Bremen setzt sich erfolgreich für besseren Schutz vor hochgefährlichen, psychisch gestörten Gewalt und Sexualstraftätern ein
22.06.2017Bei der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder in Deidesheim (21. und 22. Juni 2017) hat Bremen sich erfolgreich für eine nachträgliche Therapieunterbringung und damit für den besseren Schutz vor hochgefährlichen, psychisch gestörten Gewalt- und Sexualstraftätern eingesetzt.
In dem heute (Donnerstag) mit Zustimmung Bremens gefassten Beschluss fordern die Justizministerinnen und Justizminister der Länder die Bundesregierung auf, zügig einen Gesetzentwurf zur Regelung der nachträglichen Therapieunterbringung vorzulegen. „Bereits im November 2011 und dann noch einmal im Juni 2012 haben die Justizministerinnen und Justizminister der Länder Lücken beim Schutz der Allgemeinheit vor hochgefährlichen und psychisch gestörten Gewalt- und Sexualstraftätern, deren Gefährlichkeit erst nach dem Urteil erkennbar wird, festgestellt. Dass die Bundesregierung hier bis heute untätig geblieben ist, gibt Grund zur Besorgnis und ist im Ergebnis nicht hinnehmbar“, so Bremens Justizsenator Martin Günthner. Dies gelte umso mehr, als im Berliner Koalitionsvertrag zwischen den Parteien für die 18. Legislaturperiode explizit verabredet ist, die Möglichkeit der nachträglichen Therapieunterbringung für diese Gefangenenklientel zu schaffen.
Zum Hintergrund:
Im Anschluss an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts war eine Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung erforderlich geworden. Diese ist mit dem Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung zum 01.06.2013 in Kraft getreten. Entgegen der Forderung des Bundesrats fehlt es bislang an einer Regelung, die die nachträgliche Therapieunterbringung für psychisch gestörte, hochgefährliche Gewalt- bzw. Sexualstraftäter bei Anlasstaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ermöglicht. Nach geltendem Recht ist die Anordnung einer nachträglichen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nur noch in bestimmten Altfällen möglich – bei Erwachsenen für Taten bis 31.12.2010 und bei Jugendlichen und Heranwachsenden bei Taten bis 31.05.2013. Da die Erfahrung mit der Anwendung der nachträglichen Sicherungsverwahrung in der Praxis gezeigt hat, dass es Fälle gibt, in denen sich die besondere Gefährlichkeit des Täters erst nach seiner Verurteilung während des Strafvollzugs ergibt, besteht insoweit eine Schutzlücke. Wenn die besondere Gefährlichkeit des Täters bei der Verurteilung noch nicht erkennbar ist (und damit die Sicherungsverwahrung nicht vorbehalten werden kann) und die Tat nach dem 01.01.2011 beziehungsweise nach dem 01.06.2013 begangen wurde (und damit Sicherungsverwahrung nicht nachträglich angeordnet werden kann), muss der Täter trotz erkannter, erheblicher Gefährlichkeit nach Verbüßung der Haftstrafe in die Freiheit entlassen werden.
In ihrem Beschluss heute verweisen die Justizministerinnen und Justizminister der Länder darauf, dass der Bundesrat bereits im Mai 2012 eine entsprechende Neuregelung der §§ 65, 65a StGB gefordert hatte. Eine geeignete Grundlage für die zu treffende gesetzgeberische Entscheidung liegt damit vor.
„Zwar gibt es in der Praxis nur wenige Fälle, in denen sich die besondere Gefährlichkeit des Täters erst nach der Verurteilung während des Strafvollzuges zeigt. Mit Blick auf die ganz erhebliche Gefahr, die von diesen Tätern ausgeht, muss die bestehende Schutzlücke aber schnellstmöglich geschlossen werden“, so Martin Günthner. „Dass die Justizministerinnen und Justizminister der Länder nun zum wiederholten Mal auf den dringend notwendigen Schutz der Allgemeinheit hinweisen und zudem auf bereits bestehende Gesetzentwürfe vom Mai 2012 hinweisen müssen, ist äußerst unbefriedigend, zeigt aber, dass wir an dieser Stelle nicht nachlassen werden.“