17.06.2005
In einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) wurden Einkommenswerte der verschiedenen Regionen Europas miteinander verglichen. In einer dabei anhand des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte je Einwohner vorgenommenen Rangfolge der einzelnen Regionen nimmt Bremen die Spitzenstellung ein und erscheint somit als reichste Region Europas. Entsprechende Aussagen in Presseveröffentlichungen haben daher in der mit den Folgen der bestehenden Haushaltsnotlage kämpfenden Hansestadt zu Verwunderungen geführt.
Das Statistische Landesamt teilt hierzu mit:
Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte ist ein durchaus üblicher Indikator, um Aussagen über „Wohlstand“ oder „Reichtum“ einer Region zu treffen, da das verfügbare Einkommen – anders als z.B. das Arbeitnehmerentgelt und die übrigen (Brutto-)Einkommen aus wirtschaftlicher Tätigkeit – eine Größe ist, die das nach dem staatlichen Umverteilungsprozess den privaten Haushalten tatsächlich zu Ausgabezwecken (oder zur Vermögensbildung) zur Verfügung stehende Einkommen darstellt. Beim Vergleich unterschiedlicher Regionen miteinander ist allerdings Vorsicht geboten. So wurde bei der Interpretation der von Eurostat veröffentlichten Zahlen übersehen, dass unter Region hier „Regierungsbezirke“ bzw. entsprechende regionale Einheiten anderer EU-Mitgliedsstaaten verstanden wurden. Zur regionalen Ebene der Regierungsbezirke zählt in Deutschland zwar auch der Stadtstaat Bremen, in der Regel enthält diese regionale Gliederungsebene aber neben städtischen Zentren in erheblichem Umfang vor allem auch ländliche Gebiete. Da das Einkommensniveau im ländlichen Raum eher niedriger ist als in einem großstädtischen Wirtschaftszentrum, ist das durchschnittliche Einkommen in einem auch ländliche Gebiete enthaltenen Regierungsbezirk tendenziell niedriger als im Stadtstaat Bremen. Es kann daher nicht überraschen, dass Bremen bei einem auf Regierungsbezirksebene vorgenommenen Einkommensvergleich gut abschneidet.
Betrachtet man die Einkommenssituation in Deutschland und legt dem regionalen Vergleich Landkreise und kreisfreie Städte zugrunde, also eine deutlich kleinere regionale Einheit als die Regierungsbezirke, dann ergibt sich für Bremen folgendes Bild: Unter den insgesamt 473 Landkreisen und kreisfreien Städten des Bundesgebietes stand die Stadt Bremen 2002 mit 19 499 Euro verfügbaren Einkommens je Einwohner auf Rangplatz 27 und somit an erfreulich hoher Stelle. Die Bezeichnung „reichste Region“ kann Bremen damit aber keineswegs für sich in Anspruch nehmen. An erster Stelle unter den Kreisen des Bundesgebietes stand mit 26 706 Euro je Einwohner vielmehr der Landkreis Starnberg. Auch andere Regionen, wie beispielsweise der Landkreis München (21 458 Euro) und die Stadt München (21 251 Euro), die Städte Baden-Baden (21 043 Euro), Düsseldorf (19 939 Euro) und Stuttgart (19 667 Euro) weisen ein höheres Einkommensniveau aus als die Stadt Bremen. Beim Vergleich bremischer Daten mit denen anderer Regionen muss also stets beachtet werden, dass die sozio-ökonomische Struktur eines großstädtischen Zentrums nicht ohne weiteres mit eher ländlich geprägten Regionen verglichen werden darf; eine Ausnahme hiervon können Landkreise im Umfeld großer Städte bilden, die von gut verdienenden Erwerbstätigen als Wohnsitz gewählt wurden.
Für weitere Informationen steht zur Verfügung: Horst Lange,
Tel. 361 2142