bürgermeister Jens Böhrnsen dankte der katholischen Kirche und den Katholiken in Bremen für ihr gesellschaftliches Engagement. Besondere Bedeutung hätten der interreligiöse und der interkulturelle Dialog sowie der Beitrag zur Integration. Er sei froh, dass in Bremen die Mehrheit der Bevölkerung eine religiöse Bindung habe. Christen müssten sich einmischen, sich äußern, politisch handeln und die Gesellschaft mitgestalten. Armut, Ausgrenzung und mangelnde Teilhabe seinen Herausforderungen, denen sich auch die Kirchen stellen müssten. Die Gesellschaft brauche einen Kompass, der die Menschen darauf ausrichte, was wirklich wichtig sei und über den materiellen Wohlstand hinausweise.
Der Leiter des Katholischen Büros Bremen, Propst Dr. Martin Schomaker, würdigte das ehrenamtliche Engagement vieler Katholiken in Bremen. Er forderte dazu auf, sich zum Wohle der Familien gemeinsam mit den Gewerkschaften für den Sonntagsschutz einzusetzen und eine Sonntagskultur zu pflegen. Das kirchliche Engagement in den Bereichen Kindertagesstätten, Integration und Palliativversorgung sowie die Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt hätten einen großen Stellenwert. Er warnte davor, angesichts der realpolitischen Herausforderungen in Europa, die friedensstiftende und friedenssichernde Wirkung der europäischen Integration aus dem Blick zu verlieren.
Musikalisch wurde der Willehad-Empfang von Dr. Oliver Rosteck und seiner Frau Anja Rosteck gestaltet, die ausschließlich Musikstücke mit Bremenbezug von Johann Hieronymus Grave, Adolph Freiherr Knigge und Elise Müller zu Gehör brachten.
Namensgeber für den Willehad-Empfang ist Bremens erster Bischof, der Heilige Willehad, der 789 auf einer Düne in Bremen eine kleine hölzerne Kirche bauen ließ, die Ursprünge des heutigen Bremer Doms.